Dokumentarfilm | Deutschland 2012 | 95 (24 B./sec.)/91 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Fatima Geza Abdollahyan

Dynamisch-zeitloser Dokumentarfilm über ein politisches Bildungsprojekt wenige Monate vor den ersten freien Wahlen 2011 in Ägypten. Der Initiator Ashraf El Sharkawy ist in Deutschland aufgewachsen. Der Film begleitet ihn und die Aktivisten des „Freedom Bus“ sechs Monate lang durch Ägypten, dokumentiert Diskussionen und Polemiken zwischen religiösem Fanatismus und liberalem Gedankengut. Ein ebenso mitreißendes wie melancholisches Panorama einer Gesellschaft im Umbruch, das die arabische Revolte in ihrer ganzen Komplexität näher bringt. Der Film endet kurz nach den Parlamentswahlen im September 2011, als die Muslimbrüder zur stärksten Kraft wurden; Ashraf El Sharkawy verlässt in dieser Zeit München und zieht endgültig nach Ägypten. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
if... Prod./ZDF (Das kleine Fernsehspiel)
Regie
Fatima Geza Abdollahyan
Buch
Fatima Geza Abdollahyan
Kamera
Jakobine Motz
Musik
Saam Schlamminger · Tom Förderer
Schnitt
Hansjörg Weissbrich · Eva Hartmann
Länge
95 (24 B.
sec.)
91 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
12.09.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Die DVD enthält als Bonus zusätzliche Szenen sowie ein Interview mit der Regisseurin (18 Min.).

Verleih DVD
DOC-COLLECTION/Al!ve (Stereo 2.0; Dolby 5.1.; 16:9; arabisch/dt.)
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Diskussion
Fernsehbilder der Revolution in Ägypten: Eine Brücke voller Menschen, auf der einen Seite die Staatsmacht, martialisch anmutende Polizisten im Kampfanzug, auf der anderen Seite die immer zahlreicheren Demonstranten. Mit diesen Erinnerungen an den arabischen Frühling beginnt der Film von Fatima Abdollahyan. Es ist die Zeit nach dem Ende Mubaraks 2011. Wahlen werden angekündigt, die Menschen diskutieren heftig. Die breite Protestbewegung offenbart mit einem Mal ganz unterschiedliche Perspektiven.
Ashraf el Sharkawy ist in Deutschland aufgewachsen. Doch 2011 kehrte er an den Nil zurück, um die politischen und sozialen Umbrüche in seiner Heimat zu begleiten. In Kairo gründete er das Projekt „Freedom Bus“, eine Initiative, die überparteiisch das Wichtigste über Demokratie und den Sinn demokratischer Wahlen vermittelt. Vier Monate bereiten Freiwillige die Aktion vor, dann ziehen sie mit dem Bus von Stadt zu Stadt, zeigen Informationsfilme, verteilen Texte und diskutieren mit den Menschen. „Was interessiert mich die Demokratie“, fährt sie dabei ein älterer Herr an. „Weißt Du, wie teuer das Fleisch ist? Das muss man ändern, dann kann man wählen!“ Viele sind skeptisch: Ägypten habe keine demokratischen Traditionen, sei 7000 Jahre von Pharaonen regiert worden: „Was ist, wenn bei den Wahlen ein neuer Pharao gewählt wird?“, fragt ein junger Mann eine Frau mit Kopftuch. „Das müssen Sie dann akzeptieren, das ist Demokratie“, antwortet die stoisch. Deutlich wird, dass die Begriffe öfters völlig unterschiedliche Bedeutung haben. Klingt das Wort „liberal“ für die einen wie ein Freiheitsversprechen, ist es für andere ein Synonym sexueller Libertinage. Religiöse Vorstellungen prallen auf westliche Demokratie-Ideen. Sind Demokratie und die Scharia vereinbar? Wie kann man verhindern, das die arme Landbevölkerung ihre Stimme einfach verkauft?
Sharkawy kennt sich aus mit Kommunikation, mit Marketing; er weiß, wie man Sponsoren findet und ein Team organisiert. Nur die Mentalität seiner Landsleute ist ihm noch fremd; er hat nicht mit dem Misstrauen gegen alles Fremde gerechnet. Öfters hört er Verdächtigungen, dass es sich bei den demokratischen Aktivisten aus dem Bus um ausländische Spione handle. Die Filmemacherin Fatima Geza Abdollahyan hat iranische Wurzeln.
Wahrscheinlich kann sie die zwiespältige Position ihrer Hauptfigur deshalb so überzeugend nahe bringen, der ein Wanderer zwischen den Welten ist. Sie begleitet Sharkawy zu seinen Eltern, die nicht verstehen, warum der Sohn sein Leben in Deutschland aufgegeben hat. Sie zeigt Sharkawy, wie er mit melancholischem Blick auf einer Ladefläche durch die ärmeren Stadtviertel fährt, und man spürt, wie ihm die Schwere seiner Aufgabe immer bewusster wird. Während der „Freedom Bus“ den „Baum der Demokratie“ und die Gewaltenteilung erläutert, laufen im Fernsehen Bilder vom Prozess gegen Mubarak und seine Söhne. Sharkawy bekennt, ein Anhänger El Baradeis zu sein; andere aus seiner Gruppe sind religiös. „Frauen sind einfach emotionaler, deswegen können sie keine Richter werden, sie sind zu gefühlsbetont, da hat der Koran recht“, sagt einer seiner jungen Mitstreiter. Auf diese Weise, durch eine Vielzahl spannender und mitunter skurriler Gespräche und Diskussionen, vermittelt der Film einen Querschnitt durch eine Gesellschaft im Umbruch.
Ein halbes Jahr sind Aktivisten unterwegs, fahren durch das große Land, informieren und diskutieren über Demokratie, werden misstrauisch beobachtet und von der Geheimpolizei kontrolliert. Der Film endet kurz nach den Parlamentswahlen im September 2011. Die Muslimbrüder sind dabei zur stärksten Kraft geworden. Ashraf El Sharkawy packt in München seine Sachen und zieht endgültig nach Ägypten. „Freedom Bus“ ist ein dynamisch-zeitloser Dokumentarfilm, der die arabischen Revolte in ihrer ganzen Komplexität durchaus näher bringt.
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