Literaturverfilmung | USA 2022 | 106 Minuten

Regie: Joseph Kosinski

In einer nahen Zukunft können Gefangene ihre Haftstrafe verkürzen, wenn sie sich in einem abgeschiedenen Bunker zu Forschungszwecken zur Verfügung stellen. Ein Insasse, dessen Gefühle gezielt mit Drogen manipuliert werden, erfährt dabei nach einem tödlichen Unfall, was die wahren Beweggründe des Leiters sind. Dystopisches Drama mit nicht immer überzeugenden satirischen Zügen, in dem die unethischen Experimente gezielt von einer heimelig-kumpelhaften Atmosphäre verschleiert werden. Das hinlänglich bekannte Science-Fiction-Motiv echter und falscher Gefühle setzt der Film dank dichter, kammerspielartiger Inszenierung und intensiv agierender Schauspieler spannend um. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
SPIDERHEAD
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
Conde Nast/Grand Electric/Reese Wernick/Screen Arcade/The New Yorker
Regie
Joseph Kosinski
Buch
Rhett Reese · Paul Wernick
Kamera
Claudio Miranda
Musik
Joseph Trapanese
Schnitt
Stephen Mirrione
Darsteller
Chris Hemsworth (Abnesti) · Miles Teller (Jeff) · Jurnee Smollett (Lizzy) · Mark Paguio (Verlaine) · Charles Parnell (Knowles)
Länge
106 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Literaturverfilmung | Science-Fiction | Thriller
Externe Links
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Science-Fiction-Thriller nach der Kurzgeschichte „Flucht aus dem Spinnenkopf“ von George Saunders: Ein Wissenschaftler testet an Strafgefangenen futuristische bewusstseinsverändernde Drogen.

Diskussion

Ergriffen und glückselig steht Jeff (Miles Teller) vor grauen, rauchenden Fabriktürmen. Unheimlich schön sei der Anblick, beteuert er mit glasigen Augen. Dass sein Gefühl nicht zur Situation passt, ist in „Der Spinnenkopf“ entscheidend. Denn Gefängnisinsasse Jeff hat in einer nicht näher definierten Zukunft die Möglichkeit, seine Haftstrafe als Versuchskaninchen zu verkürzen. In einem abgeschiedenen Betonbunker werden ihm unter Aufsicht des immer etwas zu gut gelaunten Steve (Chris Hemsworth) Drogen verabreicht, die seine Gefühle manipulieren. Dazu wird ein auf dem Rücken befestigter Behälter mit verschiedenfarbigen Ampullen gefüllt, die Steve ihm mit einer kreisenden Bewegung auf seinem smartphoneähnlichen Display jederzeit injizieren kann.

Experimentiert wird zunächst mit Liebe und Zuneigung. Während Steve im Kontrollraum hinter einer Glasscheibe wacht, sitzen sich Jeff und eine Mitinsassin verlegen gegenüber. Eine kleine Fingerbewegung später fallen die beiden gierig übereinander her, was Steve kichernd beobachtet, wie ein kleiner Junge, der gerade ein neues Spielzeug entdeckt hat.

Schreckensbild einer modernen Unternehmenskultur

Chris Hemsworth verkörpert einen charismatischen, aber aalglatten Typen, der zu eleganten Softrock-Nummern von Supertramp und Roxy Music durch sein Reich gleitet und sich vor dem Einschlafen selbst eine ordentliche Dosis sexueller Ekstase verpasst. Sein Lächeln passt oft nicht zu seinen in Watte gepackten Drohungen. Tatsächlich verkörpert er das Schreckensbild einer modernen Unternehmenskultur, die ihre Ausbeutung hinter vermeintlich flachen Hierarchien und kumpelhafter Atmosphäre verbirgt. Weil die Gefangenen ihren Vorgesetzten mit Vornamen anreden und sich die Zeit in kaffeebraunen Lounges vertreiben, dauert es eine Weile, bis man begreift, dass diese unethischen Experimente auf nicht weniger abzielen als die totale Kontrolle über den Menschen.

Mit Filmen wie „Oblivion“, „No Way Out – Gegen die Flammen“ und aktuell „Top Gun: Maverick“ zählt Joseph Kosinski zu den großen Hoffnungen des US-Mainstreamkinos. Häufig vereinen seine Filme schicke Bildwelten, souveränes Genrehandwerk und einen präzisen Blick für gebrochene Männerfiguren. Die für Konsinski charakteristische Melancholie der Filme wird in „Der Spinnenkopf“ allerdings immer wieder durch das satirisch gefärbte Drehbuch von Rhett Reese und Paul Wernick, dem Duo hinter „Deadpool“ und „Zombieland“, gestört. Zumindest teilweise passt das auch gut zum Film. Etwa wenn die Sexszenen im Labor zunächst fast slapstickartig inszeniert werden und sich der Film damit, ähnlich wie sein grinsender Bösewicht, absichtlich im falschen Licht präsentiert.

Spannung durch das intensive Spiel

Als Kontrast zum synthetischen Gefühl gibt es zunächst nur ein Echo aus der Vergangenheit. Verwischte Erinnerungen enthüllen mit der Zeit Jeffs tragische Vorgeschichte. Eine leidenschaftliche Liebe und ein schwerer Verlust spielen darin eine wichtige Rolle. Auch in der Gegenwart wird der gebrochene Protagonist dank seiner Kollegin Lizzy (Jurnee Smollett) mit natürlichen, unkontrollierbaren Gefühlen konfrontiert. Die Stimmung verdunkelt sich schließlich, als eine Droge namens Darkenfloxx zum Einsatz kommt, bei der die Versuchskaninchen unerträglichen Ängsten und Schmerzen ausgesetzt sind. Bei einem daraus resultierenden tödlichen Unfall erfährt Jeff etwas über Steves wahre Hintergründe.

Doch auch nach diesem Twist wird „Der Spinnenkopf“ nicht zum herkömmlichen Thriller, sondern bleibt kammerspielartig und überwiegend in den Versuchsräumen angesiedelt. Klassische Action gibt es nur wenig und die Außenwelt bleibt, abgesehen von ein paar Luftaufnahmen der paradiesischen Insellandschaft, abstrakt. Die Spannung entsteht vor allem durch das intensive Spiel der beiden Hauptdarsteller. Und auch wenn sich die dystopische Kurzgeschichte von George Saunders, auf der der Film basiert, mit ihrem totalitären Setting und dem Konflikt zwischen echten und falschen Emotionen vorwiegend am Standardrepertoire sozialkritischer Science-Fiction bedient, bleibt die Geschichte über Kontrollzwang und unzähmbare Gefühle weitgehend fesselnd. Für Kosinskis Verhältnisse ist die Netflix-Produktion zwar eher eine Fingerübung, aber immerhin eine über weite Strecken ziemlich souveräne.

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