Basierend auf historischen Aufzeichnungen des späteren Papstes Pius II., präsentiert der Film die Ränke und Intrigen während der Papstwahl des Jahres 1458. Die Inszenierung auf Fernsehspiel-Niveau setzt auf den Reiz der Schlüssellochperspektive und vermittelt dabei zu wenig an historischem Hintergrund der Figuren und der Zeitumstände.
- Ab 14.
Das Konklave
- | Deutschland/Kanada 2006 | 100 Minuten
Regie: Christoph Schrewe
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Filmdaten
- Originaltitel
- THE CONCLAVE
- Produktionsland
- Deutschland/Kanada
- Produktionsjahr
- 2006
- Produktionsfirma
- SHIP Studio Hamburg Prod./Telefilm Canada/ARD Degeto
- Regie
- Christoph Schrewe
- Buch
- Paul Donovan
- Kamera
- Mathias Neumann
- Musik
- Ari Wise
- Schnitt
- Thorben Bieger
- Darsteller
- Manu Fullola (Rodrigo Borgia) · Brian Blessed (Aeneas Sylvius Piccolomin) · James Faulkner (Guillaume D'Estouteville) · Peter Guinness (Latino Orsini) · Lolo Herrero (Pedro)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Basierend auf den Aufzeichnungen des Kardinals Aeneas Sylvius Piccolomini, des späteren Papstes Pius II. (1458-64), konzentriert sich der Film auf die Auseinandersetzungen während der drei Tage des Konklave im Jahr 1458. Die Figur, deren Perspektive der Zuschauer teilt, ist Rodrigo Borgia, Spross jener berühmt-berüchtigten Familie, der später selbst Papst (Alexander VI., 1492-1503) werden sollte. Zum Zeitpunkt der Filmhandlung ist er noch Kardinalvizekanzler des Papsts, seines Onkels Calixtus VI.. Die Nachricht, dass dieser im Sterben liege, erreicht Rodrigo beim Schäferstündchen mit seiner Geliebten Vanozza. Der Tod des Papstes bringt für die Borgias Gefahren, denn nun schlagen die zurück, denen der Machtzuwachs der ursprünglich aus Spanien stammenden Familie ein Dorn im Auge ist. Rodrigos Bruder flieht nach Ostia, während Rodrigo sich verborgen hält, bis das Konklave beginnt. Als Kardinalvizekanzler hätte er dieses zu leiten, aber er reklamiert Unerfahrenheit und übergibt die Aufgabe an den dienstältesten Kardinal, den Franzosen Guillaume d’Estouteville, der selbst die größten Ambitionen auf den Papst-Thron hat. Zu seinem Gegenspieler wird Kardinal Aeneus Sylvius Piccolomini, der sich, wenig bescheiden, als Mann des Glaubens und damit als perfekte Gegenfigur zum Machtpolitiker d’Estouteville anpreist. Es beginnt ein hartes Ringen, bei dem d’Estouteville mit Überredung und Bestechung genügend Kardinäle auf seine Seite ziehen will. Wesentlichen Anteil am Intrigenspiel haben die Kardinäle Orsini und Colonna. Orsini hat 5.000 Soldaten unter seinem Befehl und schreckt auch vor Mord an Rodrigos Bruder nicht zurück. Das Konklave steuert auf eine Pattsituation zu, bis Rodrigos Seitenwechsel zu Piccolomini die Entscheidung herbeiführt.
Der Film bietet einen Blick durchs Schlüsselloch: Ränke und Rüpeleien bei der geheimen Papstwahl. Vielleicht mag vieles im Mittelalter so gewesen sein: dass Kardinäle Mätressen hatten, dass es oft rau und weltlich zuging, dass Machtinteressen auch mit Gewalt durchgesetzt wurden. Doch der Film arbeitet den historischen Hintergrund nicht auf, sondern präsentiert Historie als ein für einen modernen Betrachter eher befremdliches Spektakel. Unklar bleibt, was der Film eigentlich will. Will er eine Geschichtsstunde sein? Oder ein Kommentar zur heutigen Zeit? Geht es um Kirchenkritik, die im historischen Gewand daherkommt, oder um die exemplarische Aufarbeitung eines Konfliktes von Religion und Politik, von Glaube und politischer Macht? Eines ist der Film auf keinen Fall: ein religiöser Film. Im Mittelpunkt stehen allein die machtpolitischen Strategien. Da wird geschachert, eingeschüchtert, da werden mit Mafia-Methoden Drohungen umgesetzt. Die Figuren kommen als Typen daher. Zu deren Biografien gibt es allenfalls Stichworte. Piccolomini war ein gebildeter Humanist mit bewegter Lebensgeschichte als Dichter, Lebemann, kaiserlicher Sekretär und Kirchenfürst. Im Film erscheint er als bäuerlicher Typ mit vorlauter Zunge, der ein Gegengewicht zu dem aristokratischen d’Estouteville darstellt. Man sagt von ihm, er sei ein belesener Mann, dies bleibt aber eine rein verbale Beschreibung, in seinem Handeln drückt es sich nicht aus. Ähnliches gilt für seine Glaubensüberzeugungen. Dass Piccolomini unter all den machtbesessenen Kardinälen der einzige ist, der den Vorzug hat, an Gott zu glauben, ist eine Behauptung, die er selbst aufstellt, als er mit unflätigen Beschimpfungen d’Estouteville erst diskreditiert, um sich dann selbst vorzuschlagen. Immer wieder gibt es Szenen, die Figuren beim Gebet zeigen. Da man aber nichts über ihre religiösen Überzeugungen erfährt, wirken sie wie ein wenig glaubwürdiges Posieren. Rodrigo Borgia, der selbst ein skrupelloser Machtpolitiker war, wird im Film überraschenderweise zum nachdenklichen jungen Mann, der durch seine Entscheidung die Wahl entscheidend beeinflusst. Es fehlt den Figuren an Substanz, was durch gute schauspielerische Leistungen nicht ausgeglichen werden kann. Die kammerspielartige Inszenierung lässt zudem allzu deutlich erkennen, dass der Film ursprünglich fürs Fernsehen gemacht wurde, wobei besonders die teilweise computergenerierten Räume und Massenszenen unrealistisch wirken. Stoff für Diskussionen kann der Film durchaus bieten, aber ohne vertiefende Erläuterungen zu den historischen Zusammenhängen fehlt dazu die nötige Basis.
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