Ein junger Graffiti-Sprayer führt das Dasein eines Einzelgängers ohne viel Kontakt zu anderen. Obwohl der Impuls, sich im öffentlichen Raum namentlich zu verewigen, ein gesteigertes Mitteilungsbedürfnis erahnen lässt, zwingt ihn allein schon die Illegalität seiner Kunst zur Verstohlenheit. Der als semidokumentarische Alltagsbeobachtung angelegte, wortkarge und handlungsarme Spielfilm überzeugt durch ein hohes Maß an Authentizität, wobei er einen Großteil seiner Wirkung aus der orientalisch angehauchten Triphop-Musik bezieht, die dem Film einen sanft fließenden Rhythmus verleiht. (O.m.d.U.)
- Ab 14.
Graffiti Artist
- | USA 2004 | 82 Minuten
Regie: Jimmy Bolton
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Filmdaten
- Originaltitel
- THE GRAFFITI ARTIST
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2004
- Produktionsfirma
- Mettray Reformatory Pictures
- Regie
- Jimmy Bolton
- Buch
- Jimmy Bolton
- Kamera
- Sarah Levy
- Musik
- Kid Loco
- Schnitt
- Elizabeth Edwards
- Darsteller
- Ruben Bansie-Snellman (Nick) · Pepper Fajans (Jesse) · Daniel Parker (Jesses Freund) · Lucas Cooke (Jesses Freund) · Dan Stigner (Jesses Freund)
- Länge
- 82 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Anfangssequenzen eines Films ohne Dialoge auskommen, denn ohne Worte lassen sich Atmosphäre und Erzählton mitunter besonders suggestiv etablieren. Doch solche Verschwiegenheit wird in der Regel schnell abgelegt, sobald der letzte Anfangstitel von der Leinwand verschwunden ist. Im Falle von „The Graffiti Artist“ setzt sich dagegen nach einigen Minuten, in denen kein einziger Satz fällt, allmählich die Erkenntnis durch, dass dieser sympathische Independent-Film insgesamt nur sehr wenige Worte machen wird. Das ist dem Sujet angemessen, denn im Zentrum der Handlung steht ein Graffiti-Sprayer, und obwohl der zwanghafte Impuls, sich im öffentlichen Raum namentlich zu verewigen, ein gesteigertes Mitteilungsbedürfnis erahnen lässt, zwingt die Illegalität dieser Kunst doch zur Verstohlenheit. Folgerichtig ist der Protagonist zunächst stets allein, wenn er nachts seinen Künstlernamen auf Häuserwände und Eisenbahnwaggons sprüht. Allerdings scheint Nick auch sonst das Dasein eines Einzelgängers zu führen, denn er hat auch tagsüber wenig Kontakt zu anderen.
Regisseur, Autor und Produzent James Bolton legt seinen zweiten Spielfilm als semidokumentarische Alltagsbeobachtung an. Der Alltag eines Graffiti-Künstlers besteht hier, abgesehen vom Sprayen, vor allem aus Skateboard-Fahren und gelegentlichen Ladendiebstählen. Dass die Banalität des handlungsarmen Geschehens nicht langweilt, liegt vor allem daran, dass der beabsichtigte Eindruck der Authentizität sich tatsächlich einstellt, weil mit sichtlich einfachen Mitteln in den Straßen der beiden Handlungsorte, Portland und Seattle, gedreht und beide Hauptrollen mit Laien besetzt wurden. Ebenso großen Anteil dürfte die orientalisch angehauchte Triphop-Musik von Kid Loco haben, die dem Geschehen einen sanft fließenden Rhythmus verleiht. Dieser wird auch nicht forciert, als Nick nach einer Festnahme den Ort wechselt und die Bekanntschaft von Jesse, einem anderen Sprayer, macht. Selbst als die beiden wortkargen jungen Männer ein Paar werden, schildert Bolton, ein Protegé von Gus van Sant, dies mit unveränderter Beiläufigkeit, wobei die Motive und Hintergedanken Jesses mehrdeutig bleiben. Während das von großen, ernsten Augen bestimmte Gesicht des Hauptdarstellers Ruben Bansie-Snellman keinen Zweifel an Nicks naiver Ehrlichkeit lässt, kokettiert Jesse bezeichnenderweise damit, dass er die Kellnerin in einem Café hübsch finde, bevor er sich auf Sex mit seiner neuen Männerbekanntschaft einlässt. Wenn später in einem Streit mehr Worte gemacht werden als zuvor im ganzen Film, und wenn schließlich ein Graffito zu einer plakativen Botschaft gerät, dann führt dies noch einmal vor Augen, dass es diesem wortkargen Film an Dramatik und Bedeutung gar nicht gemangelt hat.
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