© MUBI (aus "The Wandering Soap Opera")

Neu bei MUBI im November 2024

Filme des Chilenen Raúl Ruiz, fertiggestellt von seiner Partnerin Valeria Sarmiento, Klassiker von Jacques Tourneur und das Doku-Essay "Witches": Neue Arthouse-Highlights und Klassiker im MUBI-Programm

Veröffentlicht am
18. November 2024
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Der Arthouse-Streamingdienst zeigt eine Reihe von Arbeiten, die der chilenische Regisseur Raúl Ruiz einst unvollendet ließ und die seine Partnerin Valeria Sarmiento nach seinem Tod fertigstellte. Außerdem laufen zwei 1940er-Gruselklassiker von Jacques Tourneur sowie der essayistische Dokumentarfilm „Witches“ von Elizabeth Sankey.


Der Chilene Raúl Ruiz, 1941 geboren, hat sich mit über hundert Filmen in die lateinamerikanische und europäische Filmgeschichte eingeschrieben. Bekannte Werke des Filmemachers, der seit 1974, als er nach dem Militärputsch und dem Sturz Salvador Allendes seine Heimat verließ, im französischen Exil lebte, sind etwa seine Marcel-Proust-Verfilmung „Die wiedergefundene Zeit“ (1998) oder der Krimi „Genealogie eines Verbrechens“ (1996). Eine wichtige Kollaborateurin seiner komplexen, oft mit Brüchen und Ellipsen arbeitenden Werke war seine Partnerin Valeria Sarmiento, die bei vielen seiner Arbeiten als Editorin mitwirkte; nach Ruiz’ Tod 2011 nahm sie sich seines filmischen Erbes an und ging daran, unvollendete Arbeiten fertigzustellen. MUBI zeigt nun ab 29. November drei Werke, die Sarmiento so ans Licht der Kinowelt gebracht hat.


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Das ist zum einen „The Wandering Soap Opera“ (2017), eine bittere Allegorie, die die These in den Raum stellt, Chile sei gar kein echtes Land, sondern eine einzige Seifenoper. Außerdem ist ein 2020 von Sarmiento zu neuem Leben erwecktes, bereits 1967 gedrehtes Frühwerk von Ruiz zu sehen: „The Tango of the Widower and Its Distorting Mirror“. Hinter dem kuriosen Titel verbirgt sich eine Fabel um einen Mann, der nach dem Tod seiner Frau von deren Geist heimgesucht wird. Schließlich zeigt MUBI mit „Socialist Realism“ (2023) noch einen weiteren Film, der schon zu Zeiten, als Ruiz noch in Chile lebte, begonnen wurde: einen halbdokumentarischen, satirischen Blick auf die politische Lage in Chile kurz vorm Militärputsch.

Wieder zum Leben erweckt und fertiggestellt: "Socialist Realism" (© MUBI)
Wieder zum Leben erweckt und fertiggestellt: "Socialist Realism" (© MUBI)

Ein früher Meister des US-Gruselkinos: Jacques Tourneur

Passend zur dunklen Jahreszeit, wo gruselige Filme hoch im Kurs stehen, bietet MUBI im November außerdem ein Double Feature mit Klassikern des französisch-stämmigen, dann aber in Hollywood zu Ruhm und Ehren gekommenen Altmeisters Jacques Tourneur. MUBI zeigt zwei Werke, die zu Wegmarken des amerikanischen Horrorkinos wurden und entstanden, als sich Tourneur in den frühen 1940er-Jahren als Regisseur in der damals neu geschaffenen Horror-Abteilung des Studios RKO austoben konnte.

"ich folgte einem Zombie" (© IMAGO / Entertainment Pictures)
"Ich folgte einem Zombie" (© IMAGO / Entertainment Pictures)

Katzenmenschen“ (1942) und „Ich folgte einem Zombie“ (1943) entfalten auch heute noch ihren Zauber, weil sich Tourneur auch mit geringen Budgets als Meister im Kreieren von Atmosphäre und im Spiel mit Licht und Schatten erwies. Wobei man bei dem „Zombie“-Film nicht mit den verrottenden, menschenfressenden Leichen rechnen darf, wie sie seit „Die Nacht der lebenden Toten“ im Genrekino unterwegs sind; in Tourneurs Film geht es vielmehr um Voodoo und Gedankenkontrolle.


Kurze Filme, große Namen

Außerdem führt MUBI die Kurzfilmreihe „Short Names Big Films“ fort. Neben einem Frühwerk von Barry Jenkins und einer 2023 entstandenen kurzen Arbeit von David Cronenberg ist dabei eine Pretiose aus dem Jahr 1977 zu sehen: „Diary of an African Nun“, in dem sich die afroamerikanische Filmemacherin und Independent-Ikone Julie Dash an die Verfilmung einer Kurzgeschichte von Alice Walker wagte. Der Kurzfilm tastet sich ans Innenleben einer Nonne in Uganda heran, die mit Zweifeln an dem von ihr eingeschlagenen geistlichen Lebensweg und mit ihrem Gelübde von Armut, Keuschheit und Gehorsam ringt.

Natürlich hat MUBI neben Klassikern aber auch wieder neues Arthousekino im Programm. Dazu gehört ab 22. November der essayistische Dokumentarfilm „Witches“ (2024), in dem sich Filmemacherin Elizabeth Sankey mit dem Thema postpartaler Depression und dem gesellschaftlichen Umgang mit Frauen mit psychischen Erkrankungen befasst, wobei Historisches und persönliche Erfahrungen verknüpft werden.

"Witches" (© MUBI)
"Witches" (© MUBI)


MUBI-Neustarts im November im Überblick


1. November

Der See der wilden Gänse


Reihe „Short Films Big Names“:

Four Unloved Women, Adrift on a Purposeless Sea, Experience the Ecstasy of Dissection (R: David Cronenberg, 2023)

Diary of a African Nun (R: Julie Dash, 1977)

My Josephine (R: Barry Jenkins, 2003)


5. November

Ich folge einem Zombie

Katzenmenschen


8. November

An Odd Turn (Kurzfilm von Francisco Lezama)


15. November

Die geliebten Schwestern

Mulholland Drive

Dominik Grafs Film "Die geliebten Schwestern" über Friedrich Schiller und seine Liebe zu den Schwestern Lengefeld (© Senator)
Dominik Grafs Film "Die geliebten Schwestern" über Friedrich Schiller und seine Liebe zu den Schwestern Lengefeld (© Senator)


22. November

Coming Out

Witches


23. November

Lasst den Drachen fliegen (Reihe „Rediscovered“)


29. November

Reihe Valeria Sarmiento & Raúl Ruiz:

Socialist Realism

The Tango o fthe Widower and Its Distorting Mirror

The Wandering Soap Opera

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