Dokumentarfilm | Deutschland 2017 | 85 Minuten

Regie: Dagmar Wagner

Dokumentarische Porträts von sechs hochbetagten Frauen und zwei Männern, die alle älter als 100 Jahre sind. Sie erinnern sich an ihre Jugend, erzählen aus ihrem Alltag oder reflektieren über den Tod und das Leben. Der Film verzettelt sich in zu vielen Themen und mäandert bisweilen recht willkürlich zwischen den Figuren, die eher fremd bleiben, sodass man ihren Witz und ihre Weisheit eher erahnen als erleben kann. Nur punktuell entstehen Momente von Tiefe und Erkenntnis, die über eine rein persönliche Dimension hinausweisen. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Picshotfilm
Regie
Dagmar Wagner
Buch
Dagmar Wagner
Kamera
Thomas Beckmann
Schnitt
Frank Schönfelder
Länge
85 Minuten
Kinostart
06.04.2017
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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IMDb

Doku über sechs hochbetagte Frauen und zwei Männner, die alle über 100 Jahre alt sind

Diskussion
Sterben würde Anna Pöller lieber heute als morgen. Nur vor dem Akt des Sterbens hat die 103-Jährige ein bisschen Angst: „Ich weiß ja nicht, wie’s geht!“ Erna Rödling dagegen freut sich auch nach 104 Jahren noch immer über jeden Tag. Und für die ebenfalls hochbetagte Ruja Diebold spielt die Anzahl ihrer Lebensjahre längst keine große Rolle mehr: Auf die Frage nach ihrem Alter antwortet sie mit einem entwaffnenden: „Hab ich vergessen!“ Acht Über-Hundertjährige werden hier porträtiert; sechs Frauen und zwei Männer, die teils in Seniorenheimen, teils zuhause leben, von denen einige noch gut zu Fuß, andere bettlägerig sind und mehr oder auch weniger zufrieden mit ihrem Leben im hohen Alter. Die noch sehr fitte, ebenso witzige wie abgeklärte Hella Müting ist die Einzige, die von der Filmemacherin Dagmar Wagner bei Aktivitäten wie dem Einkauf oder einem Friseurbesuch begleitet wird; alle anderen werden in ihren Wohnungen und Zimmern zu ihrem Leben, ihren Erinnerungen und ihrem Alltag im Alter befragt. Das gibt visuell nicht viel her, woran auch die uninspirierte Bildsprache des Films wenig ändert. Erinnert sich eine Protagonistin an Tanzvergnügungen im süddeutschen Raum, werden bayerische Tänzer gezeigt. Ist die Rede von Glauben und „Weltgeist“, sieht man den Himmel. Ähnlich einfalllos wird so ziemlich alles bebildert. Das würde allerdings gar nicht ins Gewicht fallen, wenn die Protagonisten Raum und Zeit für ihre Geschichten erhielten, wenn man sie wirklich kennen lernen würde. Denn dass die alten Menschen interessant sind, klug, rührend, witzig und manchmal sogar auch spritzig, das ahnt man mehr, als dass man es erleben würde. Zu viele Protagonisten kommen vor, zu mäandernd und willkürlich erscheinen die angesprochenen Themen, weshalb einem die meisten Protagonisten fremd bleiben und nur selten Momente von Tiefe und Erkenntnis entstehen. Zudem wirkt die Zusammensetzung der Protagonisten in ihrer Fülle recht wahllos; das einzig verbindende Element ist die mindestens 100-jährige Lebenszeit. Das allein aber macht noch keine abendfüllende Story aus, zumindest nicht ohne eine darüberhinausgehende thematische oder dramaturgische Fokussierung. Aspekte wie Fußball, Fernsehen oder der mehr oder weniger beschwerliche Alltag wirken, neben dem naheliegenden Sterbethema und den Erinnerungen an die eigene Jugend, relativ beliebig. Da passt das etwas alberne Re-Enactment eines Einbruchversuchs, mit dessen Vereitelung es der betagte Ernst Strunz sogar auf die Titelseiten der Boulevardpresse brachte, durchaus ins wenig einheitliche Bild. Die Regisseurin ist auf „Privatbiografien“ in Form von Büchern, Hörbüchern oder Filmen spezialisiert, was man „Ü100“ durchaus anmerkt. Die darin gesammelten Erkenntnisse und Beobachtungen weisen nur punktuell über eine persönliche Dimension hinaus. Erst wo ein Perspektivwechsel stattfindet und der Blick auf die eigene Vergänglichkeit oder den (Nicht-)Umgang mit betagten Menschen gelenkt wird, entwickelt der Film einige Kraft. Manche der Protagonisten, die fidele Ruja Diebold, die kluge Hella Müting und der eher traurig wirkende Franz Xaver Schmid, begleiten so auch über den Film hinaus. Die große Leinwand aber braucht „Ü100“ sicherlich nicht.
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