Eine reiche Gräfin verfällt in tiefe Depression, weil sie glaubt, dass sie ein hübscher Jüngling aufgrund ihres Alters verlassen habe. Dann aber kommt sie auf den Idee, dass ihr das Blut von Jungfrauen jugendliche Schönheit garantiert. Eine nach wahren Begebenheiten im 16. Jahrhundert ausgestaltete Tragödie, die den der Geschichte innewohnenden Horror in archaische Bilder taucht. In der Hauptrolle überzeugend, krankt der beachtliche Film an den nur wenig glaubwürdig agierenden Nebendarstellern.
- Ab 16 möglich.
Die Gräfin
- | Frankreich/Deutschland 2009 | 100 Minuten
Regie: Julie Delpy
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Filmdaten
- Originaltitel
- THE COUNTESS | LA COMTESSE
- Produktionsland
- Frankreich/Deutschland
- Produktionsjahr
- 2009
- Produktionsfirma
- X Filme International/Celluloid Dreams
- Regie
- Julie Delpy
- Buch
- Julie Delpy
- Kamera
- Martin Ruhe
- Musik
- Julie Delpy
- Schnitt
- Andrew Bird
- Darsteller
- Julie Delpy (Erzebet Bathory) · William Hurt (György Thurzo) · Daniel Brühl (Istvan Thurzo) · Anamaria Marinca (Anna Darvulia) · Andy Gätjen (Miklos)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16 möglich.
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Wer weiß, vielleicht hat es Dracula ja wirklich gegeben – in Gestalt einer Frau?! Sie galt als eine ebenso schöne wie mächtige Heroine, die immer dort, wo Frauen im 16. Jahrhundert als dekoratives Beiwerk zu schweigen hatten, kein Blatt vor den Mund nahm. Im Spiel der Macht gefällt sich Gräfin Erzebet Bathory als die große Unbekannte im Hintergrund – und im gesellschaftlichen Leben der Adeligen Siebenbürgens als Blickfang, der mit den Männern umzugehen weiß. Der junge Istvan Thurzo ist von ihrer reifen Schönheit bezaubert, und auch die ältere Erzebet kann ihr Interesse an ihm kaum verbergen. Doch die Standesgrenzen scheinen zwischen den beiden zu stehen. Istvans Vater György glaubt nicht an die Ernsthaftigkeit ihrer Absichten und weiß die „Affäre“ intrigant zu verhindern. Im Glauben, von dem Jüngling ihres Alters wegen verlassen worden zu sein, verfällt Erzebet in eine schwere Depression. Zurückgezogen ergibt sie sich immer bizarreren Obsessionen, bis sie durch Zufall zu erkennen meint, dass das Blut von Jungfrauen ihrem Teint zum Vorteil gereicht. Von Zeit zu Zeit ist es gut, einen Imagewechsel vorzunehmen. Julie Delpy haftet durch ihre leichten, wortlastig-komödiantischen Beziehungsfilme („2 Tage Paris“, fd 38 151, „Before Sunset“, fd 36 533, „Before Sunrise“, fd 31 270) und ihrem musikalischen Ausflug ins Chanson der Ruf der ätherischen Intellektuellen im Filmgeschäft an. Dabei ist diese Schublade, wie so häufig, vorschnell gewählt, weil sie sich nicht nur in Kaurismäki-, Godard-, Linklater-, Jarmusch- und Kieslowski-Filmen, sondern auch in Genrewerken („American Werewolf in Paris“, fd 32 934; „Killing Zoe“, fd 31 205) zu Hause fühlt. Auf die Gefahr hin, viele ihrer Fans vor den Kopf zu stoßen, lotet sie in ihrer neuen Regiearbeit nun nach eigenem Bekunden die dunkelste Seite ihrer schauspielerischen Seele aus. Sie besetzte sich selbst als skrupellose Mörderin, die aus einem der unglücklichen Liebe geschuldeten Schönheitswahn heraus junge Mädchen quält und ihre unnütz gewordenen Überreste in den Wäldern ihres Anwesens verschwinden lässt.
Delpy, die auch das Drehbuch über Erzebet Bathory – eine historisch belegte Figur – verfasst hat, spielt das mit einer diabolischen Genüsslichkeit. Zerrissen zwischen der drakonischen Strenge der adeligen Machtfrau und den selbstquälerischen Gedanken der von unglücklicher Liebe Gebrochenen, inszeniert sie sich selbst in eindrücklicher Theatralik. Doch was bei Delpy noch funktioniert, gerät bei den Nebendarstellern zum Problem. Die Maske eines William Hurt als gestrengem György Thurzo wirkt allzu versteinert und deklamierend. Das größte Problem ist jedoch Daniel Brühl als dessen schöner, aber schwacher Sohn Istvan: Sein Auftritt als Junker sieht verdächtig nach Karnevalsverkleidung aus und ermöglicht dem Zuschauer keinen wirklichen Zugang zu der Figur, die die ansonsten stimmige Szenerie durch ihre pure Anwesenheit platzen lässt. Hier gelingt es auch der Regisseurin nicht, glaubhaft zu vermitteln, was es denn an Istvan ist, das die starke Figur der Erzebet zerbrechen lässt. Das ist schade, denn prinzipiell ist Delpy mit dem „Nachtstück“ aus dem archaischen Siebenbürgen ein nur selten expliziter Horrorfilm gelungen, dem besonders in den „Blutszenen“ stark nachwirkende Bilder entspringen. Man darf gespannt sein, wohin die dunkle Seite Julie Delpys ihre Filmkarriere noch führen wird.
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