Morgengrauen (2014)

Krimi | Deutschland 2014 | 87 Minuten

Regie: Alexander Adolph

Ein Münchner Polizeihauptkommissar verliebt sich in eine ebenso charmante wie schüchterne Oberregierungsrätin, die ein Gefängnis leitet, in dem sich unter den jugendlichen Straftätern die Zahl der Selbstmorde auf mysteriöse Weise häuft. Brillant inszenierter und vor allem gespielter (Fernsehserien-)Krimi, der sich eher als hochsensible, faszinierend detailfreudige Liebesgeschichte um zwei einsame, melancholische Seelen herausstellt, die plötzlich füreinander entflammen. Zunehmend verdichtet sich die Handlung zu einer Meditation über Respekt und Misstrauen, Intrigantentum und tief bohrende Zweifel. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Eikon Media
Regie
Alexander Adolph
Buch
Alexander Adolph
Kamera
Jutta Pohlmann
Musik
Christoph Kaiser · Julian Maas
Schnitt
Dirk Göhler
Darsteller
Matthias Brandt (Hanns von Meuffels) · Sandra Hüller (Karen Wagner) · Andreas Lust (Marcel Oberpriller) · Axel Milberg (Max Steiner) · Manuel Steitz (Martin Schar)
Länge
87 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Krimi | Liebesfilm

Diskussion

Toll, wie wandlungsfähig Matthias Brandt sein kann. Zu bewundern war das jüngst beim Münchner Filmfest in der Reihe „Neues Deutsches Fernsehen“: in Hermine Huntgeburths Gesellschaftsdrama „Männertreu“ war Brandt als cooler Weiberheld zu sehen, und nun in Alexander Adolphs „Polizeiruf 110: Morgengrauen“ typologisch ganz gegensätzlich und doch gleichermaßen überzeugend als Inbild schüchterner Verliebtheit.

Matthias Brandt alias „Polizeiruf“-Hauptkommissar Hanns von Meuffels macht der charmanten und ebenso schüchternen Oberregierungsrätin Karen Wagner (Sandra Hüller) die artigsten Komplimente. Die beiden können gar nicht fassen, dass sie so richtig ineinander verliebt sind. Sie werfen sich Liebeserklärungen in Form von banalen Redenarten zu und benehmen sich unbeholfen wie Teenager beim ersten Rendezvous. Brillant spielen Brandt/Hüller das aus: zwei einsame, melancholische Seelen, die plötzlich füreinander entflammen. Das ist keiner dieser Flirts, mit denen TV-Krimis üblicherweise aufwarten, sondern eine wunderbare Liebesgeschichte, die zuerst wie ein exzentrischer Exkurs erscheint, sich dann aber doch in Alexander Adolphs Meditation über Respekt und Misstrauen schön einfügt.

Natürlich bietet auch dieser Münchner „Polizeiruf“ die zu einem Ermittlerkrimi gehörigen Ingredienzen: Leichen, dazu die mysteriöse Selbstmordserie in einem Gefängnis für jugendliche Straftäter. Allmählich schält sich eine Variante des Dirty-Harry-Themas heraus: Gesetzeshüter brechen die Gesetze, um – wie sie meinen – das Böse wirkungsvoller bekämpfen zu können. Selbstverständlich ist Hauptkommissar von Meuffels gegen solche Versuchungen immun. Mit ihm ist die Ära der hemdsärmeligen, selbstgerechten Ermittler definitiv vorüber. Beinahe überdeutlich macht das der Kontrast zu seinem aufdringlichen, vulgären, mit Wiener Akzent sprechenden Kollegen, der sofort alle Antipathien auf sich versammelt. Das Hemdsärmelige hat ausgedient und entpuppt sich als Ressentiment.

Von Meuffelsʼ Höflichkeit hingegen erscheint nicht als gezierte Attitüde, sondern als Ausdruck von Respekt. Das ist es, was Frau Oberregierungsrätin sofort bezaubernd an ihm findet: dass er auch jugendlichen Straftätern Respekt entgegenbringt. Zudem liebt er, wie sie, klassische Musik, besonders die Melancholie der Lieder Gustav Mahlers. Gemeinsam gehen sie zu einem Mahler-Liederabend, bei dem Tocotronic-Frontmann Dirk von Lowtzow einen kurzen Gastauftritt als Mahler-Interpret hat. Bleibt die Frage: Wird die Liebe stark genug sein, um dem Intriganten, der Misstrauen und Zweifel sät, zu widerstehen?

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