- | Frankreich/Spanien 2005 | 91 Minuten

Regie: Luc Besson

Ein von Schuldeneintreibern geplagter Pariser Kleinganove will sich von einer Brücke in die Seine stürzen, wobei er unerwartet zum Retter einer offenbar ebenfalls lebensmüden geheimnisvollen Frau wird. Die Schöne weicht ihm fortan nicht mehr von der Seite und erweist sich alsbald als Engel, der beauftragt ist, ihm neuen Lebensmut zu vermitteln. Auf der Basis einer eher dünnen, gleichwohl reizvollen Handlung jongliert Luc Besson technisch virtuos mit Erzählmustern, Bildchiffren und Klischees und entwickelt in atmosphärischen Schwarz-weiß-Bildern eine skurril-schöne "Dramödie" als ebenso lyrische wie amüsante, melancholische wie bizarre Variation über die (Selbst-)Findung eines außergewöhnlichen Liebespaars. - Ab 14 möglich.
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Filmdaten

Originaltitel
ANGEL-A
Produktionsland
Frankreich/Spanien
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Europa Corp./Apipoulaï/TF1 Films
Regie
Luc Besson
Buch
Luc Besson
Kamera
Thierry Arbogast
Musik
Anja Garbarek
Schnitt
Frédéric Thoraval
Darsteller
Jamel Debbouze (André) · Rie Rasmussen (Angel-A) · Gilbert Melki (Franck) · Serge Riaboukine (Pedro) · Akim Chir
Länge
91 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14 möglich.
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Universum (16:9, 2.35:1, DD5.1 frz./dt.)
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Diskussion
Luc Besson war in den vergangenen Jahren vor allem als Drehbuchautor und Produzent auf der Leinwand präsent. Das Gütesiegel seines Namens, mit dem durchschnittliche bis peinliche Filme wie „Die Purpurnen Flüsse 2 – Die Engel der Apokalypse“ (fd 36 423) oder „Unleashed – Entfesselt“ (fd 37 053) beworben wurden, hat dabei einige Schrammen abbekommen. Mit „Angel-A“ kehrt er nun ins Regiefach und zu anspruchsvoller Qualität zurück. Wie oft im romantisch-fantastischen Filmuniversum Bessons steht ein ungleiches Paar im Zentrum. In „Nikita“ (fd 28 396) waren es die Killerin und der Kassierer, in „Léon – Der Profi“ (fd 31 164) erneut ein Killer, vor allem aber ein Mann und ein Mädchen, in „Das fünfte Element“ (fd 32 718) eine Überirdische und ein Mensch. In „Angel-A“ begegnen sich nun ein blonder, langbeiniger Engel und ein kleingewachsener marokkanischer Gauner auf einer Brücke in Paris. Dem Kleinganoven André sitzen gleich mehrere skrupellose Gläubiger im Nacken. Die erste Einstellung zeigt ein Standbild des bärtigen Maghreb-Franzosen. Aus dem Off schwadroniert er, dass er eigentlich ein amerikanischer Geschäftsmann sei, 28 Jahre alt, mit einer schicken Wohnung in New York. Seine Olivenölgeschäfte liefen prächtig, sein Leben sei wunderbar. Dann läuft das Bild weiter, eine Faust fliegt, und André liegt am Boden. Drei Typen stehen über ihm, das Messer gezückt, sie wollen Geld sehen. Sie geben André noch bis zum Ende des Tages Zeit. Wenig später haben ihn schon die nächsten Geldeintreiber in der Mangel. Ein hünenhafter Mobster lässt ihn in schwindelerregender Höhe von der Aussichtsplattform des Eifelturms baumeln. Wieder bekommt André ein Ultimatum gestellt, und jetzt kann er sich nichts mehr vormachen: Er hat versagt, weiß nicht mehr weiter. Der ehemalige Stand-up Comedian Jamel Debbouze verleiht André die Aura eines sympathischen Verlierers, eines traurig-komischen Helden und nachmodernen Don Quichotte im alltäglichen Überlebenskampf. Verzweifelt trottet André zur Polizei, um sich für einige Tage einsperren zu lassen. Aber die Beamten weigern sich. „Ein Marokkaner ohne Papiere, wo ist das Problem?“, brüllt er sie an. Doch statt im Knast landet er hochkant auf der Straße. Eine kurze Lachnummer, ein wenig absurdes Theater liefert die Szene; doch bei aller Komödie schwingt ein melancholischer Grundton mit. Die schwebenden Klänge von Anja Garbarek und das kontrastreich ausgeleuchtete Schwarz-weiß tragen ebenso zur eigentümlich surrealen Atmosphäre bei, die zwischen Neo-Noir, Klamauk und Melodram changiert. Die Ultimaten verstreichen, André weiß keinen anderen Ausweg mehr, als seinem Leben ein Ende zu bereiten. Als er sich von einer Brücke in die Seine stürzen will, entdeckt er neben sich eine hübsche Blondine, die offenbar dasselbe vorhat. Die Fremde springt – und er ihr hinterher. Kurzentschlossen zieht er sie aus dem Wasser. Angela dankt es ihm, indem sie nicht mehr von seiner Seite weicht. Neben der geheimnisvollen Schönen fasst André neuen Lebensmut. Während er den Gangsterboss Franck um einen weiteren Zahlungsaufschub anbettelt, räkelt sich Angela lasziv auf der Fensterbank. Kurz darauf verschwindet sie mit Franck im Nebenzimmer – danach sind Andrés Schulden getilgt. Angela aber nimmt sich nicht nur seiner Geldprobleme an. Vor allem will sie sein Selbstbewusstsein stärken. Sie bringt ihm bei, sich im Spiegel anzuschauen und zu sich selbst zu sagen: „Ich liebe dich“. Fast kitschig-trivial gerät diese Lektion in Sachen nicht-narzistischer Selbstliebe. Doch nur beinahe. Besson jongliert mit teuflisch vielen Klischees, aber keines gerät außer Kontrolle. Debbouze und die wunderbare Rie Rasmussen ergänzen sich so perfekt, als seien sie ein altbewährtes Kino-Duo. Insgesamt hat der Film vier „Hauptfiguren“: André und Angela, das poetische Schwarz-weiß und das liebevoll in Szene gesetzte Paris. Dabei übersieht man beinahe, dass die Geschichte eigentlich recht dünn ausfällt. Am Kaffeetisch gesteht und beweist Angela dem ungläubigen André, dass sie ein übernatürliches Wesen ist: ein als Hure verkleideter Engel. Der weibliche Engel und der Ganove: damit treibt Besson den handlungsstiftenden Rollenkontrast auf die Spitze. Das verführerische Himmelsweib Angela reiht sich ein in die Phalanx der mythisch überhöhten Frauenfiguren in Bessons Œuvre vom animalischen Biest bis zur jungfräulichen Heiligen, wobei er seine Charaktere diesmal an der Grenze zum Grotesken ansiedelt, aber bis zum verunglückten melodramatischen Schluss stets jenseits davon bleibt. Aus dem Wechselspiel der Gegensätze entspinnt sich eine dynamische Entwicklung, an deren Ende die beiden Protagonisten voneinander gelernt haben. Besson installiert die symbolisch korrespondierenden, gleichsam magnetischen Pole Frau-Mann und Engel-Mensch, um sie nach und nach ineinander aufzulösen – der Mann entdeckt seine weibliche Seite, der Engel menschliche Gefühle. Die Verwandlung Andrés entwickelt sich zur skurril-schönen „Dramödie“, einer ebenso lyrischen wie lustigen, melancholischen wie bizarren Variation über das Bibelwort „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Die Metamorphose Angelas handelt Besson in den Schlussminuten indes allzu hektisch ab, als wolle er das Unvermeidliche möglichst rasch hinter sich bringen. Mit dem Ende gerät die sorgsam gewahrte Balance zwischen Kitsch und Karikatur zugunsten eines rührseligen Mainstream-Effekts aus dem Gleichgewicht, und der über weite Strecken faszinierend schillernde Film bekommt einen schalen Nachgeschmack.
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