Selten war ein Filmtitel so irreführend. Statt des befürchteten Werbevehikels ist „The LEGO Movie“ einer der originellsten computeranimierten Filme der letzten Jahre. Und das, obwohl er paradoxerweise eine der ältesten Erzählformen überhaupt bemüht, um die Kreativität zu feiern: ein Mann aus dem Volk wird zum Auserwählten und rettet die Welt.
Hauptfigur ist Emmet, ein gewöhnliches Bauarbeiter-Püppchen. In der Großstadt, in der er lebt, ist er damit beschäftigt, alles einzureißen, was nicht exakt nach Anleitung gebaut wurde. Emmet und alle anderen Figuren leben in dieser gelackten Dystopie nach dem Regelwerk von Präsident Business, der seinen Untertanen einen einzigen, sich immer wiederholenden Gute-Laune-Song gönnt – und eine Sitcom, deren naive Pointe („Wo ist meine Hose?“) Paul Verhoevens Zukunftssatire „Robocop“ entlehnt ist („Das kauf’ ich für ’nen Dollar!“).
Emmet ist einsam, ohne sich dessen bewusst zu sein. Erst als er Wyldstyle trifft, die auf seiner Baustelle nach einem Artefakt sucht, das die Machenschaften von Lord Business unterbinden kann, erkennt er, dass er bei seinen Nachbarn und Kollegen keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Er wird das Artefakt finden und der „Besondere“ werden, weil eine Prophezeiung es so will.
Mit Wyldstyle, ihrem „festen Freund“ Batman und dem Propheten Vitruvius reist er durch verschiedene Themenländer des Lego-Universums, um Verbündete zu finden, die zu Freunden werden – stets auf der Flucht vor dem doppelgesichtigen Bad-Cop, dem obersten Handlanger von Lord Business. Sie treffen auf Meisterbauer, die ohne Anleitung nur nach Fantasie zu bauen wagen. Eine Aufgabe, der Emmet zunächst nicht gewachsen ist – sein kreatives Potenzial scheint mit der Erfindung einer Doppeldeckercouch bereits erschöpft zu sein.
Mit viel Liebe zum Detail wurde die Ästhetik der Stop-Motion-Animation in Szene gesetzt. Der Film zielt mit seinen anspielungsreichen Pointen nicht nur auf die Generation jener, die derzeit mit Lego baut, sondern vor allem auf deren Eltern und auf Ältere, die mit Lego aufgewachsen sind. Selbstironisch wird mit Klischees gespielt, was besonders jene unterhält, die Kino- und Popkultur-Erfahrungen mitbringen und die zahllosen Gags und (Film-)Zitate entschlüsseln können. Doch auch Kinder werden mit der sympathischen „Heldengeschichte“ und der überbordend kreativen Visualität des Films zufrieden sein.
Batman ist ein arroganter, selbstsüchtiger Angeber, der lieber mit Han Solo feiern möchte, als sich an der Rettung der Welt zu beteiligen. An anderer Stelle wird Benny eingeführt, ein hyperaktives Weltraummännchen aus Legos klassischer Raumschiffkollektion vom Ende der 1970er-Jahre, stilecht mit angeknackstem Helm als seiner bekanntesten Schwachstelle.
Die Regisseure Phil Lord und Christopher Miller haben schon mit den beiden „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“-Filmen ihr Gespür für visuelle, exzellent getimte Gags bewiesen. Ihr origineller, charmanter Familienfilm stellt die aktuell immer müder wirkenden Pixar-Produktionen glatt in den Schatten.
Natürlich ist „The LEGO Movie“ zugleich auch ein effektiver Werbefilm: Er macht auch älteren Semestern das neuerliche Spielen mit den Plastiksteinen schmackhaft, was ausdrücklich als Warnung an Eltern zu verstehen ist – und zugleich das größte Kompliment ist, das man dem Film machen kann.