Die spanische Schauspielerin Marisa Paredes wurde über ihre Zusammenarbeit mit Pedro Almodóvar auch international bekannt. Ihr Auftritt als ikonische, elegante wie geheimnisvolle Darstellerin in „Alles über meine Mutter“ spiegelte auch die Karriere der aus Madrid stammenden Mimin, die ab den 1980er-Jahren zum Kinostar aufstieg. In Spanien war Marisa Paredes zudem für ihr kulturpolitisches und gesellschaftliches Engagement berühmt.
In mehr als vierzig Jahren ist Marisa Paredes zu einer Ikone des spanischen Films geworden. Ihr volles, blondes Haar umrahmte ein schmales Gesicht, und ihr elegantes Auftreten wurde stets von einem feinen Lächeln begleitet – unverkennbar, selbst in ganz unterschiedlichen Rollen. Durch ihre Zusammenarbeit mit Pedro Almodóvar wurde Marisa Paredes weltbekannt, von der ekstatischen Nonne in „Das Kloster zum heiligen Wahnsinn“ (1983) bis zur Mutter des psychopathischen Schönheitschirurgen in „Die Haut, in der ich wohne“ (2011).
Ihre Rollen waren Frauen, die im Licht der Öffentlichkeit standen und dabei ein Geheimnis bewahrten. In „High Heels - Die Waffen einer Frau“ (1991) verkörperte sie Becky del Páramo, eine erfolgreiche Entertainerin, die sich aus bescheidenen Verhältnissen nach oben gearbeitet hat, dabei jedoch ihre Tochter vernachlässigte. In „Mein blühendes Geheimnis“ (1995) führt sie ein Doppelleben als Amanda Gris, die geheimnisvolle Autorin erfolgreicher Trivialromane, und als Leo, die Ehefrau eines prominenten Militärs, die als Kulturjournalistin debütiert, indem sie Amanda Gris gnadenlos rezensiert. In „Alles über meine Mutter“ (1999) spielt sie eine Schauspielerin, die längst zur Ikone geworden ist – zur bildfüllenden Plakatwand, vor der sich das Melodrama entfaltet.
Offensiv und geheimnisvoll
Sie war die Grande Dame des spanischen Kinos, konnte aber auch direkt und manchmal fast derb sein, bewahrte sich dabei aber ihre Eleganz und wirkte sowohl offensiv als auch geheimnisvoll. Für das spanische Publikum verkörperte die blonde, schlanke Schauspielerin aus Madrid nordische Exotik, während sie außerhalb des Landes als die Spanierin par excellence galt.
Marisa Paredes stammte, ähnlich wie Becky del Páramo in „High Heels“, aus einfachen Verhältnissen. Geboren 1946 im Zentrum von Madrid, wuchs sie unter der Franco-Diktatur in einer Hausmeisterwohnung nahe der Plaza Santa Ana als jüngstes von vier Kindern auf. Ihre Mutter war Hausfrau, ihr Vater Brauereiarbeiter. Die Erinnerungen an Armut und politische Repression zählten zu den zentralen Themen in ihrem Leben. „Meine Mutter sagte: Reichtum erbt man, aber Armut auch“, erzählte sie noch vor wenigen Wochen in einem Interview.
Schauspielerin wollte Marisa Paredes schon früh werden. Sie wuchs nur wenige Schritte vom „Teatro Español“ entfernt auf, dem Tempel der spanischen Theaterkultur und Jahre später eine ihrer wichtigsten Wirkungsstätten. Mit 14 Jahren bekam sie ihre erste Chance in dem Kriminalfilm „091, Policía al habla“ („Polizeiruf 091“) von José María Forqué. Sie spielte eine minderjährige Prostituierte. Mit 16 Jahren begann sie als Praktikantin am „Teatro de la Comedia“, wo sie durch den krankheitsbedingten Ausfall einer Schauspielerin überraschend eine wichtige Rolle erhielt. Noch im selben Jahr trat sie in den Theateradaptionen des Fernsehens auf und wurde wegen ihres eher nordischen Aussehens bevorzugt in Dramen von Tschechow, Dostojewski und Ibsen eingesetzt.
Entfaltung im Kino der 1980er-Jahre
Trotz ihrer Arbeit im Theater
dauerte es einige Jahre, bis sie sich auch im spanischen Film entfalten konnte.
Zunächst 1980 in der Komödie „Erste Werke“ von Fernando Trueba, die den Umbruch der spanischen Gesellschaft
nach dem Ende der Diktatur reflektiert. Drei Jahre später wurde sie als Sor
Estiercol in der skurrilen Drogenkomödie „Das Kloster zum heiligen Wahnsinn“ Teil der Almodóvar-Familie. Darüber hinaus spielte Marisa
Paredes jedoch auch in Werken anderer spanischer Regisseure wie Jaime Chávarri und Agustí Villaronga.
Mit dem mexikanischen Regisseur Arturo Ripstein arbeitete sie unter anderem in der Gabriel-García-Márquez-Verfilmung „Keine Post für den Oberst“ (1999) zusammen, und auch in „Das Leben ist schön“ (1997) des italienischen Regisseurs Roberto Benigni war sie zu sehen. Insgesamt wirkte Paredes in über 75 Filmen mit. 2018 wurde sie bei der Verleihung der spanischen Filmpreise mit einem „Ehren-Goya“ für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
Ihre bescheidene Herkunft führte zu ihrem lebenslangen Einsatz für die spanische Linke und den Feminismus. Dabei wurde sie zur emblematischen Figur des politischen Engagements spanischer Filmemacher. Nicht erst als Präsidentin der spanischen Filmakademie von 2000 bis 2003 war sie, neben ihrer Kollegin Pilar Bardem, die wichtigste Stimme des spanischen Films, wenn es um Politik und Kulturangelegenheiten ging. Sei es in den Kampagnen spanischer Filmschaffender wie dem „No a la guerra“ gegen die Beteiligung Spaniens am Irak-Krieg oder für die Aufarbeitung der Verbrechen der Franco-Diktatur. Überzeugt von der Bedeutung der Zivilgesellschaft und der Rolle der Kultur für eine fortschrittliche Gesellschaft, wandte sie sich in den letzten Jahren vehement gegen den aufkeimenden Rechtsextremismus und die Annäherung der konservativen Volkspartei an rechtsradikale Gruppen.
Noch viele Pläne
Sie hatte noch viele Pläne. Für 2025 plante sie ein großes Theaterprojekt, eine Art Monolog über die spanische Geschichte, mit dem sie auf Tour gehen wollte. Doch am 17. Dezember starb Marisa Paredes überraschend im Alter von 78 Jahren in Madrid.