Living Buddha - Die wahre Geschichte

Dokumentarfilm | Deutschland 1993 | 137 Minuten

Regie: Clemens Kuby

Dokumentarfilm über die Suche tibetanischer Mönche nach der 17. Wiedergeburt des "Karmapa", den sie 1992 als siebenjährigen Nomandenjungen im tibetanischen Hochland entdecken. In ruhigen, genau beobachtenden Bildern versucht der Film, mit einem der geheimnisvollsten Themen der Menschheit, der Reinkarnation, vertraut zu machen. Selbst ohne Zweifel, übersieht er dabei auch geflissentlich sich aufdrängende religionspolitische Fragen. Trotz einiger gestalterischer Unebenheiten ein diskussionswürdiges "Zeitzeugnis" von der Suche des Menschen nach Sinn und Erfüllung. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1993
Produktionsfirma
Kuby Film TV/WDR
Regie
Clemens Kuby
Buch
Clemens Kuby
Kamera
Klaus Moderegger · Hartwig Rohrmann · Alok Upadhaya · Shashi Anand · Sameer Sabnis
Musik
Ulrich Bassenge · Palden Tawo
Schnitt
Liane Theuerkauf · Clemens Kuby
Länge
137 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Nachdem Bertolucci in "Little Buddha" (fd 30 649) den Zuschauer auf sinnfällige Weise und nicht ohne missionarische Absichten mit dem "Wiedergeburtsglauben" des tibetanischen Buddhismus vertraut gemacht hat, erzählt nun Kubys Dokumentarfilm "die wahre Geschichte": Buddha hatte in seinen Schriften vorausgesagt, daß 1600 Jahre nach seinem Tod ein Mann mit großen spirituellen Fähigkeiten geboren werden wird. Diesen "Mann des erleuchteten Tuns" wird man "Karmapa" nennen, und er wird 21 mal wiedergeboren werden. Und jedesmal wird er kurz vor seinem Tod den Ort und den Zeitpunkt seiner Reinkarnation beschreiben. Der 16. "Karmapa", der 1959 vor den chinesischen Invasoren aus Tibet fliehen mußte, hinterließ bei seinem Tod 1981 einem seiner Hauptschüler ein Amulett, in dem, verschlüsselt, die Daten seiner Wiedergeburt verborgen waren. Aber erst 1991 entdeckt der die Botschart und macht sich mit zwei weiteren Mönchen auf die Suche nach "Karmapa". Der vierte Hauptschüler allerdings beteiligt sich nicht an der Expedition, weil er die Echtheit der Nachricht bezweifelt. In einem Nomadenzelt in einem unwirtlichen Tal Tibets finden sie schließlich 1992 den siebenjährigen Urgyen Thinley Dorje, der dort 1985 unter "merkwürdigen" Begleitumständen geboren worden war: trotz klarem, trockenem Himmel umgab ein Regenbogen das Zelt, sang der König der Vögel, der Kuckuck, auf einer Zeltstange, und im Tal erklang wie aus dem Nichts Musik. Der "Karmapa" wird ins größte Heiligtum Tibets, den Jokhang-Tempel in Lhasa, gebracht und dort der traditionellen Haarschneide-Zeremonie unterzogen, ehe er einen Monat später in seinem in der Nähe liegenden Stammkloster Tsurphu inthronisiert wird. Alles unter den Augen und mit Billigung der chinesischen Regierung, die damit erstmals "offiziell" den Buddhismus anerkennt.

Clemens Kuby, der sich schon in "Das alte Ladakh" (fd 25 757) und "Tibet - Widerstand des Geistes" mit dem religiösen, politischen und sozialen Leben des tibetanischen Volkes auseinandergesetzt hat, versucht nun, den Zuschauer eines der geheimnisvollsten Themen der Menschheit miterleben zu lassen. Über einen Zeitraum von sieben Jahren hat er immer wieder im Himalaya gedreht, 43 Stunden Film-Material belichtet unter extremsten Bedingungen, die das Team in unwirtlichen Gegenden, die zuvor noch kein Europäer bereist hatte, auch schon mal in Lebensgefahr brachten. Wohl deshalb wurde auch mit der handlicheren 16mm-Kamera gedreht und das Material für die Kinoauswertung jetzt auf 35mm aufgeblasen. Die so entstandene "Körnigkeit" der Bilder verstärkt zwar ihren dokumentarischen Charakter, läßt aber die Schönheit der Landschaft oft nur "verschwommen" zur Geltung kommen. Zum Glück verschont Kuby den Betrachter mit einem geschwätzigbelehrenden Kommentar, erklärt nur das Nötigste und läßt die Bilder sprechen. In die hat er sich allerdings so verliebt, daß er dem Zuschauer allzu viele Wiederholungen zumutet: 15 Minuten weniger Laufzeit täten dem Film gut. Vor allem die unsägliche Nachsynchronisation des kleinen "Karmapa" und ein auf "ethnische Popmusik" getrimmter Soundtrack stören immer wieder die ruhige Stimmung des Films. Und manche Szenen - z. B. die mit dem "Lego" oder einem ferngesteuerten Auto spielenden "Erleuchteten" - stehen bezugslos neben all den prunkvollen Inthronisations-Riten, obwohl sich doch gerade hier die Frage nach der Psyche des "Karmapa" aufdrängt, den man aus seiner Kindheit herausgerissen hat. Oft vermeint man, in seinen Augen, dem Mienenspiel, Unverständnis, wenn nicht gar Teilnahmslosigkeit gegenüber dem Treiben um ihn herum zu entdecken. Aber Kuby ist so fasziniert von der "Wahrheit" der Reinkarnation, daß er hier selbst wie ein staunendes Kind reagiert. Und auch die Rolle der chinesischen Obrigkeit, die nach langer brutaler Unterdrückung des tibetanischen Volkes offensichtlich nicht aus Uneigennutz zur "Einsicht" kommt, wird nicht kritisch beleuchtet: immerhin halten sich hartnäckig Gerüchte, daß Peking diesen "Karmapa" lanciert hat, um ihn als Gegenkandidaten zu seinem Erzfeind, dem Dalai Lama, aufzubauen. Die tibetanischen Buddhisten sind jedenfalls schon gespalten: die Karma-Kagyü-Buddhisten setzten im März dieses Jahres in New Dehli den elfjährigen Tibeter Tenzin Khyentse Dorje als den "wahren Karmapa" ein. Hatte der zweifelnde Schüler des 16. "Karmapa" doch recht? Jedenfalls hat man jetzt zwei "Living Buddhas", und Clemens Kuby ist noch eine Antwort schuldig.
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