New York im Jahre 1999; Mobiltelefone sind noch Luxusartikel einiger weniger, die Angst vor dem „Y2K“-Desaster, also vor dem Versagen sämtlicher Computersysteme beim Milleniumswechsel, spukt durch die Köpfe der Menschen. Marc Scudder ist ein harter, gebrochener Mann, der sich in diesen so unsicher wirkenden Zeiten auf sein Handwerk konzentriert. Früher war er Cop und Alkoholiker, jetzt ist er ein privater Ermittler, der ohne Lizenz arbeitet. Ein Drogendealer beauftragt ihn, den Mördern seiner Frau hinterher zu spüren, die gekidnappt und nach der Zahlung des Lösegelds umgebracht wurde. Dank seiner akribischen Ermittlung stellt er bald fest, dass er ein psychopathisches Mörder-Duo verfolgt, das es auf die Angehörigen von Drogendealern abgesehen hat. Scudder ist sich zwar nicht zu schade, für die Drogenmafia zu arbeiten, doch er solidarisiert sich mit den unschuldigen Opfern. Im Schlepptau hat er den Straßenjungen TJ, der Philip Marlowe und Sam Spade liebt und dem die Detektivarbeit eine neue Lebensperspektive aufzeigt. Der Junge findet in Scudder eine unwirsche Vaterfigur; umgekehrt befreit er den hartgesottenen Detektiven von der Idee, als einsamer Wolf durchs Leben zu ziehen.
Eine stark reduzierte Farbpalette, düsteres Wetter, das sich jeden Moment zu einem heftigen Gewitter auswachsen kann, und ein wortkarger Held, der seine Dämonen fest unter Verschluss hält: das sind die altbekannten Zutaten dieses atmosphärischen Neo-Noir-Thrillers. Doch dank einer komplex konturierten Hauptfigur und Liam Neesons differenziertem Schauspiel hebt sich der Film von Scott Frank angenehm von gängigen Genre-Klischees ab, unterstützt durch ein selbst in den kleineren Nebenrollen interessantes Ensemble und eine engagierte Inszenierung. Frank, der bislang überwiegend als Drehbuchautor in Erscheinung trat, bemühte sich jahrelang darum, diesen Stoff zu verfilmen. Die Früchte dieses Strebens präsentieren sich nun in einem spannenden, mit sichtbarer Hingabe gedrehten Film, der im bekannten Genre-Koordinatensystem genug eigenständige Ideen aufweist, um Zuspruch zu finden.