Auf die Frage, ob sie ihre Mutter vermisst, antwortet sie mit einem kurzen „Nein, nicht wirklich“. Auch sonst erweckt das plötzliche Verschwinden ihrer Mutter Eve in der 17-jährigen Kat keine Gefühle – das sagt sie zumindest, als sie eine der Sitzungen bei einer Psychotherapeutin kommentiert. Ihr Vater wollte, dass sie zu diesen Sitzungen geht, um den Verlust der Mutter zu verarbeiten. Dort bespricht sie auch ihre merkwürdigen Träume: In einer schneebedeckten Landschaft begegne ihr eine Gestalt; sie glaubt, dass es ihre Mutter ist. Doch eine Bedeutung sieht die Therapeutin in diesen Träumen nicht. Anders als der Polizist, der sich der Suche nach Eve angenommen hat und dem Kat immer näher kommt. Sie reizt die Versuchung eines älteren Mannes, nachdem die Beziehung zu ihrem Freund Phil seit dem Verschwinden nicht mehr so läuft, wie sie das will.
Als Erzählerin führt Kat, mit Shailene Woodley ideal besetzt, durch den Film und deutet in Rückblicken immer wieder die schwerwiegenden Probleme der Familie an. Eve scheint Kats Vater nie wirklich geliebt zu haben; statt des plötzlichen Verschwindens hätte Kat sogar eher damit gerechnet, dass Eve ihn im Schlaf tötet. Zudem war Eve, die von einer wunderbaren Eva Green so faszinierend wie abstoßend verkörpert wird, eifersüchtig auf das jugendliche Leben ihrer Tochter und machte ihr damit in vielen Situationen das Leben schwer. Entsprechend fühlt sich für Kat das Leben ohne ihre Mutter sogar einfacher an.
In ästhetischen und oft kontrastreichen Bildern knüpft Regisseur Gregg Araki mit diesem Coming-of-Age-Drama thematisch an seine früheren Filme wie die „Teenage Apocalypse Trilogy“ an, mit der er sich den Ruf als Vorreiter des New Queer Cinema erarbeitete. In denen porträtierte er seine jugendlichen Protagonisten beim problembehafteten Erwachsenwerden und konfrontierte sie mit schwierigen Elternfiguren, Kindheitstraumata oder ihrer sexuellen Konfusion. Diese Elemente der Trilogie, bestehend aus „Totally Fucked Up“, „The Doom Generation“ und „Nowhere“, finden nun in den Wirrungen von Kat ihre Fortführung. Arakis neuestes Werk sorgt dabei bis zu seiner Auflösung immer wieder mit neuen, teils widersprüchlichen Hinweisen, Andeutungen und Aussagen über das Verschwinden der Mutter für Spannung.