Testamento
Dokumentarfilm | Deutschland 2003 | 97 Minuten
Regie: Uli Stelzner
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2003
- Produktionsfirma
- ISKA
- Regie
- Uli Stelzner · Thomas Walther
- Buch
- Uli Stelzner · Thomas Walther
- Kamera
- Thomas Walther
- Musik
- Tito Medina · Paulo Alvarado
- Schnitt
- Uli Stelzner · Thomas Walther
- Länge
- 97 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Dokumentarfilm
„Testamento“ zeigt einen willensstarken und nachdenklichen alten Mann, der unermüdlich getrieben wird, immer in Bewegung Bewegung ist; politisch, geistig intellektuell, aber auch in der physischen Bewegung: die langen Bahnen im Schwimmbad, Dauerlauf, Spaziergänge. Er ist ein zorniger alter Mann, aber auch beharrlich; immer wieder wurde er von Militär und Todesschwadronen verfolgt, ist ein zäher Kämpfer, der häufig bereits errungen Geglaubtes wie ein Kartenhaus einstürzen sah. Ein Mann, der Verfolgung jeglicher Art erlebte, auf der Liste der „zum Abschuss“ freigegebenen Staatsfeinde stand und um ein Haar sein Leben bei einem Mordanschlag verlor. „Testamento“ zeigt kein demokratisch-parlamentarisches Happy End, sondern den fortwährenden Kampf eines Einzelnen gegen die ewige Wiederkehr der Ungerechtigkeit – wenn etwa aus den Wahlen in Guatemala der ehemalige Diktator als Staatschef hervorgeht, wird Alfonso Bauer als Abgeordneter weiterkämpfen, zornig und beharrlich. Der Film zeichnet ein vielschichtiges Bild des alten Aktivisten, zeigt aber auch den Freimaurer Alfonso Bauer, der die Welt des großen Baumeisters nicht als transzendentes Konstrukt, sondern als Aufforderung zum Handeln verstanden wissen will. Auch Privates wird thematisiert: Bauer im Freundes- und Familienkreis, der in seinen faltigen Händen mit einer roten Nelke spielt.
„Testamento“ ist weit entfernt von linker Votiv-Malerei und revolutionärer Ikonen-Bildung. Im Gespräch mit seinen Kindern wird immer wieder deutlich, dass dem kontinuierlichen und leidenschaftlichen Engagement des Vaters Bauer für eine bessere Welt teilweise die eigene Familie geopfert wurde. Er hat vier seiner Kinder überlebt, und sein Sohn kann sich nur an eine bewegte Kindheit zwischen Flucht und Angst erinnern, sah, wie sein Schwager auf offener Straße von Militärs ermordet wurde, erlebte den Selbstmord einer Schwester und den Krebstod der anderen. „Testamento“ ist keine abstrakte Geschichtsstunde, sondern vermittelt die jüngere Geschichte Guatemalas und Lateinamerikas eindrucksvoll durch die Nachzeichnung eines konkreten Lebensweges. Dabei gelingt durch eine Kamera, die nah bei den Protagonisten bleibt, ein dichtes Porträt der Personen. Über diesen persönlichen Bezug wird die absurde Gegenwart des zentralamerikanischen Landes einmal mehr deutlich: nach Jahren der Massaker an der indigenen Bevölkerung sitzen die Verantwortlichen heute im Parlament, regiert der ehemalige Militärdiktator Efraím Rios Montt als „demokratischer“ Präsident. „Testamento“ ist ein faszinierendes Mosaik dieser Widersprüche, Gegenwart und Vergangenheit sind aufs Engste miteinander verzahnt; ein Dokumentarfilm, der über die faszinierende Lebensgeschichte Bauers hinaus einen komplexen Ausschnitt lateinamerikanischer Geschichte vermittelt.