Polare Abenteuer um Lars, den kleinen Eisbären, und seine zahlreichen Freunde: Lars setzt sich beharrlich für seine Freundschaft mit einem Robbenkind ein, treibt auf einer ereignisreichen Odyssee bis in die Südsee und rettet schließlich Tiere wie Menschen vor einem U-Boot, das die Fischbestände raubt. Ein in Anlehnung an Hans de Beers populäre Bilderbücher farbenprächtig und aufwändig gestalteter Zeichentrickfilm, der sich ganz auf die Aufnahmefähigkeit und Erlebniswelt jüngerer Kinobesucher einlässt. Die didaktischen Fabeln um Freundschaft, Mut und Beharrlichkeit werden mehr mit still-subtiler Poesie als spektakulären "Sensationen" umgesetzt und konservieren damit weitgehend den Charme der Vorlagen.
- Sehenswert ab 6.
Der kleine Eisbär
Kinderfilm | Deutschland 2001 | 78 Minuten
Regie: Piet de Rycker
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2001
- Produktionsfirma
- Rothkirch/Cartoon-Film/Warner Bros. Filmprod./Kringel Medien/Motion Works/Animationsstudio Ludewig/Animagix Media/Animationsfabrik/Comet/BB-Film
- Regie
- Piet de Rycker · Thilo Rothkirch
- Buch
- Bert Schrickel · Thomas Wittenburg · Piet de Rycker
- Musik
- Nigel Clarke · Michael Csány-Wills
- Länge
- 78 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 6.
- Genre
- Kinderfilm | Zeichentrick | Literaturverfilmung
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Millionen von Kinderherzen hat Lars, der kleine Eisbär, in den liebenswert gemalten Bilderbüchern von Hans de Beer erobert. In seiner Polarwelt voller Eis und Schnee mag auf den ersten Blick alles weiß und öde erscheinen, aber genau dies ist das Geheimnis der Bücher: In ihrer Reduzierung auf das Wesentliche versagen sie sich jeglicher Reizüberflutung und arbeiten mit knapp-pointierten Texten und wunderschön proportionierten, großflächigen Zeichnungen unaufdringlich, aber genau die Essenz der Fabeln heraus. Lars, der knuddelige kleine Eisbär, ist dabei weit mehr als nur ein gezeichnetes Plüschwesen, er ist Sympathieträger und Identifikationsfigur, er führt ins Zentrum essenzieller Werte des (kindlichen) Daseins, indem er die Bedeutung von Heim und Heimat, Liebe, Familie und Freundschaft sinnlich erfahrbar macht. So unspektakulär die Fabeln von außen betrachtet sind, so reich sind sie in ihren inneren Verweisen auf die wahren Abenteuerlichkeiten des Daseins, wobei Gefahren und damit einhergehende Mutproben nicht ausgespart bleiben – die Balance, die von jedem selbst zu entdeckende Austariertheit zwischen Mut und Besonnenheit, ist es, die im Leben (nicht nur ) am Nordpol erstrebenswert ist. Auf adäquate Weise gelang der Transfer der Bilderbücher in kurze Fernsehgeschichten, die von Uwe Friedrichsens sanfter Erzählerstimme zusammengehalten wurden. Lars Eisbär und all seine Freunde von Lena Schneehase und Pieps bis Orca, Nemo und Brauni wurden – nicht nur unter kleinen Zuschauern – zum „Kult“, weil der schwierige Balanceakt zwischen Lehrhaftigkeit und unverkrampfter Poesie mühelos gelang. Und nun also springt Lars auch noch ins polare Wasser der großen Kinowelt und muss sich all dem aussetzen, was Kino ausmacht: der gegenüber dem Fernsehen weit größeren narrativen, visuellen wie akustischen Herausforderung, aber auch den „Gesetzen“ der Verwertbarkeit. Was man kaum für möglich halten mag: Hinter dem kommerziell offenbar unabdingbaren süßlichen Schlager-Getriller sowie dem Ballast zahlloser populärer Fernseh-Stimmen, die zur Synchronisation der Zeichenfiguren engagiert wurden, bricht sich unbeirrt die faszinierend schöne Bilderpoesie der Vorlage ihre Bahn, bezaubert der sympathische kleine Eisbär ungebrochen in seiner ganzen Vertrautheit – guter alter Lars!
Auf einen abendfüllenden Spannungsbogen wurde weitgehend verzichtet; die Erzählung teilt sich in episodische Segmente, die durch Lars’ unverbrüchliche Freundschaft mit einem Robbenkind verklammert werden. Die erwachsenen Eisbären sind der Ansicht, dass diese Freundschaft wider die Natur sei, weil Robben und Bären zwangsläufig Feinde sein müssen. Lars aber schreibt die Eisbären-„Gesetze“ neu und vermittelt durch Mut und Beharrlichkeit, dass sich Regeln durchaus ändern lassen, wenn es der friedlichen Koexistenz aller Lebewesen dient. Darin eingearbeitet ist u.a. die vertraute Episode von Lars’ Odyssee in die Südsee, wo er die Welt schillernd bunte Welt von Hippo, dem Nilpferd, kennen lernt, bevor im Polarmeer ein gigantisches, menschenleeres U-Boot auftaucht, das Tiere wie Menschen der lebenswichtigen Fischbestände beraubt. Lars und seinen Freunden ist es zu verdanken, dass das bedrohliche Gefährt auf eine Klippe aufläuft, untergeht und seine Beute wieder freigibt. Da taucht etwas zaghaft Zivilisationskritik auf, wie auch in der Beschreibung der Inuits eine gewisse ethnische Ornamentik hinzugefügt wird, ohne eine sonderliche Vertiefung zu erfahren. Weit konstitutiver sind indes die traumhaft schönen Landschaftsgemälde, die in aufwändiger Kombination aus Computereffekten und Hintergrundmalereien nicht nur den „Geist“ der Buchvorlagen spiegeln, sondern ein schillerndes Eigenleben gewinnen, wobei die subtil abgestufte Farbenpracht des türkis-blauen Polarmeeres dank perfekter 3-D-Animation ein eindrucksvolles visuelles Erlebnis ist. Manchem Erwachsenen mag dies alles zu „ereignislos“, vielleicht auch zu brav erscheinen; doch gerade im Verzicht auf aufgesetzte „Sensationen“ (die liebenswert-lebensmüden Lemminge sind da eine überaus witzige Ausnahme) liegt die Stärke dieses Zeichentrickfilms, der sich ganz der Aufnahmefähigkeit jüngerer Kinobesucher verpflichtet zeigt und ihnen ein großes, vielleicht sogar unvergessliches Erlebnis beschert.
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