Peter's Friends

Komödie | Großbritannien/USA 1992 | 101 Minuten

Regie: Kenneth Branagh

Nach zehn Jahren treffen sich sechs Freunde, um gemeinsam Silvester zu feiern. Bald überschatten Neurosen und kleine wie große private Tragödien die Wiedersehensfreude, Lebenslügen brechen zusammen, verletzende Wahrheiten werden offenbart. Am Ende siegt jedoch der Zusammenhalt. Ein ausgezeichneter Film über Freundschaft und Liebe, durchzogen von subtilem Humor, der auch die galligsten Szenen noch abmildert. Hervorragende Darsteller und ein ausgezeichnetes Buch tragen zum intellektuellen Kinovergnügen bei. (Fernsehtitel auch: "Peter's Friends - Freunde sind die besten Feinde") - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
PETER'S FRIENDS
Produktionsland
Großbritannien/USA
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
Renaissance/The Samuel Goldwyn Comp./Film 4 International
Regie
Kenneth Branagh
Buch
Rita Rudner · Martin Bergman
Kamera
Roger Lanser
Musik
div. Songs
Schnitt
Andrew Marcus
Darsteller
Stephen Fry (Peter) · Imelda Staunton (Mary) · Hugh Laurie (Roger) · Emma Thompson (Maggie) · Kenneth Branagh (Andrew)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Komödie | Drama
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Diskussion
Zum Abschluß ihrer Studienzeit haben Peter und seine fünf Freunde die Gäste auf dem Landsitz seines Vaters mit Kabarett-Nummern zu unterhalten versucht - mit bescheidenem Erfolg. Ein Erinnerungsfoto zeugt von diesen Zeiten. Nun, 1992, zehn Jahre später - alle haben Karriere gemacht und sich weitgehend aus den Augen verloren -, hat Peter die alten Freunde noch einmal zusammengetrommelt, um mit ihnen Silvester zu feiern. Roger und Mary, die den Tod eines ihrer Kinder nicht verwinden können, sind ebenso gekommen wie die Verlegerin Maggie, die Selbsthilfe-Bücher herausbringt und sich selbst so wenig zu helfen weiß. Mit von der Partie ist auch Andrew, Serien-Schreiber in Hollywood, seine Ehefrau, der zickige Star in eben dieser Serie, und Sarah, die hinter jedem Mann her ist, eine feste jedoch Bindung scheut. Sie ist in Begleitung ihres momentanen Liebhabers, der im Bett zwar Höchstleistungen erbringt, ansonst jedoch eher beschränkt und verheiratet ist. Eine bunt zusammengewürfelte Schar, die sich aufrichtig freut, sich wiederzusehen. Oder?

Sie ist zweifellos da, diese Wiedersehensfreude, doch allzu rasch wird sie von den Schicksalen, Neurosen, tatsächlichen und eingebildeten Tragödien der einzelnen überschattet. Mary ruft alle paar Minuten zu Hause an, um sich nach dem Wohl des lebenden Zwillings zu erkundigen; insgeheim gibt sie Roger die Schuld am Tod des anderen Kindes, ihre Ehe steht auf der Kippe. Andrew ist nur auf den ersten Blick souverän, er leidet an seiner Ehe, ist Alkoholiker, im Augenblick zwar trocken, doch das wird nicht so bleiben. Seine Frau Carol, ebenfalls trockene Alkoholikerin, leidet neben vielen anderen Spleens noch unter Eßsucht, und die mannstolle Sarah läßt ihren Liebhaber just in dem Augenblick fallen, als er Frau und Kind verläßt. Bleibt noch Maggie, die wildentschlossen ist, Peter zum Zweck einer späteren Ehe zu verführen, und dies zu einem Zeitpunkt versucht, an dem der bisexuelle Freund schon lange keinen Sex mehr praktiziert.

Da hocken sie nun, und das einzige, was sie verbindet, ist die Erinnerung an die frühere Freundschaft. Keine besonders solide Basis, zumal es im Laufe der drei Tage zu recht verletzenden Gesprächen, Aussprachen und Abrechnungen kommt. Am Ende ist manches Lebensgebilde wie ein Kartenhaus zusammengestürzt und manche Lebenslüge hat ihre Funktionstüchtigkeit verloren. Doch zum Jahreswechsel, als jeder seine Wahrheit abbekommen hat, Andrew hoffnungslos betrunken und Sarah mutterseelenallein ist, nur Roger und Mary haben wieder zueinander gefunden, enthüllt Peter sein Geheimnis, und die Sorgen der anderen werden für einen Augenblick unwichtig und es herrscht Freundschaft und das Wissen, daß es weitergeht - irgendwie.

'Ich heiße Mary und bin eine überängstliche Mutter', so beschreibt Mary ihr Problem, und zu ähnlich therapeutischen Erkenntnissen, die dem Tagebuch einer Selbsthilfegruppe entnommen sein könnten, gelangen auch die übrigen. Ein dreitägiger Therapie-Marathon, der leicht hätte ins Auge gehen können, jedoch in keiner Szene Gefahr läuft, in Weinerlichkeit oder Wehleidigkeit zu versinken. Was Kenneth Branagh und seine Autoren, das Ehepaar (!) Rita Rudner und Martin Bergman, aus dieser Grundkonstellation gemacht haben, ist Kino vom Feinsten. Rudner/Bergman wissen offensichtlich, worüber sie schreiben, formen die jeweiligen Charaktere und ihre Neurosen präzise aus, ohne die Personen zu denunzieren oder zur Karikatur zu degradieren, und legen ihnen spritzige Dialoge in den Mund, die auch den verfahrensten Situationen noch einen galligen Witz abgewinnen. Branaghs behutsame Inszenierung nimmt sich ganz zurück und beobachtet das Treiben wie auf einer Bühne. Durch die ausschließliche Konzentration auf die Personen wird dennoch jede Distanz überwunden, und eine Zärtlichkeit und Liebe für die Personen - trotz oder gerade wegen ihrer vielen Macken -, die selten geworden ist in unseren Kinos, durchzieht den Film. Das Darsteller-Ensemble, allen voran Schauspieler-Regisseur Branagh und Ehefrau Emma Thompson, füllt die Charaktere mit glaubhaftem Leben, reizt bis ins Letzte aus, ohne sie zu verzeichnen. Das Ergebnis ist ein ebenso glaubwürdiger wie unterhaltender Film, der dem Menschen Spiegelbild vorhält. Kino wie das Leben, nur pointierter!

Obwohl alle während des Treffen ihre Rückfälle und Niederlagen erleiden, will niemand so ganz aufgeben - und das ist das Schöne an "Peter's Friends". Ein äußerst spaßiger und humorvoller Bericht über Stehaufmännchen/ frauchen, die sich voll und ganz durchschaut haben, auch wenn sie manchmal die Augen krampfhaft geschlossen halten, und die sich in Freundschaft, wenn auch mitunter aggressionsgeladen, offenbaren. Ein wunderschön-versöhnliches Ende, das auch ein wenig traurig stimmt, rundet einen durchweg gelungenen Film ab, der von der Hoffnung auf den nächsten Tag getragen wird. Und da ist auch noch, mit kurzen "Regie-Strichen" hingeworfen, die Geschichte der Liebe zwischen Peter und seiner mütterlichen Haushälterin Vera, die endlich die Distanz zwischen sich überwinden. Ein spät entdeckte Liebe, ganz ohne Eigennutz, und vielleicht deswegen so anrührend.

Nach der genialen Shakespeare-Verfilmung "Henry V." (fd 28 607) und dem Ausflug in die Gefilde des "film noir" ("Schatten der Vergangenheit", fd 29 380) müßte Kenneth Branagh - abseits vom lauten mainstream-orientierten Filmbetrieb - erneut ein Außenseitererfolg beschieden sein, diesmal mit einem dem Theater verpflichteten Film, dessen Optik zurückgenommen bis statisch ist, und der, mit Erfolg die Seele seiner Protagonisten sichtbar zu machen versucht. Kluge Unterhaltung, in einer Dosierung verabreicht, die nicht nur Spaß macht, sondern die allen, die es zulassen, Augenblicke des Wiedererkennens und der Selbsterkenntnis ermöglicht - nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit im gegenwärtigen Filmangebot.
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