Zaïna - Königin der Pferde

Abenteuer | Algerien/Frankreich/Deutschland 2005 | 101 Minuten

Regie: Bourlem Guerdjou

Ein märchenhaftes Abenteuer wie aus 1001 Nacht: Ein zwölfjähriges Mädchen muss sich nach dem Tod seiner Mutter mit seinem leiblichen Vater arrangieren. Vor dem Hintergrund des berühmtesten Pferderennens von Marokko behauptet es sich in einer Männergesellschaft und gegen eine wilde, oft unbarmherzige Natur. Großartig fotografierte und einfühlsam gespielte Initiationsgeschichte voller spannender Momente, die zugleich eine fremde Kultur erhellt und diese unaufdringlich emanzipatorisch einbezieht. - Sehenswert ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
ZAINA, CAVALIÈRE DE L'ATLAS
Produktionsland
Algerien/Frankreich/Deutschland
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Rezo Prod./Prokino/France 3 Cinéma/FCC
Regie
Bourlem Guerdjou
Buch
Bourlem Guerdjou · Juliette Sales
Kamera
Bruno de Keyzer
Musik
Cyril Morin
Darsteller
Aziza Nadir (Zaïna) · Michel Favory (Abdellatif) · Sami Bouajila (Mustapha) · Simon Abkarian (Omar) · Assaad Bouab (Kadour)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 10.
Genre
Abenteuer
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Paramount (1:1,78/16:9/Dolby Digital 5.1)
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Diskussion
Irgendwann, irgendwo in der kargen Berglandschaft des Atlas-Gebirges: Die zwölfjährige Zaïna steht am Grab ihrer Mutter Selma, die bei einem Streit mit deren ungeliebtem Mann Omar unglücklich zu Tode gestürzt war. Zaïna weigert sich, in das Haus ihres Stiefvaters zurückzukehren. Lieber schließt sie sich ihrem leiblichen Vater Mustapha an, einem Nomaden. Der hatte die schwangere Selma einst aus Stammesräson verstoßen, weil sie verbotenerweise am Agdal-Pferderennen teilgenommen hatte, das nur Männern vorbehalten ist. Jetzt ist er wieder auf dem Weg nach Marrakesch, um mit den besten Reitern und Pferden seines Stammes an dem Rennen teilzunehmen. Zaïna ist für ihn eher eine Belastung auf dem von mordlüsternen Pferdedieben gesäumten Weg über verschneite Berge und durch glühenden Wüstensand. So dauert es eine Weile, bis sich die beiden gegenseitig respektieren. Omar, einst Mustaphas Rivale um Selmas Gunst, verfolgt die Gruppe, um Zaïna notfalls mit Waffengewalt zurückzuholen. Zwar können die Nomaden die Angriffe abwehren, doch irgendwann verweigern sich Mustaphas Begleiter und stürzen ihn in eine Schlucht. Mit Hilfe seines Hengstes Zingal kann Zaïna ihn retten und nach Marrakesch bringen, wo er beim Duell mit Omar erneut verletzt wird. Da beschließt Zaïna, an Mustaphas Stelle am Rennen teilzunehmen und ringt Omar das Versprechen ab, sie gehen zu lassen, falls sie das Rennen gewinnt. Schon in seinem 1999 in Venedig preisgekrönten Spielfilmdebüt „Vivre au paradis“ über das Leben in einem französischen Migranten-Ghetto schilderte Bourlem Guerdjou eine Initiationsgeschichte vor politischem Hintergrund der 1960er-Jahre. In „Zaïna“ benutzt er nun die Topoi des orientalischen Märchen- und Abenteuerfilms, um die zeitlose Geschichte eines Mädchens zu erzählen, das seine Gefühle zu erforschen beginnt und sich gegen die patriarchalische Gesellschaftsordnung auflehnt. Die Pferde, obwohl ständig im Bild, sind nur das emotionale Bindeglied der aufkeimenden Zuneigung zum lange vermissten Vater und werden nie zur in Tierfilmen häufig anzutreffenden Vermenschlichung missbraucht. Außergewöhnlich ist, dass auch die Dialoge die Zeitlosigkeit der Geschichte widerspiegeln und sich jedem „modernen“ Umgangston verweigern. Guerdjou erzählt hauptsächlich über die Bilder. Aber auch seiner ausdrucksstarken Hauptdarstellerin Aziza Nadir ist es zu verdanken, dass die Handlung durch Blicke und Gesten vorangetrieben wird, und man Zaïnas Innerstes erahnt. Die atemberaubenden CinemaScope-Bilder lesen in ihrem Gesicht wie in einem offenen Buch, während sie die majestätischen Landschaftspanoramen fern aller folkloristischen Klischees in die Handlung einzubinden wisen. Auch Cyril Morins Soundtrack versteht es wie schon in „Die syrische Braut“ (fd 36970), arabische Folklore und melancholische Streichersätze zu einem stimmungsvollen orientalischen Klangteppich zu verweben. Der respektvolle Umgang mit der maghrebinischen Kultur und den Traditionen der Nomaden wird unaufdringlich mit dem Schicksal der Personen verflochten: Während Zaïna von ihrem Vater den Umgang mit Pferden lernt, hat ihre Mutter sie in die heilende Wirkung von Kräutern eingeweiht. Von Selma stammt auch die Aufmüpfigkeit gegen die Allmacht der Männer, die sie Omar entgegnen lässt: „Ich habe das Recht zu leben, wie ich will und mit wem ich will.“ Das klingt nicht einmal altklug aus dem Mund dieses starken Mädchens. Vielleicht ist die Euphorie über Zaïnas gelungenen Coup, mit der am Ende die Frauen ihre Männer anstecken, allzu optimistisch angesichts der tatsächlichen Rolle der Frau im Islam. Doch einem Märchen ist die Überhöhung gestattet, besonders, wenn es so unverkrampft daherkommt wie hier.
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