Shōgun
Abenteuer | USA 2024 | (zehn Folgen) Minuten
Regie: Frederick E.O. Toye
Filmdaten
- Originaltitel
- SHŌGUN
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- DNA Films/FX Prod./Michael De Luca Prod.
- Regie
- Frederick E.O. Toye · Jonathan van Tulleken · Charlotte Brändström · Takeshi Fukunaga · Hiromi Kamata
- Buch
- Maegan Houang · Rachel Kondo · Justin Marks · Emily Yoshida · Shannon Goss
- Kamera
- Sam McCurdy · Marc Laliberté · Christopher Ross · Aril Wretblad
- Musik
- Nick Chuba · Atticus Ross · Leopold Ross
- Schnitt
- Maria Gonzales · Aika Miyake · Thomas A. Krueger
- Darsteller
- Hiroyuki Sanada (Yoshii Toranaga) · Cosmo Jarvis (John Blackthorne) · Anna Sawai (Lady Mariko) · Tadanobu Asano (Kashigi Yabushige) · Hiroto Kanai (Kashigi Omi)
- Länge
- (zehn Folgen) Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Abenteuer | Drama | Historienfilm | Serie
- Externe Links
- IMDb | JustWatch
Serien-Verfilmung des historischen Romans von James Clavell um einen britischen Seemann, den es um 1600 in ein von inneren Konflikten zerrissenes Japan verschlägt.
Das feudale Japan im Jahr 1600 ist zerstritten. Der einst starke Regent liegt im Sterben. Da sein Sohn noch zu jung für die Erbfolge ist, setzt er fünf mächtige Landesfürsten als Räte ein: die Daimyo. Sie sollen bis zur Volljährigkeit des Erben über den Inselstaat herrschen. Doch die fünf Räte, darunter der erfahrene Daimyo Toranaga (Hiroyuki Sanada), haben unterschiedliche Pläne für die Zukunft des Landes. Als der englische Seemann John Blackthorne (Cosmo Jarvis) mit seinem Handelsschiff vor der japanischen Küste Schiffbruch erleidet, gerät das fragile Machtgefüge ins Wanken.
Authentizität sei der besondere Anspruch im Schöpfungsprozess der Verfilmung von „Shogun“ gewesen, betonte Produzent und Hauptdarsteller Hiroyuki Sanada. Das scheint eine gewagte Aussage angesichts einer fiktionalen Romanvorlage, die den Schriftsteller James Clavell 1976 in den Bestsellerlisten ganz nach oben katapultierte. Für sein Historienepos bediente sich Clavell der Lebensgeschichte des englischen Seefahrers Williams Adams, der sich durch seine Weltkenntnisse die Gunst des Shoguns Tokugawa Ieyasu und später einen ehrenvollen Samurai-Status verdiente. Doch wie schon Clavell geht es den Machern von „Shogun“ nicht um das akkurate Umsetzen historische Figuren oder das genaue Nachzeichnen von Schlachten. Vielmehr tauchen sie in eine Umbruchsphase der japanischen Geschichte ein und entwerfen ein Panorama der Lebensumstände in einer kriegerischen Zeit, in der weder Bauern noch Mächtige wussten, welche Ordnung auf den zerbrechenden Feudalstaat folgen wird.
Culture Clash mit weitem Blick
Die Figur des Daimyo Toranaga ist dem sogenannten „Reichseiniger“ Tokugawa Ieyasu nachempfunden, der durch seinen Sieg in der Schlacht von Sekigahara den Beginn seines eigenen Shogunats über ganz Japan einläutete und das Land für 250 Jahre einte. Der Weg dorthin war aber von Intrigen, Kriegstreiberei und Korruption geprägt. Die zehnteilige Serie greift dieses korrumpierte Machtgefüge auf. Die Serienschöpfer Rachel Kondo und Justin Marks projizieren das intrigante Historiendrama auf ein vernebeltes Shogi-Spielbrett. Daimyo Toranagas Spielstein ist von seinen Gegnern Schach gesetzt worden, da er bei den Ratsmitgliedern sowie dem japanischen Kaiser in Ungnade fiel. Angesichts des baldigen Todes des Regenten sieht Toranaga der Auslöschung seines Hauses durch die machthungrigen Landesfürsten entgegen; befeuert durch manipulative Einflüsterungen portugiesischer Missionare. Der Ausgang dieses Spiels scheint gewiss, bis mit dem Seemann John Blackthorne ein unerwarteter Spielstein auf dem Brett landet. Mit dem „Barbaren aus dem Westen“ gewinnt der angezählte Daimyo Toranaga einen zunächst unscheinbar wirkenden Verbündeten, der sich auf seinem Weg zum höchsten Amt des Kriegeradels aber als spielentscheidend erweist.
„Shogun“ fesselt mit seiner visuellen Opulenz. Mit großer Lust folgt man den Kameraflügen durch die akkurat gezogenen Straßen von Kyoto, über die wehrhaften Schutzwälle der Burg Osaka oder in das schmutzige Erdloch, in das Blackthorne nach seiner Rettung geworfen wird. Die noble Formalität in Architektur, Inneneinrichtung oder Mode in den Herrscherpalästen wird mit dem Schmutz der einfachen Fischerdörfer und der Gesellschaft kontrastiert. Die wahre Verderbtheit lauert indes hinter den feinen Shojipapier-Fassaden, in den Verkrustungen einer stolzen, aber immens exklusiven Gesellschaft.
Die Ankunft der englischen Seemänner bestrafen die Soldaten mit Hieben und Spucke; kaum ein Satz über Blackthorne und seine Männer kommt ohne den Begriff „Barbaren“ aus. Im Gegenzug mokieren sich Blackthorne und andere „Gaijin“ über die rüpelhaften, unkultivierten Japaner. In der Welt von „Shogun“ treffen zwei Kulturen aufeinander, die durch die Schifffahrt erstmals miteinander in Berührung kommen. Neben Händlern fanden so auch christliche Missionare den Weg Japan, um durch die Einfuhr von Religion und Feuerwaffen Einfluss auf die shintoistischen Landesfürsten zu nehmen.
Hoher Unterhaltungswert ohne Glorifizierung
Bei diesem Zusammenstoß der Kulturen scheint die gegenseitige Aversion durch sprachliche wie soziale Gräben zunächst unüberwindbar, insbesondere angesichts unterschiedlicher Sensibilitäten und Moralvorstellungen auf beiden Seiten. So verstößt Blackthorne bei der Übersetzerin Toda Mariko (Anna Sawai) gegen ein hygienisches Tabu, als er süffisant offenbart, dass ihm zwei Bäder in der Woche ausreichen. Das Verhältnis der zahlreichen Figuren zueinander bleibt meist in der Schwebe. Niemand will sich und seinen nächsten Zug im Spiel um die Herrschaft offenbaren. Jede Allianz, die geschmiedet, und jedes Band, das geknüpft wird, will wohlüberlegt sein – zu fatal sind die Folgen für das eigene Leben, wenn eine Kalkulation sich als falsch erweist.
Hiroyuki Sanada schafft es mit seiner Darstellung gekonnt, zwischen routinierter Erhabenheit und schmallippiger Herzlichkeit zu changieren. Magnetisierend wirkt der rüpelhaft-polternder Charme von Cosmo Jarvis, der mit robuster Körperlichkeit und wohldosiertem Humor sowohl als Vertrauter des Fürsten als auch als Marikos Liebhaber überzeugt. Die komplexe Geschichte bietet jederzeit ein hohes Maß an Zugänglichkeit, sodass selbst die verzweigten Stammbäume und Abhängigkeitsverhältnisse keine Hindernisse darstellen, zumal es die Autoren vermeiden, zu viele Nebenhandlungen zu eröffnen, wodurch ein umso intensiveres emotionales Verhältnis zu den Hauptfiguren entsteht. Die Serie behält durchweg eine düster-epische Tonalität bei und weiß immer wieder mit neuen Schauwerten zu begeistern.
Ein großer erzählerischer Sog
Der dramaturgische Dreiklang aus intrigantem Machtkampf zwischen den Fürsten, der Korrumpierung durch die Kirche und dem unbändigen Überlebenswillen des englischen Seemanns Blackthorne entfesselt einen erzählerischen Sog, der an „Game of Thrones“ erinnert. Zumal auch „Shogun“ nicht davor zurückscheut, sein Shogi-Spiel der Mächtigen ebenfalls mit elektrisierenden Kämpfen, Gewalt und Sex spektakulär auszuschmücken, ohne darüber die inhaltlichen Fäden aus der Hand zu verlieren. So gehen die Macher mit dem notwendigen Respekt an die historische Bedeutung der Samurai heran, ohne diese um des plumpen Coolness-Faktors wegen zu glorifizieren. Thematisch passend klingt auch der Stellenwert des Seppuku an, des rituellen Selbstmords, oder die gesellschaftliche Abhängigkeit der Krieger von ihren Herren, an denen sich schon Akira Kurosawa oder Kenji Mizoguchi abgearbeitet haben. Dem Anspruch, in Geschichte einzutauchen und zugleich bestens zu unterhalten, wird die Serie so vollauf gerecht.