Indian Love Story

Melodram | Indien 2003 | 186 Minuten

Regie: Nikhil Advani

Ein neuer Nachbar entwickelt sich für das Gefühlsleben einer attraktiven Inderin in New York gleichsam zum Segen und zum Fluch: Er gewinnt die Zuneigung ihrer durch Zwistigkeiten zerrütteten Familie, schließt aber auch Freundschaft mit ihrem besten Freund, der seinerseits erstmals Eifersucht empfindet. Das komplizierte Dreiecksverhältnis wandelt sich zur Tragödie, weil der Nachbar todkrank ist. Ein in New York entstandenes "Bollywood"-Melodram, das seiner märchenhaften und exotischen Ursprünglichkeit entfremdet wirkt und sich als überzogenes Drama erweist, das zwar kurzweilig, aber überaus gefühlskitschig unterhält. (O.m.d.U.) - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
KAL HO NAA HO
Produktionsland
Indien
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Dharma Productions
Regie
Nikhil Advani
Buch
Karan Johar
Kamera
Anil Mehta
Musik
Shankar Mahadevan · Loy Mendonsa · Ehsaan Noorani
Schnitt
Sanjay Sankla
Darsteller
Shahrukh Khan (Aman) · Preity Zinta (Naina) · Saif Ali Khan (Rohit) · Jaya Bachchan (Jennifer) · Lillete Dubey (Jaswinder ("Jazz"))
Länge
186 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Melodram
Externe Links
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Heimkino

Die Special Edition (2 DVDs) enthält u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen sowie ein ausführliches "Making of".

Verleih DVD
REM (16:9, 2.35:1, DD5.1 Hindi/DD2.0 dt.)
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Diskussion
Edle Helden, schöne Prinzessinnen, großartige Schätze, geheimnisvolle Bande, prunkvolle Paläste, Stolz, Ehre und das klassische „Wenn sie nicht gestorben sind...“ Weit mehr noch als die Geschichten etwa der Gebrüder Grimm sind jene aus „1001 Nacht“ der Inbegriff für das Märchenhafte, entführen sie doch nicht nur in ein Reich voller Zauber und Magie, sondern auch in ein Land, das nicht von dieser Welt ist. Dort kann passieren, was will, weil die Bereitschaft, alles zu glauben, mit der Distanz von Morgen- und Abendland ins Unermessliche steigt. Im Kontext des Märchenhaften wirken auch die Filme aus dem indischen „Bollywood“-Genre: Die Szenerien können nicht grellbunt genug sein, die Schauplätze nicht überzogener, die Helden nicht glamouröser, die Prinzessinnen nicht ätherischer, das Melodram nicht melodramatischer. Es darf gesungen und getanzt werden, auch wenn das Sujet ein beinharter Thriller ist. Solange das Ganze weit weg in Indien spielt, hat das alles seine Richtigund Stimmigkeit und stellt die Form per definitionem nicht in Frage.

„Bollywood“ hält langsam, aber unaufhaltsam auch Einzug ins westliche Filmverständnis, generiert sich als Trend und füllt die Kassen der Arthouse-Kinos. „Sometimes Happy, Sometimes Sad“ (fd 35 894) war der erste Film seiner Art, den die deutschen Kinogänger auf Open-Air-Festivals oder bei vollen Matinees bestaunen durften. Zusätzlich angestachelt durch Jeans-Werbung und Ethno-Hype, schlug Hollywood alsbald zurück und klonte mit „Der Guru“ (fd 33 701) und „Bollywood Hollywood“ (fd 36 008) die indischen Film-Märchen. Prompt war der Zauber verloren, ganz so wie bei den „Indischen Wochen“ von McDonalds. Mit der India-Welle geraten nun aber auch Filme ins westliche Blickfeld, die ihrerseits den Schauplatz zunehmend Richtung Westen verlegen. So kommt jetzt auch „Indian Love Story“ in die deutschen Kinos – und dürfte gründlich für Verwirrung sorgen.

Naina und Rohit praktizieren schon lange Zeit das, was zwischen Frau und Mann gemeinhin als unmöglich gilt: sie sind beste Freunde. Für die familiengeschädigte Naina ist Rohit ein Fels in der Brandung, denn wenn die Zankereien um den Familienvorsitz zwischen ihrer verwitweten Mutter und der Großmutter wieder einmal voll entbrandt sind oder wenn die drakonische alte Dame auf der jüngeren Adoptivschwester herumhackt, braucht Naina Abwechslung. Als eines Tages ein neuer Mieter ins Nachbarhaus einzieht, weht ein frischer Wind durch den krisengeschüttelten Haushalt. Mit seinem umwerfenden Charme und einer mitreißenden Natürlichkeit erobert der charismatische Aman seine Nachbarn im Sturm. Nur Naina ist zunächst ein wenig reserviert. Doch je häufiger sich beide treffen, desto intensiver wird ihre Beziehung. Ganz zum Leidwesen Rohits, der erstmals tiefe Eifersucht verspürt. Überraschenderweise sucht Aman aber auch die Freundschaft mit Rohit, denn er hat mit Naina ganz besondere Pläne. Was zunächst niemand weiß: Aman ist todkrank und wünscht sich nichts sehnlicher, als dass seine große Liebe Naina mit Rohit glücklich wird.

In den Indian Communities von New York, Los Angeles und London begann „Indian Love Story“ seinen Siegeszug im Westen und ist nun auch in Deutschland angelangt, wo der Film eher auf Interessierte als auf seine indische Zielgruppe trifft. Es ist eine Produktion, die erstmals in der Geschichte Bollywoods zur Gänze im Ausland entstand. Das mag für ein indisches Publikum eine interessante Variante sein, die ihrerseits vom Exotismus des Schauplatzes lebt; das westliche Auge sieht sich indes mit der Entwurzelung eines Märchens konfrontiert. Plötzlich passieren hier Dinge, die im Kontext von „1001 Nacht“ akzeptabel waren, in unmittelbar greifbarer Umgebung aber völlig deplatziert wirken. Die Folge davon ist, dass der Film über weite Strecken schwer genießbar wird. Der deutsche Verleih macht bereits den Anfang, in dem er den Film unter dem anglisierten Titel „Indian Love Story“ herausbringt und damit deutlich auf Arthur Hillers tragische „Love Story“ (fd 17 449) anspielt, in der Ali MacGraws und Ryan O’Neals perfekte Liebe an einer tödlichen Krankheit scheiterte. Urplötzlich verpufft die märchenhafte Stimmung; die Grundkonstruktion des Melodrams tritt „nackt“ in den Vordergrund; wobei diese die Schmerzgrenze überschreitet und „Love Story“ wie ein unspektakuläres Drama erscheinen lässt. Naina und Rohit werden als perfektes Paar etabliert. Aman ist idealer Sympathieträger, Freund und Liebhaber, aber kein Gegenspieler, der ein erst aufzulösendes Gefühlspatt erzeugen würde. Dies verschärft sich, wenn Aman eine (vermeintlich) tödliche Herzkrankheit verpasst wird, nicht ohne zuvor die tiefe Freundschaft aller Beteiligten zu etablieren. Das mündet in einem melodramatischen Showdown, der in nicht enden wollenden Schüben den Zuschauer in Tränen auflösen will. Als sei dies nicht genug, wird der Subplot um den Zwist zwischen Mutter und Großmutter und der Schmach des durch Selbstmord aus dem Leben geschiedenen Ehemanns/ Sohns in einer Weise dramatisiert, die man keinem westlichen Drama verzeihen würde. Gewiss: „Indian Love Story“ bietet perfektes, auch über drei Stunden nie langweilendes „Bollywood“-Kino, das mit den Emotionen der Zuschauer Achterbahn fährt; allerdings überschreiten selbst die Tanzeinlagen die Grenzen des Erträglichen, wenn sie mit westlicher Pop-Musik plötzlich aus dem Rahmen des Märchenhaften fallen. Was bleibt, ist das verstörende Gefühl einer Geschichte, die mitreißend schön und doch unerträglich klebrig ist.

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