Isabelle, eine erfolgreiche Künstlerin um die 50, spürt eines Tages, gewissermaßen im Bett mit einem wenig charmanten, aber sehr selbstbewussten Geliebten, dass es mehr geben muss als Sex und Affären. Sie begibt sich auf die Suche nach einer bedingungslosen Liebe ohne Versteckspiel, Ängste und Kompromisse, aber ohne klares Wissen über eine solche bedingungslose Liebe, die sie bislang nur als Negation oder Kritik ihrer bisherigen Erfahrungen kennt.
Ausgangspunkt des Films von Regisseurin Claire Denis und ihrer Drehbuch-Co-Autorin Christine Angot war die Absicht einer filmischen Adaptation von Roland Barthes’ Studie „Fragmente einer Sprache der Liebe“. Zwar wurde dieser Plan irgendwann fallengelassen, aber trotzdem steckt „Meine schöne innere Sonne“ voller Spuren und Hinweise auf Barthes und Niklas Luhmanns Überlegungen zum Liebesdiskurs („Liebe als Passion“): „Muss ich ihm also nicht gerade deshalb, weil ich ihn liebe, verbergen, wie sehr ich ihn liebe? Ich sehe den Anderen aus doppelter Perspektive: bald als Objekt, bald als Subjekt; ich schwanke zwischen Tyrannei und Opferhandlung.“
Was Barthes hier als „Beziehungsfalle“ charakterisiert, beschreibt Luhmann als Erwartungserwartung in der Kommunikation der Liebenden. Man muss lernen, die Antwort des Gegenübers zu antizipieren, bevor man das Wort an ihn richtet. Das ist das Ausgangsmaterial des Films. In modellhafter Verdichtung trifft Isabelle auf unterschiedliche Männer, die ihre Biografien, Ansprüche und Selbstentwürfe mitbringen. Es gilt zwei Biografien mittleren Alters in der Ausformulierung ihrer Hoffnungen und Ängste miteinander zu synchronisieren, was nicht nur kompliziert, sondern durchaus auch sehr komisch ist.
Der verheiratete Bankier Vincent, mit dem Isabelle zu Beginn eine Affäre hat, ist ein materialistisches Ekel von ausgesprochener Offenheit. Aber gerade sein abstoßendes Wesen verschafft Isabelle sexuell Befriedigung. Was man von dem äußerst sensiblen Schauspieler, in den sie sich verliebt hat, nicht gerade sagen kann, weil sein Hadern eine gemeinsame Nacht zu einem irrwitzigen kommunikativen Hindernislauf hat werden lassen: „Was wir hätten haben können, haben wir jetzt schon hinter uns und verspielt.“
Eine weitere Option wäre der Ex-Ehemann und Vater ihres gemeinsamen Kindes. Hier wäre Vertrautheit und Routine zu haben, aber auch die Geschichte eines Scheiterns mit implementiert. Isabelle versucht verzweifelt, ihr Milieu zu verlassen und verliebt sich in Sylvain. Doch hier wird deutlich, dass der Liebe auch ein soziales Moment innewohnt, denn Isabelle wird von Einflüsterungen ihrer Umgebung verunsichert und flüchtet schließlich zurück zum ausgesprochen ruhigen und souveränen Galeristen Marc, der seinerseits aber noch nicht für eine neue Beziehung bereit ist.
Am Ende wendet sich Isabelle ratlos und verzweifelt an einen Wahrsager, der ihr zu größtmöglicher Offenheit rät, um die schöne, innere Sonne zu finden. Dummerweise hat man als Zuschauer aber vorher schon gesehen, dass der Wahrsager selbst ein Opfer zurückgewiesener Liebe wurde, was seine souverän verrätselten Ratschläge relativiert.
„Meine schöne innere Sonne“ ist brillantes Diskurs-Kino, eine große Verbeugung vor den Möglichkeiten und den Grenzen der Sprache im Umgang mit Gefühlen und ihrer Wahrhaftigkeit. Mit einem Ensemble großartiger Schauspieler, angefangen mit der umwerfenden Juliette Binoche als vielschichtiger Isabelle, aber auch mit vertrauten Gesichtern wie Alex Descas, gelingt Claire Denis eine ambitionierte Choreografie vor, nach, aber zumeist jenseits utopisch bleibender Intimität.