Drama | Deutschland 2013 | 79 Minuten

Regie: Anika Wangard

Ein Ehepaar will nach einem harten Arbeitsleben den Ruhestand genießen, verliert aber im Zuge der Finanz- und Bankenkrise fast seine gesamten Ersparnisse. Das will die Frau, die sich praktisch allein um die Finanzen gekümmert hat, nicht unwidersprochen hinnehmen. Vor Gericht und in öffentlichen Protesten fordert sie ihr Geld zurück. Ein in den Hauptrollen gut besetzter, unaufgeregter und realitätsnah inszenierter Film mit leisen komödiantischen Anklängen, der mit älteren Kleinanlegern die größten Verlierer der Finanzkrise in den Mittelpunkt rückt. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin/Chromosom Filmprod.
Regie
Anika Wangard
Buch
Anika Wangard
Kamera
Cornelius Plache
Musik
Wolfgang Glum · Warner Poland
Schnitt
Sebastian Stoffels
Darsteller
Monika Lennartz (Eva Meyenburg) · Ulrich Voß (Alexander Meyenburg) · Winnie Böwe (Dany Meyenburg) · Evelyn Meyka (Rosi Köppke) · Armando Dotto (Alfons Lempe)
Länge
79 Minuten
Kinostart
23.01.2014
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
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Diskussion
Es gibt kurze Dialoge, die eingefahrene Kommunikationsstrukturen, wenn nicht sogar das ganze Leben als Paar bloßlegen: „Du bestimmst, und ich komm' mit“. „Du sitzt doch immer nur rum und wartest! Das ist doch nicht mitkommen.“ So beginnt „Crashkurs“, das Langfilmdebüt von Anika Wangard. Die Regisseurin und Drehbuchautorin hat darin zwei mutige Entscheidungen getroffen: Sie stellt ein Rentnerpaar in den Mittelpunkt (ältere Menschen sind im deutschen Kino nicht gerade überrepräsentiert) und beschäftigt sich überdies mit den unmittelbaren Auswirkungen der Finanzkrise. Einem Thema, das deutsche Filmmacher bislang weitgehend kalt gelassen hat. Eva und Alexander Meyenburg sind Kleinanleger. Sie haben ihr Haus verkauft und leben nun in der Nähe ihrer Tochter in einem gesichtslosen Berliner Neubaugebiet mit loser Bebauung und schicken Town-Houses. Während der eher introvertierte Alexander lieber in der Garage werkelt, übernimmt Eva alles, was mit zwischenmenschlicher Kommunikation zu tun hat. Dazu gehör(t)en auch die Finanzen des Paares. Als ihre Tochter, die eine physiotherapeutische Praxis betreibt, sich von ihnen Geld leihen will, teilt der langjährige Bankberater der konsternierten Eva mit: Die 120 000 Euro sind infolge der Lehman-Pleite weg. Nur die 5000 Euro auf dem Girokonto sind noch geblieben. Wie die Familie mit der neuen Situation umgeht, inszeniert Wangard unaufdringlich als Tragikomödie mit vielen Zwischentönen. Das Tempo ist zurückgenommen. Auf diese Weise bleiben die familiären Mechanismen, die zunächst greifen, spürbar, aber auch die schrittweise Veränderung der Figuren. Manchmal allerdings wird ein wenig zu viel auserzählt: etwa in dem Nebenstrang, in dem die Tochter dramaturgisch ein eigenes Profil erhält. Die Hauptrolle ist mit Monika Lennartz besetzt. Sie und ihr Gegenüber Ulrich Voß arbeiten sehr detailgenau die Gewohnheiten und Rituale eines lange verbundenen Paares heraus. In der veränderten Lage, in der sie sich plötzlich befinden, entdecken sie neue Seiten aneinander. Das ist dann zwar kein Happy End, aber ein sehr humanistisches Plädoyer für die Bedeutung wahrer Werte. Eva beginnt, sich gegen die Banken zu engagieren, zunächst sehr zum Missfallen ihres Mannes, der nicht gern in der Öffentlichkeit steht. Sie skandiert vor Filialen, bläst in Trillerpfeifen und spricht Menschen auf der Straße an. Alexander hingegen mag es nicht, „mitzukommen“: weder vor Gericht, wo Eva auf Entschädigung klagt, noch zu den Treffen mit Gleichgesinnten. Bis er seine Art des Protests entdeckt, bei der ihn vermeintlich niemand sieht – außer der Polizei. Irgendwann fährt Eva in ihrer Ohnmacht dann nach Frankfurt. Wie sie allein und immer bedrückter durch die Hochhausschluchten schleicht, ist eine Metapher der Machtlosigkeit. „Crashkurs“ ist das Gegenstück zu „The Wolf of Wall Street“ (fd 42 145). Hier sind die Opfer der Krise, die Kleinanleger, Rentner und aufrichtigen Menschen, die schlichtweg nur ihren Beratern vertraut haben, dort die Jordan Belforts, die obszön reich geworden sind – mit dem Geld der anderen.
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