Originäre Geschichten scheinen im Kino augenblicklich nicht gefragt; stattdessen werden die vergangenen Filmjahrzehnte nach allen erdenklichen potenziellen Remake-Stoffen durchforstet und die restlichen Energien dafür verwendet, allem, was leidlich erfolgreich war, möglichst bald Teil zwei und drei folgen zu lassen. Nun kann man nicht sagen, dass „Lucky # Slevin“ den Unterhaltungsfilm neu erfunden hat; der Film weist aber eine erfrischende Eigenständigkeit auf – und bekommt trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, keinen Kino-, sondern nur einen DVD-Start. Das Drehbuch dringt tief in die Welt des organisierten Verbrechens ein: Ganz weit oben stehen zwei mächtige Mafia-Clans. Deren Spitze bilden wiederum „The Boss“ und „The Rabbi“. Der eine meint, der andere hätte ihm wieder einmal den Fehdehandschuh geworfen und den Thronfolger des Imperiums getötet. Um es mit gleicher Münze heimzuzahlen, beauftragt er dafür nun einen Auftragskiller. Schließlich ist noch ein ganz normaler Loser namens Slevin mit von der Partie, der fälschlicherweise beschuldigt wird, beiden Organisationen viel Geld zu schulden, und somit mehr oder minder freiwillig zwischen alle Fronten gerät.
Paul McGuigan, der mit „Gangster No. 1“
(fd 34 669) das Gangster-Genre ausgetestet hat, gelingt mit seinem neuen Film ein sehr solider Vertreter der Gattung. Gern folgt man der von ihm gesponnenen Handlung, mal mehr, mal weniger verwirrt, um am Ende angenehm überrascht zu sein. Coole, (pseudo-)philosophische Dialoge, eine geschickt die Spannungsschraube drehende Handlung und ein erträgliches Quäntchen Brutalität, gepaart mit ein wenig absurdem Humor – das sind die wesentlichen Ingredienzien des Films, dessen Kapital indes in seinen Darstellern steckt. Es ist ebenso verwunderlich wie atemberaubend, dass es den (nicht gerade etablierten) Machern gelungen ist, für jede der vielen tragenden Rollen einen hochkarätigen Mimen zu gewinnen. Am Honorar kann es bei der deutsch-amerikanischen Low-Budget-Produktion nicht gelegen haben, was den Eindruck erhärtet, dass das Drehbuch in der Tat bemerkenswert sein muss. Bedauernswert dagegen ist es, dass dieses originäre, exquisit besetzte, zudem noch sehr ansprechend in Szene gesetzte Werk (dessen Inszenierungsstil ein wenig an den Guy Richies erinnert) hierzulande nicht ins Kino kam. Dass dieses Kleinod jetzt als DVD-Premiere reüssiert, ist nur ein schwacher Trost für ein verschenktes Ereignis im derzeit an Highlights eher raren Kinoeinerlei.