Beaverfield ist eigentlich ein friedliches Provinznest. Eingebettet zwischen verschneiten Bergen und immergrünen Nadelwäldern, genießen die wenigen Dorfbewohner ihre geografische Abgeschiedenheit in vollen Zügen. Als der Revierförster Finn Wheeler (Sam Richardson) seinen neuen Arbeitsplatz erreicht, wird er zunächst von allen aufs Herzlichste begrüßt. Als jedoch ein Hund brutal massakriert wird, stößt der schüchterne Förster auf eine blutige Mordserie. Gemeinsam mit der lebenslustigen Postbotin Cecily (Milana Vayntrub) muss Finn nun der Frage nachgehen: Wer ist der Mörder?
Whodunit mit übernatürlichem Mörder
Mit „Werewolves Within“ adaptiert Regisseur Josh Ruben ein Gesellschaftsspiel, das in klassischen Varianten wie „Mafia“ oder „Die Werwölfe von Düsterwald“, aber auch der neuzeitlichen VR-Version Jung wie Alt bis heute spannende Spieleabende beschert. Der Film orientiert sich hier am spieltypischen „Whodunit“-Konzept, also der Suche nach einem gesichtslosen Mörder in einer Reihe scheinbar Unschuldiger. Die Charaktere aus Beaverfield entspringen bekannten Krimi-Stereotypen, von der herzensguten Pensionsbetreiberin über das aufdringliche Hundebesitzer-Pärchen bis hin zum schießwütigen Einsiedler mit Bärenfellmantel. Aus der Perspektive des Neuankömmlings Finn lernen wir schnell alle Dorfbewohner und ihre Schrullen kennen, um schnellstmöglich in das Ratespiel miteinsteigen zu können.
Der Film liefert jedoch keinen lupenreinen Kriminalplot, sondern bringt durch die namensgebenden Lykranthropen auch durchaus schaurige Atmosphäre mit ins Spiel. Die Bedrohung scheint allgegenwärtig und unvorhersehbar, wann der übernatürliche Mörder wieder zuschlägt. Zumal sich die Bewohner zunehmend gegenseitig verdächtigen, wirkt die Stimmung stets angespannt. Auch der Subplot um eine umstrittene Gaspipeline mitten durch das Dorf legt die bereits verhärteten Fronten hinter der freundlichen Provinzfassade frei. Hierdurch bekommt plötzlich jeder der Beteiligten ein Tatmotiv, was dem Mörderspiel ständig frisches Rätselmaterial liefert. Auch an blutigen Kämpfen oder Mordszenen, inklusive abgetrennter Gliedmaßen oder übler Bisswunden wird nicht gespart. Handfeste Effekte und CGI halten sich angenehm die Waage, was sich auch positiv auf die Erscheinung der mordenden Kreatur im Stile von Genrevertretern wie „Ginger Snaps“ auswirkt.
Horrorkomödie mit Schwächen
In erster Linie ist „Werewolves Within“ jedoch eine Horrorkomödie, wobei Josh Ruben der Genrespagat nicht immer gelingt. Am unterhaltsamsten sind die Gespräche und ausgelebten Eigenheiten der illustren Dorfgemeinde, so etwa die schrille Hundebesitzerin Trisha, die dem frisch angekommenen Ranger unter großem Brimborium erstmal einen selbstgebastelten Schutzengelseifenspender überreicht. Solche Einzelkonfrontationen streuen erfrischenden Witz in die Geschichte ein, was in den besten Momenten an Edgar Wrights Buddy-Komödie „Hot Fuzz“ erinnert. Im späteren Verlauf kommt es jedoch zu immer mehr Rudelszenen, die durch das Kalauergewitter mitunter wirr und zu forciert wirken.
Sam Richardson als zugezogener Ranger verbringt die erste Filmstunde damit, sowohl die aufgebrachten Einwohner als auch sein eigenes schreckhaftes Gemüt zu beruhigen. Denn trotz seiner stattlichen Körperstatur kämpft der Förster immer wieder mit immensen Selbstzweifeln, befeuert durch einschüchternde Anrufe seiner Ex-Freundin, die er mit resignativer Routine über sich ergehen lässt. Über seine Vorgeschichte erfahren wir zwar wenig, jedoch scheint Finn massive Probleme mit seinem männlichen Selbstbewusstsein zu haben. So lernt man ihn während der Autofahrt nach Beaverfield kennen, bei der er aufmerksam einer weiblich eingesprochenen Therapiekassette lauscht und im nächsten Moment auf Kommando lautstark „EIER!“ herausbrüllt. Aber auch in Gegenwart der aufgeschlossenen und quirligen Postbotin Cecily verheddert sich der stämmige Mann in der grünen Uniform immer wieder in seinen eigenen Wortketten. Richardson bildet den Kern eines durchweg sympathischen, weil herrlich überdrehten Figurenensembles. Geheime Heldin bleibt jedoch Milana Vayntrub, die mit ihrer unscheinbaren und goldigen Art kein Wässerchen zu trüben vermag, nur um letztlich ihrer wahren Natur freien Lauf zu lassen.
„Werewolves Within“ lässt jedoch im letzten Filmdrittel merklich nach, wenn das anfangs schaurig-spannende Setting in unnötigen Actionsequenzen zu versanden droht. Auch wirkt der finale Showdown etwas überhastet, obwohl der enttarnte Werwolf hier eine gute Figur abliefert. Und einen Werwolfkampf, der mit „The Sign“ von Ace of Base eingeleitet wird, sieht man definitiv auch nicht alle Tage.