Biografischer (Fernseh-)Spielfilm über Bernhard Grzimek (1909-1987), den langjährigen Direktor des Frankfurter Zoos, Tierarzt, Verhaltensforscher, Autor sowie Fernseh- und Kinodokumentaristen, der sich zeitlebens furchtlos und überzeugt für die Tiere im In- und Ausland einsetzt. Doch Zoo-Idylle, die Panoramen Ostafrikas oder die emotionale Kraft leidender Tiere stehen weniger im Zentrum als der Mensch Grzimek, dessen zwischenmenschliche Unzulänglichkeiten im Familienleben in aller Ausführlichkeit, stets aber wohltuend unpathetisch beschrieben werden. In all dieser Ambivalenz vorzüglich und differenziert gespielt, bleibt Grzimek stets der Held, der die Serengeti nicht sterben ließ, wird zugleich aber zur charismatischen Figur, die man nicht uneingeschränkt liebt.
- Ab 14.
Grzimek
Biopic | Deutschland 2015 | 165 (DVD 172: 85 & 87) Minuten
Regie: Roland Suso Richter
Kommentieren
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2015
- Produktionsfirma
- UFA FICTION/Two Oceans Prod.
- Regie
- Roland Suso Richter
- Buch
- Marco Rossi
- Kamera
- Stefan Unterberger
- Musik
- Sebastian Pille
- Schnitt
- Benjamin Kaubisch
- Darsteller
- Ulrich Tukur (Bernhard Grzimek) · Barbara Auer (Hildegard Grzimek) · Katharina Schüttler (Erika Grzimek) · Jan Krauter (Michael Grzimek) · Christian Redl (Gustav Lederer)
- Länge
- 165 (DVD 172: 85 & 87) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6 (Teil 1); ab 12 (Teil 2)
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Biopic | Drama | Historienfilm | Liebesfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Der nette ältere Herr hat sich ins kollektive Gedächtnis einer ganzen Fernseh-Generation gebrannt. Gebannt saßen die Deutschen in den 1960er- und 1970er-Jahren vor dem Fernseher, um „Ein Platz für Tiere“ zu sehen – und Bernhard Grzimek (1909-1987), der in jeder Folge stets ein echtes, dabei nicht immer possierliches Tier auf seinem Moderatoren-Schreibtisch präsentierte. Bis zu 70 Prozent Einschaltquote für eine Tiersendung: Das kann nicht nur an den wenig telegenen Büffeln im Ngorongoro-Krater gelegen haben. Es war vielmehr auch jener vermeintlich nette Herr am Schreibtisch, dem die Leute folgen wollten – es waren sein Charisma und seine Botschaft. Grzimek, Tierarzt, langjähriger Direktor des Frankfurter Zoos, Verhaltensforscher, Autor und Dokumentarist, wird in Roland Suso Richters Filmbiografie als ein in seiner Furchtlosigkeit überzeugender Verfechter für die Tiere eingeführt: Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg erachtet er die Nahrung für die Zoo-Tiere gegenüber der Besatzungsmacht als ebenso wichtig wie die der Menschen. Doch Zoo-Idylle, die ebenso betörenden wie bedrohten Panoramen Ostafrikas oder auch die emotionale Kraft leidender Tiere sind nicht das, was den Regisseur an Leben und Werk des TV-Nationalheiligen der 1950er- bis 1970er-Jahre interessiert. Es ist der Mensch Grzimek, der mit all seinen Fehlern im Zentrum des epischen, 165 Minuten langen Films steht. Und Fehler gab es im Leben des Wahl-Frankfurters viele – besonders im zwischenmenschlichen Bereich: Affären, die Ignoranz gegenüber seinem (Adoptiv-)Kind Thomas und seiner ersten Frau Hilde, seine Beziehung zur Schwiegertochter Erika, die er nach dem tragischen Tod seines geliebten Sohns Michael heiratete. Der „nette ältere Herr“ präsentiert sich bei Richter als ein Charakter mit Abgründen, der in aller Ausführlichkeit nachgezeichnet wird, ohne dass der „Held“ dadurch dekouvriert würde. Grzimek bleibt der Held, der die Serengeti nicht sterben ließ, doch er avanciert bei Richter zu einem Helden, den man nicht uneingeschränkt liebt. Ohne Pathos, mit schlaglichthafter Handkamera und einem ambivalent agierenden Ulrich Tukur in der Hauptrolle, der sich nicht um Äußerlichkeiten wie Grzimeks nasal-lispelnde Aussprache schert, kreiert der Film Authentizität weitab von eingängiger Schnulzigkeit. Das ist ebenso gewöhnungsbedürftig wie beachtlich.
Kommentar verfassen