Politthriller | USA 2018 | 109 Minuten

Regie: Brad Anderson

Ein US-Diplomat erlebt in den 1970er-Jahren in Beirut noch die Zeit mit, in der die libanesische Hauptstadt eine florierende, kosmopolitische Metropole war – bis der libanesische Bürgerkrieg (1975-1990) beginnt. Zehn Jahre später kehrt er im Auftrag der CIA nach Beirut zurück, um bei den Verhandlungen um eine Geisel-Übergabe als Unterhändler zu fungieren. Der Politthriller fängt die historischen Zusammenhänge und Entwicklungen als spannungsreiches Zeitbild ein, zieht sich gegen Ende allerdings in simple Action-Fahrwasser zurück, die der Komplexität des Themas nicht ganz gerecht werden. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
BEIRUT
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Radar Pictures/ShivHans Pictures
Regie
Brad Anderson
Buch
Tony Gilroy
Kamera
Björn Charpentier
Musik
John Debney
Schnitt
Andrew Hafitz
Darsteller
Jon Hamm (Mason Skiles) · Rosamund Pike (Sandy Crowder) · Mark Pellegrino (Cal) · Dean Norris (Donald Gaines) · Shea Whigham (Gary Ruzak)
Länge
109 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Politthriller
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Diskussion
„Wie sich die Bilder gleichen ...“: Obwohl das historisch informierte Drama „Beirut“ in seiner Exposition im Jahr 1975, zu Beginn des Libanesischen Bürgerkriegs, und im weiteren Verlauf der Handlung 1982 spielt, tragen die in ihm verhandelten Konflikte und Lösungsstrategien starken Verweischarakter auf die heutige Situation im Nahen Osten, zum Teil weil damalige Unversöhnlichkeiten und Frontlinien bis heute fortbestehen. Die Spieler am diplomatischen Kartentisch sind schon damals die nämlichen: die palästinensische Unabhängigkeitsbewegung, gemäßigte arabische und christliche Kräfte, die stark involvierte Regionalmacht Israel und – last but not least – die USA mit ihrer Botschaftsfestung und dem operativen Eingreifteam von Navy Seals vor Ort. „Beirut“, geschrieben von Tony Gilroy (dem Autor der „Bourne“-Reihe und von Thrillern wie „Michael Clayton“ und „State of Play“) und inszeniert von Brad Anderson ist wohl am treffendsten mit „History Fiction“ umschrieben, da eine fiktive, wenn auch plausible Story vor historisch gut dokumentiertem Hintergrund sich entwickelt. Mason Skiles (Jon Hamm) ist ein junger, gut aussehender, äußerst charmanter und für sich und seine Sache einnehmender US-Diplomat im Beirut des Jahres 1975. Man trifft ihn zum ersten Mal auf einer Botschaftsparty, auf der es westlich-ungezwungener kaum zugehen könnte, seine Frau Nadia im Arm, in Gedanken aber bei seiner mutmaßlichen Geliebten Alice und beschäftigt damit, allen seinen Gästen auf jeweils sehr überzeugende Art genau das zu sagen, was sie gerade hören wollen. Skiles ist ein Verkaufstalent im Geschäft politischer Meinungen oder Wahrheiten und ein begnadeter Geschichtenerzähler, wenn seine Pointen auch manches Mal an den Autoverkäufer denken lassen, der den amerikanischen Traum mit Chrompolitur auf Hochglanz bringt. Dann fallen Schüsse, und die Party in Beirut ist vorerst zu Ende: 1975 begann in dem Land ein Bürgerkrieg, der bis 1990 andauerte. 1982 ist Skiles ein nicht mehr ganz junger, desillusionierter Mediator und Streikschlichter für mittelständische Unternehmen im Raum Boston mit einem offensichtlichen Alkoholproblem. Die große Politik ist seine Sache nicht mehr. Nach einem besonders schlechten Tag im Job kontaktiert ihn im Auftrag höchster Regierungskreise ein Mann mit einem Angebot, das er letztlich nicht ablehnen kann: Mit dem nächsten Flugzeug soll er nach Beirut aufbrechen, um dort als Unterhändler bei einer riskanten Geiselnahme ein Meisterstück seiner Vermittlungskunst darzubieten. Erst nach und nach enthüllt sich ihm, dass die Sicherheit vieler westlicher Agenten und das Leben seines Kollegen und Freundes Cal (Mark Pellegrino) auf dem Spiel steht. Zunächst muss er sich allerdings mit den Mitspielern in den eigenen Reihen an einen Tisch setzen, die sich durchaus nicht in die Karten schauen lassen. Sieben Jahre können eine Ewigkeit sein. Dem Film gelingt es, u.a. dank Tony Gilroys Buch und der Ausstattung von Arad Sawat (der u.a. auch das Production Design zu Samuel Maoz’ „Foxtrot“ gemacht hat) überzeugend, den Wandel der Stimmung und der Lebensweisen in einer belagerten Stadt glaubwürdig und handlungsrelevant darzustellen: Pepsi, Pop und Panzer am Strand vor der Kulisse der schartig geschossenen Hotelfassaden. Doch auch der Stil an der amerikanischen Botschaft hat sich entscheidend gewandelt: keine Cocktailparty-Diplomatie mehr, stattdessen herrscht ein resignierter Zynismus vor in der Einschätzung der Kontrahenten, immer im Schutz der militärischen Eingreiftruppe. Das „Blame Game“, die gegenseitige Schuldzuweisung, als Spiel für die ganze Völker-Familie. Besonders versiert darin: Donald Gaines (Dean Norris) – Achtung, sprechender Name! –, der starke Mann an der US-Vertretung. Schnell wird klar, dass einzig die CIA-Agentin Sandy Crowder (Rosamund Pike) Masons taktische Herangehensweise versteht und unterstützt. Allerdings erst im letzten Drittel der sich beschleunigenden Entwicklungen ist ihr gestattet, dem irreführenden Image des weiblichen Assistenten („I’m just a skirt“) zu entwachsen und handlungsentscheidend ins Geschehen einzugreifen. Hier wirkt es jedoch so, als habe sich der Film nicht recht entscheiden können, ob er in erster Linie eine starke historische Botschaft senden oder vor allem ein regelrechter Action- und Suspensefilm sein will. Das ist schade und ein wenig misslich für so talentierte Darsteller wie Pike und Norris, denen man zu diesem Thema sicherlich noch Sehenswerteres hätte entlocken können. Im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit hingegen: Jon Hamm, der seine Sache gut macht, wenn auch vielleicht nicht überragend, hinlänglich überzeugend in seiner Wandlung vom Sonnyboy zum gereiften Unterhändler. Die gefährliche Nähe seiner Rolle zu einigen Wesenszügen seines Paradeauftritts als Don Draper in der Serie „Mad Men“ agiert der Star nicht unnötig aus. Die finale Lösung und die rasche Schürzung der weiteren losen Enden der Handlung hinterlassen angesichts der fatalen Fortentwicklung des realen Nahostkonflikts einen etwas faden Nachgeschmack; darüber können viel Schulterklopfen und etliche Witzeleien zum Schluss nicht hinwegtäuschen. Oder, bildlich gesprochen: Der Film wirkt insgesamt wie ein elegantes impressionistisches Stimmungsbild, dem nur das unverdiente Unglück widerfährt, in eine Monstrosität von Rahmen gespannt zu werden, der es mit seinem Übermaß an verwirrenden Details schlicht erschlägt.
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