Ein arrogant-selbstsüchtiger "Schnösel" fühlt sich durch die nächtlichen Musikproben einer ein Stockwerk tiefer wohnenden Café-Besitzerin belästigt. Unversehens wird er mit der bizarren Situation konfrontiert, dass er aus seinem Körper Sand verliert. Als er von der Frau zu träumen beginnt und entdeckt, dass sie diese Träume mit ihm teilt, dämmert ihm, dass er Hilfe braucht. Absurd-fantastische Liebeskomödie mit Stilmitteln eines modernen Märchens, die vor allem formal überrascht, weil die fantastischen Elemente ebenso wie die pointierte Komik durchaus funktionieren. Dabei nimmt man auch die sorgsam entwickelte Liebesgeschichte innerhalb des surrealen Szenarios ernst, die in einer schönen Anti-Liebeserklärung gipfelt.
- Ab 12.
Ein Sommersandtraum
- | Schweiz 2011 | 91 Minuten
Regie: Peter Luisi
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Filmdaten
- Originaltitel
- DER SANDMANN
- Produktionsland
- Schweiz
- Produktionsjahr
- 2011
- Produktionsfirma
- Spotlight Media Prod./Schweizer Fernsehen
- Regie
- Peter Luisi
- Buch
- Peter Luisi
- Kamera
- Lorenz Merz
- Musik
- Martin Skalsky · Christian Schlumpf · Michael Duss
- Schnitt
- Claudio Cea
- Darsteller
- Fabian Krüger (Benno) · Frölein Da Capo (Sandra) · Beat Schlatter (Max) · Florine Elena Deplazes (Patrizia) · Sigi Terporten (Stefan)
- Länge
- 91 Minuten
- Kinostart
- 21.07.2011
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Bennos letzte Hoffnung ist ein Wahrsager im Fernsehen, den er anruft und um Rat bittet. Sein Problem ist lebensbedrohlich: Er verliert Sand und mit ihm an Körpergewicht. Zuvor hatte er versucht, sich selbst zu helfen. Als es erst ein paar Körnchen waren, band er sich schlicht die Hosenbeine zu, um das unverfestigte Sediment zu sammeln. Ein Psychiater sah sich außer Stande, seine Situation als konkret wahrzunehmen, und lobte stattdessen das Metaphorische an diesem sonderbaren Fall von Ichverlust. Die originelle Prämisse von Peter Luisis absurder Liebekomödie mit fantastischem Einschlag zwingt Benno ein Leben auf, das jenseits des Erhofften liegt. In seinen Träumen ist er Dirigent; in seinem Alltag kleidet er sich mit Weste und karminrotem Halstuch, als würde er sein Tagwerk nicht in einem Briefmarkengeschäft verrichten, sondern zu Höherem geboren sein. Im Laden nimmt er auf rüde Weise Kunden in Empfang und blättert in Alben – eigentlich ist der Job unter seiner Würde. Das Rüpelhafte ist einer seiner Wesenszüge. So geht er auch Sandra grob an, über deren Café sich seine Wohnung befindet, weil sie nachts an ihrer Karriere als Sängern arbeitet und im leeren Geschäft probt. Laut probt und deshalb Benno gegen sich aufbringt. Doch der Sand hat auch eine „magische“ Wirkung: Personen, die Benno damit anbläst, fallen in eine tiefe Ohnmacht. Im Fall von Sandra läuft das Experiment darauf hinaus, dass beide plötzlich ihre Träume teilen. Friedfertige Träume, die von intimen Momenten eines gemeinsamen Urlaubs in einem gemeinsamen Leben künden.
Das Traumhafte ist auch im Bild selbst wiederzufinden: Die Vielzahl an willkürlichen, manchmal wie zufällig wirkenden Unschärfen würde wahrscheinlich in jedem anderen Genre stören, doch hier avancieren sie zum Stilmittel eines modernen Märchens. Luisis Einfallsreichtum schlägt sich schon im Drehbuch nieder, das nahezu überfrachtet wirkt: Neben einer Vielzahl komischer Wortgefechte und einigen Slapstickszenen gibt es auch eine kurze Verfolgungssequenz. Wenngleich die meisten Einfälle funktionieren und von einer frischen, unverbrauchten Fantasie zeugen, bordet der Schlussakt dann doch über. Getragen wird der Film vor allem vom jungen Schauspieler Fabian Krüger, der den Spagat zwischen arrogantem Ekel und sympathischem Liebhaber bravourös beherrscht und dabei viel komödiantisches Talent beweist. Irene Brügger ist ebenfalls eine Entdeckung: Ihre Sandra ist eine „echte“ Frau, und man glaubt ihr die Verletztheit durch Bennos abweisende Behandlung, die Zweifel an ihrer Wunschkarriere und die Empörung über Kritik an ihren Backkünsten. Denn wenn Benno ihre Muffins scharf kritisiert, versiegt unmittelbar der Sandstrom. Lügt er und lobt die Törtchen, rieselt es wieder – wobei es nicht nur die kleinen Lügen sind, die seinen Zustand verschlechtern. Die Hemmungslosigkeit, mit der der Film das Unvorhersehbare seiner Geschichte zelebriert, ist außergewöhnlich. Über einer leichten Sommerkomödie hinaus gewinnt er trotz aller Absurdität aber durch seine metaphorischen Anklänge auch eine gewisse Tiefe. Dabei ist die Message im Kern einfach: Lebe das Leben, das Du leben willst, und verliere Dich nicht in Tagträumen – was vielleicht paradox wirkt, weil Luisi viele Ideen wohl seinen eigenen (Tag-)Träumen entnommen hat.
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