Verrückt nach Paris

- | Deutschland 2001 | 90 Minuten

Regie: Eike Besuden

Drei Bewohner eines norddeutschen Behindertenheims brechen aus dem Alltag aus und gehen auf eine Reise nach Paris, wo sie von ihrem griesgrämigen Betreuer eingeholt werden. Eine sympathische Geschichte, dargestellt mit geistig und körperlich Behinderten einer Bremer Theatergruppe, die von bekannten deutschen Schauspielern unterstützt werden. Auch wenn die Figuren von den Behinderten kaum ausgelotet, von den Profis eher hölzern angelegt werden und die Inszenierung oft unbeholfen wirkt, ist der Grundton des Films aufgrund seines unverfälschten Verständnisses und seiner Offenheit bemerkenswert. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2001
Produktionsfirma
Geisberg Studios/NDR/BR/arte
Regie
Eike Besuden · Pago Balke
Buch
Eike Besuden · Pago Balke
Kamera
Piotr Lenar
Musik
Karsten Gundermann
Schnitt
Margot Neubert-Maric · Birgit Hemmerling
Darsteller
Paula Kleine (Hilde) · Frank Grabski (Philip) · Wolfgang Göttsch (Karl) · Dominique Horwitz (Enno) · Martin Lüttge (Kollakowski)
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
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Verleih DVD
Splendid
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Diskussion
Am Anfang einer Reise steht meistens die Sehnsucht, am Anfang eines Road Movies ebenfalls. Hilde, Karl und Philip haben genug von ihrem tristen Alltag und brechen aus. Das Besondere daran ist, dass die Drei aus einem Behindertenheim im Norden Deutschlands ausbüchsen, gerade, als alle anderen einen Ausflug ins Watt unternehmen. Hilde ist schon ein wenig älter und wie Karl geistig behindert, Philip ist schwer Contergan geschädigt. Alle drei treibt die Sehnsucht, eine andere Welt zu sehen als das Heim, die Holzwerkstatt, in der die beiden Männer Watschel-Enten herstellen, und die Küche, in der Hilde pausenlos Kartoffeln schält. Auch wenn sie nicht ganz über durchschnittliche geistige und körperliche Fähigkeiten verfügen, gelingt es ihnen ohne weiteres, nach Süden zu reisen: zuerst nach Köln, dann nach Paris, weil dorthin gerade ein Nachtzug fährt. Den Dreien ständig auf den Fersen ist ihr Betreuer Enno, der sie aber erst in Paris per Taxi einholt. Während es sich Hilde und Karl gut gehen lassen und Ennos hartes Herz langsam weich wird, geht Philip, frustriert über sein Schicksal, auf den Straßen von Paris verloren. Es ist eine hübsche, charmante Geschichte, die sich die Filmemacher Eike Besuden und Pago Balke ausgedacht haben. Inspirieren ließen sie sich von der jahrelangen Theaterarbeit ihrer Protagonisten im Bremer Blaumeier-Atelier, über das Besuden bereits Fernsehbeiträge erstellt hat: ein Projekt, in dem 200 Menschen Malerei, Theater und Musik betreiben und das 1985, nach der tiefgreifenden Kritik an den Zuständen in der deutschen Psychiatrie, entstanden ist. Behutsam und humorvoll nehmen sich die Filmemacher des Themas an. Vordergründig geht es um die Emanzipation der Helden gegenüber den starren Vorgaben der Anstaltsleitung, aber die Handlung impliziert auch die heikle Frage, ob Behinderte in der Außenwelt zurecht kommen können oder auf das Heim angewiesen sind. Ein Film wie „Elling“ (fd 35 384) beantwortete die Frage leichthin, machte aber auch zwei vergleichsweise milde gestörte Narren zu seinen Helden. Besuden und Balke verschließen zudem nicht die Augen vor den Problemen, die manche Behinderungen mit sich bringen, was sich besonders in der Figur des Philip äußert. Für einen wirklich überzeugenden Film reicht dies freilich dennoch nicht. Was die Figuren letztlich bewegt, wird, abgesehen von Philips Frust, kaum je deutlich. Manche ihrer Gefühle werden im Erzählertext behauptet, den Hilde mit trockenem Humor aufsagt; aber gerade für eine Ich-Erzählung gibt der zu wenig her. Dadurch stehen gleichsam die Charaktere hinter der Behinderung zurück. Wenn schon die Beweggründe der Road-Movie-Helden schwammig sind, kann das Road Movie insgesamt kaum besser werden. Dass sich auch die Charaktere von Behinderten im Kino plastisch darstellen lassen, zeigte vor kurzem der französische Film „Uneasy Rider“ (fd 34 770), und das, obwohl der sich praktisch nur mit dem Sex seiner Figuren befasste, was in „Verrückt nach Paris“ nur ein Nebenaspekt ist. So machen es sich die Filmemacher im Grunde zu leicht. Dazu kommen inszenatorische Schwächen, die sich besonders deutlich an der Führung der Profischauspieler zeigen, von denen auffallend viele auftauchen. Martin Lüttge gibt den profilierungssüchtigen Anstaltsleiter, der anstelle des kleinen Hauses einen riesigen Klinikkomplex aufbauen will, und wirkt dabei er ebenso hölzern wie die Kollegen Hermann Lause, Corinna Harfouch oder Doris Kunstmann, ganz zu schweigen von der Nicht-Schauspielerin Hella von Sinnen in ihrer längst ausgereizten Lieblingsrolle als kölscher Proll. Nur Dominique Horwitz schlägt sich tapfer durch die Szenerie, so, als ließe er sich von all den Unzulänglichkeiten nicht beirren. Aus Sicht dieser Schauspielerriege war es sicherlich ein Good-Will-Projekt, die Finanzierung war auch ohne sie schwierig genug. Schließlich kam Besuden auf die verwegene Idee, in einer Zeitungsannonce nach Filmfinanziers zu suchen – über tausend Menschen hat er so ins Filmgeschäft gelockt.
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