Nachdem ihr Ehemann wortbrüchig geworden ist und wieder seine Fußballstiefel schnürt, um seinem abstiegsbedrohten Verein aus der Klemme zu helfen, stellt eine junge Frau unter Beteiligung anderer vernachlässigter Spielerfrauen ein weibliches Team auf die Beine, das den Männern Paroli bietet. Der detailfreudige Fußballfilm verdichtet sich teilweise zur Parodie auf Spießigkeit und Kleinkariertheit und präsentiert seinen Geschlechterkampf mit angenehmem Unterhaltungswert. Die (Fußball-)Szenen sind dabei von einer nahezu rührenden Naivität, was dem Ganzen zusätzlich einen eigenwilligen Charme verleiht.
- Ab 12.
FC Venus - Angriff ist die beste Verteidigung
Sportfilm | Deutschland 2006 | 100 Minuten
Regie: Ute Wieland
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2006
- Produktionsfirma
- Wüste Filmprod./Egoli Tossell/Seven Pic./Zweite Medienfonds German Filmprod.
- Regie
- Ute Wieland
- Buch
- Jan Berger
- Kamera
- Peter Przybylski
- Musik
- Oliver Biehler
- Schnitt
- Martina Matuschewski
- Darsteller
- Nora Tschirner (Anna Rothe) · Christian Ulmen (Paul Bruhn) · Florian Lukas (Steffen Hagen) · Sandra Borgmann (Katja Hagen) · Anneke Kim Sarnau (Kim Wagner)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Sportfilm | Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Mittlerweile wirft das multimediale Mega-Event „Fußball-WM“ auch im Kino erste Schatten voraus. Wo Sönke Wortmann vor Jahren noch mit viel Pathos von der Geburt einer Nation auf dem Grün des Berner Wankdorfstadions erzählen konnte („Das Wunder von Bern“, fd 36 169), dreht Ute Wieland nun mit ihrer opulent besetzten Ensemblekomödie „FC Venus – Angriff ist die beste Verteidigung“ den Spieß einfach um. Sie nutzt Fußball lediglich als klischeebehafteten Rahmen, als etwas aus der Zeit gefallenes Vehikel, um vom Stand des Geschlechterkampfes in den Speckgürteln der Städte zu erzählen. Elf Freunde plus Anhang, das sind mindestens ein Dutzend mehr oder weniger ausgearbeiteter Geschichten. Dieses Erzählpotenzial gebraucht „FC Venus“ mit amüsanter Unbekümmertheit als Basis einer Variation von Beziehungskisten. Paul und Anna leben als glückliches Paar in Berlin. Paul hat aus lauter Liebe zur Fußballverächterin Anna sogar seiner tief sitzenden Kickerleidenschaft abgeschworen. Doch da erreicht ihn ein Hilferuf aus seiner alten Heimat: Sein Kreisklassenverein Eintracht Imma 95 steht kurz vor dem Abstieg, weil der beste Spieler Udo Glock gegen den Torpfosten donnerte und nun auf der Intensivstation liegt. Der einst erfolgreiche Spieler Paul könnte helfen, sagt sein alter Kumpel Steffen. Leider ist Anna eine erklärte und ausgesprochen intolerante Fußballhasserin, wofür sie sogar gewichtige Gründe hat. Doch für Paul scheint dieses Problem nach dem Umzug in die Provinz lösbar. Leider unterschätzt er dabei Anna. Kurze Zeit, einige Lügen und amüsante Verwicklungen später sehen sich die elf Freunde von Imma 95 einem unerwarteten Gegner gegenüber – den eigenen Partnerinnen. Die Wette gilt: Schluss mit Fußball oder ewiges Hausfrauendasein. Und das ist erst der Anfang. Man kann sagen: „FC Venus“ ist zugleich männerfeindlich, frauenfeindlich, fußballfeindlich und vor allem feindlich gegenüber den Bewohnern der Schlafstädte, deren Spießigkeit und Kleinkariertheit hier lustvoll durchdekliniert wird. Somit hat der Film einen angenehmen Unterhaltungsfaktor, weil er so liebevoll gearbeitet ist, dass die Vermutung nahe liegt, er wisse, wovon er spricht. Das fängt beim Beckham-Verschnitt Marc an und hört bei der Besetzung des St. Pauli-Torhüters Volker Ippig als Udo Glock noch lange nicht auf, der gern als Heiland mit viel Licht im Rücken inszeniert wird. Angela Merkels süffisanter Hinweis auf den Erfolg der Frauen-Nationalmannschaft findet sich ebenso wie Jürgen Klinsmanns legendäre Attacke gegen die Bandenwerbung, als er einmal ausgewechselt wurde. Selbstredend sind die Thesen, dass Frauen prinzipiell von der Fussballleidenschaft ihrer Männer genervt sind, dass Frauen, wenn sie denn richtig trainiert werden, ihren Mann stehen, dass Machos homophob sind oder Männer und Frauen eigentlich ganz gut zusammenpassen, allesamt grob gewirkte Plattitüden auf dem Comedy-Niveau des Privatfernsehens. Da der Film jedoch nach allen Seiten austeilt, hat in dieser so bunten wie harmlosen Nummernrevue jeder etwas zu lachen. Zudem: „FC Venus“ ist ein Fußballfilm traditioneller Machart, vergleichbar mit Genre-Klassikern wie „Fimpen, der Knirps“ (fd 18 861). Tatsächlich interessiert sich „FC Venus“ für ganz andere Dinge als die Illusion, dass Schauspieler die Körperlichkeit von „richtigen“ Fußballern und „richtigem“ Fußballspiel zu imitieren wüssten. Im Gegensatz zu einem ambitioniert gescheiterten Film wie „Goal“ (fd 37 297), in dem echte Fußballprofis mitwirkten, wird in „FC Venus“ so naiv gekickt wie in „Fimpen“. Die Kamera zeigt Beine und Ball in Bewegung oder wie Gegenspieler aus dem Weg springen. Wenn der Film dann die auflösende Totale aufs Spielfeld wagt, sieht man Nora Tschirner allein auf weiter Flur und nicht sonderlich ballbegabt ihres Weges ziehen. Zu keinem Zeitpunkt will es „FC Venus“ mit den zirzensischen Werbespots aufnehmen, in denen Ballack und Ronaldinho ihre akrobatischen Künste zeigen. Zu den sportlichen Höhepunkten zählt hier bereits ein atemberaubendes Laufduell zwischen Heinz Hoenig und Nora Tschirner, dessen Inszenierung wie ein Special-Effects-Gewitter erscheinen muss. In den Tagen der WM-Vorbereitung, in denen man sich als Zeuge einer feindlichen Übernahme des Landes durch die FIFA und ihre Sponsoren wähnt, geht „FC Venus“ dorthin, wo Fußball noch „unser Leben“ (gewesen) sein soll, wo Enthusiasmus noch Lebenskrisen evozierte, in die Welt der Kreisklassen, irgendwo in der Provinz in den 1970er-Jahren. Damals hätten Peter Alexander, Georg Thomalla und Gunter Philipp sicher ihren Spaß gehabt im virtuellen „Blutgrätsche“-Vereinsheim des „FC Venus“.
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