Wer sich in der jüngeren Filmgeschichte auskennt, konnte Vermutungen anstellen, was dabei herauskommen müsste, wenn sich Regisseur John Lee Hancock der Erfolgsstory der Brüder McDonald und ihrer Erfindung des McDonalds-Hamburgers annimmt. Hancock hat vorher Filme wie „Die Entscheidung – Eine wahre Geschichte“
(fd 36 227), „Blind Side“
(fd 39 779) und „Saving Mr. Banks“
(fd 42 222) gedreht, lauter amerikanische Erfolgsstorys, Bebilderungen des „amerikanischen Traums“.
Nicht darauf vorbereitet konnte man sein, dass Hancock diesmal einen Schritt weiter gehen und auch die Kehrseite US-amerikanischer Geschäftstüchtigkeit satirisch aufs Korn nehmen würde. Damit liegt er zum Amtsantritt von Donald Trump genau richtig, obwohl der Film lange vorher schon in Planung war. Harvey Weinstein, der clevere Verleiher von „The Founder“, hat wieder einmal eine Nase dafür gehabt, den Film genau zum passenden Zeitpunkt zu starten. Er hat die US-Premiere viermal verschoben und dadurch wohl sogar seine „Oscar“-Chancen aufgegeben. Aber Weinstein spielt gerne Roulette mit seinen Filmen – und hat einmal mehr aufs richtige Feld gesetzt. Man kann gar nicht anders als Parallelen zu ziehen. Ob zu Trump oder zu den glorifizierten Silicon-Valley-Kapitalisten ist jedem selbst überlassen.
Schon der Titel „The Founder“ ist ein sarkastischer Querschlag. Held der Geschichte ist nämlich nicht das Geschwisterpaar McDonald, sondern ein kleiner ehrgeiziger Handlungsreisender, der vergeblich einen „revolutionären“ Milch-Mixer an den Mann zu bringen versucht. Als dieser Ray Kroc, gespielt von Michael Keaton, eines Tages im damals noch ländlichen San Bernardino auf die Brüder McDonald stößt, ändert sich sein Leben von einem Augenblick auf den anderen. Deren verblüffende Erfindung, 15-Cent-Hamburger innerhalb von 30 Sekunden zu grillen, mit Zutaten zu versehen und handlich verpackt auszuliefern, schlägt wie ein Blitz in Krocs hellwaches Gehirn ein und lässt ihn nicht mehr los, bis der kleine Vertreter zum Herrn eines weltumspannenden Fast-Food-Imperiums geworden ist.
Schritt für Schritt schleicht sich Kroc ins Vertrauen der geschäftlich naiven Hamburger-Genies und ins Privatleben faszinierter Investoren ein. Kroc kauft die McDonald-Erfindung nicht bloß als das, was sie auf den ersten Blick ist, nämlich ein simples Sandwich, sondern als eine Philosophie, der bald die ganze USA und dann die ganze Welt verfällt. Die goldenen Rundbogen der McDonald's-Restaurants macht er zu Wahrzeichen der Größe Amerikas und das von ihm gegründete Franchise-Unternehmen zum Tempel der Esskultur des kleinen Mannes. Dabei pfeift Kroc auf Ehrlichkeit und gute Sitten. Der Ehrgeiz, in seinem zufällig gefundenen Geschäft der Reichste und Mächtigste zu werden, sitzt ihm im Nacken. Er manipuliert die McDonald-Brüder, die bald nicht mehr wissen, wie ihnen geschieht, aus ihrem Eigentum, während Kroc zum Millionär wird.
Ein Stoff wie für einen Frank-Capra-Film. Nur dass es hier keinen guten Menschen vom Schlage James Stewarts gibt, sondern einen moralisch schillernden Helden, der eher Orson Welles fasziniert hätte. Michael Keaton zieht alle Register seiner Kunst und trägt den Film eigenhändig bis zu seinem ernüchternden Ende.
Hancocks inszenatorische Fähigkeiten hingegen halten sich in Grenzen, was dem Film besonders zu Anfang schadet. „The Founder“ kommt nur langsam auf Touren und entwickelt seinen satirischen Biss gleichsam im Zeitlupentempo. Doch die Story, die sich allen Anschein gibt, der Wahrheit zu entsprechen, entpuppt sich als so fesselnd, der Blick auf das Kleinstadt-Amerika der 1950er-Jahre als so enthüllend und Keatons doppelbödige Hauptfigur so unverkennbar als Symbol egomaner US-amerikanischer Großmannssucht, dass man dem Film seine dramaturgische Biederkeit gern verzeiht.