Maman ist kurz beim Friseur
Coming-of-Age-Film | Kanada 2008 | 97 Minuten
Regie: Léa Pool
Filmdaten
- Originaltitel
- MAMAN EST CHEZ LE COIFFEUR
- Produktionsland
- Kanada
- Produktionsjahr
- 2008
- Produktionsfirma
- Equinoxe
- Regie
- Léa Pool
- Buch
- Isabelle Hébert
- Kamera
- Daniel Jobin
- Musik
- Laurent Eyquem
- Schnitt
- Dominique Fortin
- Darsteller
- Marianne Fortier (Elise Gauvin) · Elie Dupuis (Coco Gauvin) · Hugo St-Onge-Paquin (Benoit Gauvin) · Laurent Lucas (Vater Gauvin) · Céline Bonnier (Simone Gauvin, die Mutter)
- Länge
- 97 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14 möglich.
- Genre
- Coming-of-Age-Film | Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
„Mama ist beim Friseur“, lautet der Standard-Satz, den die drei Gauvin-Kinder immer wieder anwenden, wenn sie nicht über das plötzliche Verschwinden ihrer Mutter Simone reden möchten, wollen oder können. Die fürsorgliche „Maman“ hat nämlich übereilt ihre Koffer gepackt, nachdem sie vom homosexuellen Verhältnis ihres Mannes mit einem Arbeitskollegen erfuhr, und sich nach London aus dem Staub gemacht. Zurück bleiben die 15-jährige Elise, der vorpubertäre Coco, der kleine Benoît und ein von der Situation überforderter schwuler Vater, dessen Bemühungen um die Familie kaum noch wahrgenommen werden.
Schließlich ist sein Verhalten in der kanadischen Provinz Québec des Jahres 1966 ungeheuerlich, und nach der Flucht der Mutter muss er auch den Kindern als sanftmütiges Monster erscheinen. Elise tut, was sie tun muss und auch schon früher getan hat, sie nimmt sich ihrer kleineren Brüder an und achtet darauf, dass zumindest die kleinen Gauvins zusammenhalten. Keine ganz leichte Aufgabe, da die beiden Jungen auf jeweils eigene Art auf die Familienkrise reagieren. Coco will das Vorgefallene ignorieren und flüchtet sich in Spielereien, die in der nicht ungefährlichen Entwicklung einer Benzin betriebenen Seifenkiste gipfeln; Benoît schottet sich ab, entwickelt Aggressionen gegen sich und seine Umwelt, zerstört sein Spielzeug, zündelt und ist stundenlang nicht aufzufinden.
Keine leichte Aufgabe für Elise, die sich schöne Ferien erträumt und versucht, ihr eigenes Leben, inklusive erster sexueller Erfahrungen, in den Griff zu bekommen. Eine Aufgabe, an der sie wächst und die sie lehrt, Grenzen zu überschreiten. So hilft ihr die Freundschaft zu einem taubstummen Mann, vor dem sie alle gewarnt haben, über den schwierigen Sommer, gibt ihr Kraft, durchzuhalten und den Dingen gelassen ins Auge zu sehen.
Auf den ersten Blick ist dies ein für Léa Pool typischer Film, doch werden die Probleme eines pubertierenden Mädchens in ein sehr viel komplexeres Umfeld eingebettet. Familie kommt nicht nur als fernes Krisengebiet vor, über das man im Internat nachdenkt, sondern als Lebensmittelpunkt, dem man sich stellen muss. Dabei verleihen die abrupten Stimmungsschwankungen, die unerwarteten Heiterkeitsmomente, die Lust an einer ungewohnt skurrilen Ebene dem Film stets neue Facetten, drehen ihn immer wieder in einen anderen Wind. So gesehen, ist „Maman est chez coiffeur“ der seit Jahren ausgereifteste Film von Léa Pool, die zeigt, dass Kindheit mit unerklärlichen Schrecken verbunden ist, aber auch einen ganz eigenen Zauber in sich birgt.
Léa Pool präsentiert eine bunte, vielfältige Welt voller Geheimnisse und Unwägbarkeiten, die auch Stimulanz für eine Heiterkeit sein kann, die aus dem Inneren kommt. Unterstützt wird diese Stimmung durch eine vorzügliche Kameraarbeit, die den „Canadian summer“ voll zur Geltung bringt, sowie durch zeitgenössische Musiktitel, die die nostalgische Note des Films unterstreichen.