Science-Fiction | USA 2019 | Minuten

Regie: Deborah Chow

Ein Serien-Spin-off aus dem "Star Wars"-Universum. Fünf Jahre nach dem Untergang des Imperiums verdient der „Mandalorianer“ seinen Unterhalt als Kopfgeldjäger. Von einem dubiosen Auftraggeber mit imperialen Wurzeln wird er auf ein Geschöpf angesetzt, das sich als Kind derselben Spezies herausstellt, der der legendäre Jedi-Meister Yoda angehörte. Der Kopfgeldjäger beschließt das Kind zu schützen, wird damit aber selbst zum Gejagten. Staffel 1 verfolgt die gemeinsame Flucht der beiden, die sie von Planet zu Planet führt und auf der sie neue Freunde und Feinde finden, als abenteuerliche Space Opera voller erstaunlicher Kreaturen; in Staffel 2 versucht der Mandalorianer, einen Jedi zu finden, der das Kind aufnehmen und ausbilden kann, und entwickelt immer mehr väterliche Gefühle. In Staffel 3 ist das Vater-Ziehsohn-Duo nach einer Phase der Trennung neu vereint und erlebt neue Abenteuer, wobei nun nicht zuletzt das Volk der Mandalorianer und deren einst vom Imperium zerstörte Welt in den Fokus treten. Die Serie besinnt sich auf die naiv-märchenhaften und selbstironischen Wurzeln des Stoffes und entfaltet einfallsreich und leicht nostalgisch spannende Abenteuer-Unterhaltung. Neben Elementen des Weltraum-Abenteuers werden dabei auch Western und Gangsterfilme mit großer Könnerschaft zitiert. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THE MANDALORIAN
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
Lucasfilm/Walt Disney Studios
Regie
Deborah Chow · Rick Famuyiwa · Dave Filoni · Bryce Dallas Howard · Taika Waititi
Buch
Jon Favreau · George Lucas · Rick Famuyiwa · Dave Filoni · Christopher L. Yost
Kamera
Barry Baz Idoine · Greig Fraser · Paul Hughen · David Klein · Matthew Jensen
Musik
Ludwig Göransson
Schnitt
Jeff Seibenick · Andrew S. Eisen · Dana E. Glauberman · Adam Gerstel · Dylan Firshein
Darsteller
Pedro Pascal (Mandalorianer) · Carl Weathers (Greef Carga) · Werner Herzog (Auftraggeber) · Omid Abtahi (Dr. Pershing) · Giancarlo Esposito (Moff Gideon)
Länge
Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Science-Fiction | Serie

Heimkino

Verleih Blu-ray
Disney
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Serien-Spin-off aus dem "Star Wars"-Universum, in dem ein Kopfgeldjäger ein Kind aus der Spezies des legendären Jedi-Meisters Yoda entführen soll, sich seiner aber annimmt und darüber selbst zum Gejagten wird. In der Folge gerät das Vater-Ziehsohn-Duo immer wieder in neue Weltraumabenteuer.

Diskussion

Staffel 1

Bereits 2010 plante „Star Wars“-Schöpfer George Lucas eine Serie, die „Star-Wars: Underworld“ heißen sollte. In den Neben- und Unterwelten der Weltraum-Sage um das grausam-diktatorische „Imperium“ von Darth Vader & Co. ist nun auch die Serie „The Mandalorian“ von Jon Favreau zu verorten. In der fiktiven Zeitrechnung von „Star Wars“ schlägt sich der Titelheld (Pedro Pascal) fünf Jahre nach dem Untergang des Imperiums in Die Rückkehr der Jedi-Ritter als hochdekorierter Kopfgeldjäger innerhalb einer wie ein Samurai-Orden geordneten „Gilde“ mit kleinen oder größeren Jobs auf abgelegenen Planeten durchs Leben.

Natürlich gibt es wiedererkennbare Figuren, Details und Landschaften des „Star Wars“-Universums: die gnadenlosen Diebesbanden plappernder Jawas und die mit ihren Comedy-Nummern an die „Drei Stooges“ erinnernden, feinmechanisch gebildeten Kleinstreparaturroboter. Unzählige Sturmtruppler, deren weiße Helme nach dem finalen Showdown nutzlos herumliegen. Ein schießwütiger Kampfläufer, dessen sich die Plünderer auf einem dünn besiedelten Planeten bedienen. Die weiten Wüstenlandschaften des Planeten Tatooine, die man nur mit einem pfeilschnellen Schwebebike durchqueren kann.

Eine recht- und gesetzlose Unterwelt

Doch nicht in den Haupt- und Staatsaktionen des Rebellenaufstandes gegen die Gewaltherrschaft des „Imperiums“ oder in der vorübergehenden Ruhe der „Neuen Republik“ spielen sich die Ereignisse der Serie ab, sondern in einer recht- und gesetzlosen „Unterwelt“, in der dem Mandalorianer nichts anderes bleibt als der Rückgriff auf den Kodex seiner Bruderschaft. Zu dem gehört beispielsweise auch, dass er seinen Helm niemals abnehmen darf, was vor allem die ihm Wohlgesonnenen stets irritiert. Schließlich ist er doch einer der „Guten“!

Gleich in der ersten Episode ist er mit dem „Kind“ konfrontiert, einer Teddybär-großen Ausgabe des giftgrünen Jedi-Meisters Yoda. Ob es sich tatsächlich um ein „Kind“ oder gar um einen „Klon“ einer der wichtigsten, aber auch rätselhaftesten „Star Wars“-Figur handelt, wird in der ersten Staffel von „The Mandalorian“ nicht geklärt. Doch muss dem Kind etwas Besonderes anhängen, da der ominöse „Auftraggeber“ eine Riesensumme für dessen Beschaffung investiert. Diese kuriose, irgendwie verloren wirkende Figur, die „die Ordnung wiederherstellen will nach Zeiten des Aufruhrs“, ein wurzelloser Agent des im Niedergang chaotisierten Imperiums, wird erkennbar lustvoll von dem deutschen Autorenfilmer Werner Herzog gespielt, der in Mainstreamfilmen wie etwa Jack Reacher immer mal wieder den Bösewicht zelebriert hat.

Leider verschwindet die Figur in Folge 7 etwas zu „explosiv“ vom Schauplatz des Geschehens, um für den viel skrupelloseren Bösewicht Moff Gideon (Giancarlo Esposito) Platz zu machen, der zwar zunächst besiegt wird, aber wohl auch in der zweiten Staffel sein Unwesen treibt.

Der Mandalorianer ist von diversen interessanten und zwielichtigen „Sidekicks“ umgeben. Er ist ein „gebrochener Held“, was urplötzlich eingestreute Rückblenden aus einer Kindheit dokumentieren. Heimlicher Star der Serie aber ist „Baby-Yoda“, der zunächst nur in einer Art Wiege hinterherschwebt, dann aber in ein paar entscheidenden Szenen mit seinen magischen Kräften (der Macht?) weiterhilft. Ähnliche ironische Retterpotenziale entwickelt der Kampfdruide IG-11, dem im Original Taika Waititi seine Stimme leiht. Immer wieder kündigt IG-11 seine baldige Selbstzerstörung an, die nach einem Gang durch heiße Lava noch eine wichtige Rolle spielt.

Rückgriffe auf Western und Gangsterfilme

So sehr sich die einzelnen Geschichten der Serie mit Raumschlachten und bizarren Wesen auf ebensolchen Planeten im Universum der Space-Opera bewegen, so greift sie doch auch auf Western-Konventionen und Gangsterfilme zurück. Zunächst muss der Mandalorianer einen Blurrg reiten lernen, der zunächst wie ein Wildpferd im klassischen Wild-West-Film bockt, bevor er sich auf seine Abenteuerreise begeben kann. Im Gefängnisraumschiff helfen auch nur Gunfighter-Tricks weiter, während die anderen Kopfgeldjäger direkt aus einem Gangsterfilm entsprungen sein könnten und das automatische Einlassauge in der Wand auch Zutritt zu einer verborgenen Speakeasy-Alkoholkneipe bieten könnte.

Eine ganze Folge ist so exakt dem klassischen Western Die glorreichen Sieben von John Sturges beziehungsweise  Die sieben Samurai von Aki Kurosawa nachinszeniert, dass der Wiedererkennungswert die selbstironische Grundstimmung à la Guardians of the Galaxy deutlich durchschimmern lässt. Die Geschichte von den historischen Schlachten der Jedi-Ritter ist nur noch eine unglaubwürdige Sage unter vielen, und der persönliche Flugapparat des Mandalorianers weit effektiver als sein schrottiges Außenseiterraumschiff, das auch Han Solo fliegen könnte.

Irgendwie ist „The Mandalorian“ eine Rückbesinnung auf die naiven und auch selbstironischen Wurzeln von George Lucas’ Weltraumepos, dem die weltanschauliche Überhöhung, die mittlerweile eingetreten ist, nur schaden kann. Am Ende jeder Folge wird deren Geschichte noch einmal in großflächigen Comic-Tableaus nacherzählt und damit auf ihren wahren Kern zurückgeführt: Die nostalgisch-groben Zeichnungen machen stets Lust auf noch größere Vereinfachung und vielleicht auch einmal auf einen Kinofilm, in dem „Klein-Yoda“ einmal nicht die Welt rettet, sondern von einem geläuterten dunklen Helden selbst gerettet wird. Wohin dann? Es gibt keinen Weg, der nicht irgendwann nach Hause führt. Josef Schnelle

 

Zum Finale von Staffel 3

Zugegeben, es dauert eine Weile, bis sich der eigentliche Plot der dritten Staffel von „The Mandalorian“ herauskristallisiert, jener Serie, die die Fans nach dem enttäuschenden neunten „Star Wars“-Kinofilm wieder mit dem Franchise versöhnte, weil sie so viel richtig machte. Ein Held mit Ecken und Kanten, das unfassbar niedliche Kleinkind aus dem Volk von Yoda – und so viel Space-Opera-Flair, wie sich halbwegs elegant in eine Folge pressen ließ. Mit diesem Erfolgsrezept punktete Jon Favreau, seit mehr als zehn Jahren einer von Disneys Lieblingskreativen und Cash-Cows, auch im ewigen Sternenkrieg. Denn der Autor und Showrunner siedelte seine Serie zwischen den Film-Teilen sechs und sieben an, für Fans die momentan vielleicht spannendste Ära, in der die junge Neue Republik nach dem Sturz des Imperiums versucht, auf die Füße zu kommen. Und er ließ viele Episoden auf eher staubigen Welten mit Wüsten und Canyons spielen und hatte so im Handumdrehen eine Art Science-Fiction-Western etabliert. Dazu packte die Serie auch dank des trotz Maske charismatischen einsamen Helden (Pedro Pascal).

Die Prämisse der Serie – die Abenteuer eines kriegerischen Helden, der ein Kleinkind bei sich hat – war dabei nicht neu: Bereits in den 1970ern erfreute sich die Manga-Serie „Lone Wolf and the Cub“ großer Beliebtheit, auch wenn diese bis heute im Westen eher den Status als Geheimtipp behalten hat. Und Favreau seine Version der Idee deutlich harmloser und massenkompatibler umsetzt als die japanische Fassung.

Große Saga in Staffel 3

Die kleinen, abgeschlossenen Geschichten um Vater und Sohn, die „The Mandalorian“ in Staffel 1 und 2 präsentiert, waren es dann auch, die die Fans verzückten. Endlich keine episch-gewichtigen Gut-gegen-Böse-Schemata mehr, dafür haufenweise Schlitzohren, Schurken und allerlei andere leicht windschiefe Charaktere, viel Humor und abenteuerliche Rundreisen in bekannten und unbekannten Welten. In Staffel 3 bleiben diese Qualitäten durchaus erhalten; allerdings findet die Serie hier nun auch einen neuen Fokus. Nachdem es am Ende der zweiten Staffel zu einem großen Abschied zwischen dem Mandalorian und seinem Ziehsohn Grogu gekommen war, um den Kleinen zur Jedi-Lehre bei Luke Skywalker höchstselbst zu schicken, stellte Favreau mit einigen an „The Mandalorian“ andockenden Folgen in der Serie „The Book of Boba Fett“ die Weichen für die dritte Staffel neu. Vater und Sohn sind nun wieder vereint, ihre Beziehung und Grogus Schicksal ist aber kein zentrales Thema mehr; stattdessen lässt Favreau diesmal ein größeres Szenario aufziehen – er stellt die verlorene Heimat der Mandalorianer ins Zentrum des Geschehens. Und taucht damit tief in eine „Star Wars“-Saga ein, die bislang höchstens in der animierten „Clone Wars“-Serie eine Rolle spielte und in Romanen und Comics vorkam.

Dieses Eindringen in tiefe Schichten des mittlerweile riesigen Universums gefällt sicher nicht jedem, aber als Unterbau einer langsam erwachsener werdenden „Star Wars“-Welt ist die Geschichte des Kriegervolkes, das vom Imperium aufs Übelste verraten wurde, sehr passend. Und verleiht der Staffel einen emotionalen Anker, der die bisher im Zentrum stehende Beziehung zwischen Din Djarin und Grogu langsam ablöst. Zudem glückt Favreau ein Kunststück, das vor einigen Jahren auch die „Sherlock“-Macher hinlegten: Eine Staffel mit einem Finale zu beenden, das in sich rund wirkt, aber von dem aus man auch jederzeit den erzählerischen Faden neu aufnehmen kann. Klug gemacht, denn eine vierte Staffel hat Disney bislang nicht bestellt. Es würde allerdings auch niemanden wirklich überraschen, wenn der Konzern weitere acht Folgen Favreaus durchwinkt.

Disney-Werte dringen aus allen Poren

Denn auch in dieser höchst seltsamen Patchwork-Familie stehen die Werte, für die Disney seit nunmehr 100 Jahren bekannt ist, im Vordergrund: Loyalität, Zusammenhalt, Moral. Damit erfüllt Favreau, der für Disney mit „Iron Man“ (2008) das MCU etablierte und mit „König der Löwen“ und dem „Dschungelbuch“ mehrfach Milliarden in die Kassen spülte und dabei noch familienfreundliche Unterhaltung vom Feinsten ablieferte, sein Soll. Die dritte Staffel von „The Mandalorian“ ist deshalb so gut, weil sie vor cleveren Ideen nur so wimmelt. So sorgt etwa Grogu nach wie vor für den Niedlichkeits-Faktor der Serie, ist aber zugleich über den „Baby Yoda“-Status merklich hinausgewachsen und greift immer mal wieder in die Handlung ein – bis hin zu einer Episode, in der er seinem Ziehvater das Leben rettet.

Neben alten Bekannten wie der kauzigen Mechanikerin Peli Motto (Amy Sedaris), Greef Karga (Carl Weathers) und der Mandalorianerin Bo Katan Kryze (Katee Sackhoff), die diesmal zu einer dritten Hauptfigur wird, begegnet man neuen, faszinierenden Figuren. So fährt Favreau etwa für eine einzige, herrlich schräge Folge die Stars Jack Black, Grammy-Gewinnerin Lizzo und Schauspieler-Legende Christopher Lloyd auf, um davon zu erzählen, was aus den Überbleibseln des Imperiums, nicht zuletzt den Kampfdroiden, in den neuen politischen Rahmenverhältnissen wird. Und wenn in fast jeder Folge neue Kreaturen auftauchen, die ebenso herrlich absurd aussehen, wie sie in das Universum passen, dann feiert der Geist, der einst Jabba the Hutt, Banthas, Wampas und Co. hervorbrachte, fröhliche Urstände und holt neben den alten auch die jüngeren Fans ab, die jetzt nachwachsen.

Aber der cleverste Schachzug ist es zweifelsfrei, einen bekennenden Fanboy wie Favreau mit einem ähnlichen eingefleischten Fan in Form von „Star Wars“-Animations-Chef Dave Filoni zusammenzubringen, um die Serie zu drehen. Hier sind sowohl Kenner des Filmemachens als auch Experten des „Star Wars“-Universums am Werk – und das merken die Zuschauer in jeder einzelnen Szene. So ist das Finale der Staffel sowohl eine Verbeugung vor vielen epischen Momenten der Filme als auch eine Weitererzählung begonnener Storylines. Und kommt dabei einem „Star Wars“-Kinoabenteuer in Sachen Ausstattung und Spezialeffekte sehr nahe. Und wenn man sich ansieht, wie Disney mit erfolgreichen Kreativen im eigenen Stall umgeht – Regisseur und Autor James Mangold darf nach „Indiana Jones 5“ nun einen „Star Wars“-Film inszenieren, ebenso wie Filoni – dann sollte auch für Jon Favreau bei genug frischen Ideen die Tür zu einer weiteren Staffel von „The Mandalorian“ weit offenstehen. Die Fans werden es lieben – und bei der momentanen Qualität gibt es auch keinen Grund, der dagegenspräche. Der Mandalorianer und Grogu könnten noch eine Menge Abenteuer erleben, bevor es langweilig wird. Markus Fiedler

 

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