Nach der überaus erfolgreichen, visuell und inhaltlich düsteren, aber immer leicht surrealen Sozial-Parabel „Borgman“
(fd 42 587) präsentiert der niederländische Provokateur Alex van Warmerdam einen sonnendurchfluteten Ausflug ins Genrekino, ins zwischen Drastik und Komödie changierende Subgenre des Auftragskiller-Thrillers a la „Ein Mann – ein Mord“
(fd 32 173) von George Armitage oder „Brügge sehen… und sterben?“
(fd 38 723) von Martin McDonagh, wo Profi-Killer sich und ihrem sozialen Umfeld das (Über-)Leben nach Möglichkeit gegenseitig schwermachen.
Nicht einmal an seinem Geburtstag ist man als Auftragskiller davor gefeit, dass einer anruft, um einen Job zu vergeben. Gerade noch haben die entzückenden Kinder ein Ständchen gesungen und sich in die Schule verabschiedet, als das Mobiltelefon von Schneider klingelt. Ein einfacher Auftrag, schnell und problemlos zu erledigen. Das müsste sogar mit der abendlichen Feier mit Familie und Freunden zu vereinbaren sein, denen Schneider eine bürgerliche Existenz vorspielt. Der Auftraggeber Mertens will sogar behilflich sein.
Umgebracht werden soll der Buchautor Ramon Bax, der in einem einsam gelegenen Haus am Wasser lebt, mitten in einem Naturschutzgebiet. Während Schneider sich akribisch und professionell an die Arbeit macht, wird deutlich, dass Bax ein paar Probleme hat. Nicht nur die Drogensucht macht dem Schriftsteller zu schaffen, sondern auch die Geliebte, die das Feld nicht räumen will, nur weil Bax’ depressive Tochter ihr Kommen angekündigt hat. Und dann ist da auch noch der Anruf von Mertens, der Bax vor Schneider warnt, denn auch Bax jobbt nebenbei als Auftragskiller.
Dieses Anforderungsprofil spielt zunächst aber keine besondere Rolle, denn bevor sich die beiden Akteure aneinander messen können, müssen allerlei Hindernisse mit mehr oder minderer Dringlichkeit überwunden werden: Familienmitglieder, Familiengeheimnisse, Ex-Geliebte und Anhang, mehr oder weniger unangenehme Zufallsbekanntschaften, Ordnungshüter, ein von den modernen Kommunikationstechniken überforderter Auftraggeber und schließlich auch die topografischen Gegebenheiten vor Ort.
Alex van Warmerdam zeichnet all die Umstände und Abgründe in größter Helligkeit zwischen Weiß und Beige: Bax’ Holzhaus strahlt in modischem Weiß, die Sonne gleißt, der Himmel scheint beige, die Figuren tragen überwiegend helle Kleidung. Die lakonische, provozierend amoralisch-nüchterne Unbekümmertheit, mit der hier die Konfrontation divergierender Welten (der Bourgeois als Auftragskiller, der Poète maudit als Auftragskiller, die cleane Musterfamilie, die psychotische Familie als Terrorzusammenhang) als durchaus konventionell und alltäglich gezeichnet wird, produziert surreal-absurde Effekte in der Tradition Buñuels und atmet den dunklen Witz der Coen-Brüder, potenziert durch das originelle Setting, das immer wieder Referenzen zum Western evoziert.
Die Handlung fordert und fördert Umwege, im hohen Schilf verliert man schnell die Übersicht, der angrenzende Sumpf tut ein Übriges. Wenngleich der Anlass im Dunklen bleibt und der wechselseitige Auftragsmord sich recht schnell als hinfällig erweist, wird das Duell stoisch bis zum Ende exekutiert, und auch darüber hinaus, weil es, Ordnung muss sein, keine Zeugen geben darf.
„Schneider vs. Bax“, ebenso unterhaltsam, spannend und komisch wie böse, deutet wiederholt darauf hin, dass sich hinter dem abstrakt-dekonstruierten Genrefilm vielleicht eine parabolische Metaebene verbergen könnte. Bei deren Entzifferung bleibt man – anders als die Protagonisten des Films – indes auf sich allein gestellt.