Ein Berliner Kulturjournalist, seine Frau und ihre gemeinsame Tochter im Teenager-Alter verbringen ruhige Urlaubstage in einem abgelegenen Haus an der Ostsee, doch die Erholung wird durch Panikattacken der Mutter, seltsame Klaviergeräusche und einen jungen Fremden gestört. Was als exquisit inszenierter Mystery-Thriller mit kompliziert ineinander geschachtelten Erzählsträngen beginnt, wandelt sich zum Psychodrama einer Frau, die an ihren Erinnerungen zu zerbrechen droht. Der mutig ins Depressive gleitende Debütfilm irritiert durch seine geradezu unheimliche Strenge, zeugt dabei aber von einem beachtlichen Talent.
- Ab 16.
Meeres Stille
Drama | Deutschland 2013 | 142 Minuten
Regie: Juliane Fezer
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2013
- Produktionsfirma
- Julex Film/hr fernsehen/arte/NDR fernsehen/mdr/ARD Degeto
- Regie
- Juliane Fezer
- Buch
- Juliane Fezer
- Kamera
- Klaus Harnisch · Roman Sebastian Janke
- Musik
- Nikolaj Hess
- Schnitt
- Julia Wiedwald
- Darsteller
- Charlotte Munck (Helen Sander) · Christoph Gawenda (Leon Kiefer) · Christoph Grunert (Johannes Sander) · Nadja Bobyleva (Frances Sander) · Alexander Beyer (Wolf Kiefer)
- Länge
- 142 Minuten
- Kinostart
- 22.10.2015
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Ambitionierter Debütfilm zwischen Mystery-Thriller und Psychodrama.
Diskussion
Eine Berliner Familie macht Urlaub an der Ostsee. Das abgelegene Haus ist mit den Möbeln der Vorgänger eingerichtet; früher lebte hier ein alleinerziehender Vater mit seinem Sohn Leon. Den Aufenthalt am Meer bekam Johannes, der gerade zum Feuilletonchef einer Tageszeitung befördert wurde, vom Arbeitgeber geschenkt. Seine Teenager-Tochter Frances, die zu ihren Eltern ein gespanntes Verhältnis hat, nutzt die Zeit für ihre literarischen Ambitionen und tippt auf einer alten Schreibmaschine herum. Nur Johannes’ Ehefrau Helen kann die freie Zeit nicht genießen. Sie wird von diffusen Handschmerzen, Panikattacken und zunehmend auch von Flashbacks heimgesucht, die sie an ihrer geistigen Gesundheit zweifeln lassen. Denn die alten Bewohner des Hauses scheinen immer noch anwesend zu sein. Ein kleiner Junge trauert seiner verstorbenen Mutter nach und versteckt in dem leerstehenden Swimmingpool Botschaften, die von Frances entdeckt werden. Der Vater des Jungen ist nicht weniger betrübt, belässt es aber dabei, seinem Sohn Klavierunterricht zu geben, den Helen als Echo der Vergangenheit zu hören scheint. Dass ihr überdies ein junger Mann am Strand und auf dem Grundstück nachzustellen beginnt, sie mit existenziell bohrenden Fragen beunruhigt und selbst in einer Krise zu stecken scheint, macht ihren ohnehin labilen Zustand nicht besser.
Was als Mystery-Thriller beginnt, wandelt sich so allmählich zum Psychodrama einer Frau, die an der Rückkehr der Erinnerungen zu zerbrechen droht. Allerdings sieht man dem Debütfilm der Regisseurin Juliane Fezer nach Motiven eines Romans von Stefan Beuse seine hoch gesteckten Ambitionen allzu deutlich an. Die Bilder und die Montage sind exquisit, die Erzählstränge kompliziert ineinander geschachtelt; beide Familien treffen wie in einer Zeitschleife aufeinander, weshalb man sich wie in Alejandro Amenábars „The Others“ (fd 35 215) lange fragt, wer real und wer Geist ist.
Die Kamera zeigt die Figuren entweder in dunklen Innenräumen oder vor enormen Landschaftspanoramen, die ein Aufatmen verheißen. Doch sie werden zugleich einer geradezu unheimlichen Strenge ausgeliefert und einem Plot, der die Sprachlosigkeit ihrer Beziehungen bis zur Schmerzgrenze ausspielt. Das geht so lange gut, bis der Zeitpunkt der Auflösung überschritten ist. Über zwei Stunden lang stapeln sich die Indizien; die Dialoge drehen sich im Kreis und aus dem Off ertönen Kommentare, die das ohnehin ermattende Geschehen mit prätentiösen Sentenzen zusätzlich verrätseln. Dass die Stimmung aller Beteiligter allmählich ins Depressive abgleitet, lässt sich durchaus als Mut zum exzessiven Wundlaufen verbuchen. Das strapaziert die Geduld und schmälert die Klasse dieses Erstlingsfilms, der jenseits der demonstrativen Visitenkarte ein beachtliches Talent verrät. Weniger Kopf wäre hier mehr gewesen.
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