© imago images (Percy Adlon)

Mit feinem Humor - Percy Adlon

Nachruf auf den Regisseur, Drehbuchautor und Produzenten Percy Adlon (1.6.1935-10.3.2024), der das deutsche Filmschaffen mit feinem Humor und einer sicheren Hand für Frauenrollen bereichert hat

Veröffentlicht am
25. März 2024
Diskussion

Von München nach Los Angeles ist es manchmal nur ein Gedankensprung. Bei Percy Adlon war es ein Straßenschild Richtung Bagdad Cafe. Nach den Dreharbeiten zu seinem berühmtesten Film „Out of Rosenheim“ (1987) blieb er mit seiner Frau Eleonore einfach in Kalifornien, bescherte dem deutschen Kino aber auch von dort aus weiter feine Komödien und sympathische Menschenporträts. Nachruf auf einen hintersinnigen Freigeist, der am 10. März 2024 im Alter von 88 Jahren in Pacific Palisades gestorben ist.


Percy Adlon besaß viele Talente und eine einnehmende sonore Stimme. Der 1935 in München geborene Künstler studierte in den 1950er-Jahren in München zunächst Germanistik, Kunst- und Theaterwissenschaft. Parallel wandte er sich der Schauspielerei zu und nahm Gesangs- und Schauspielunterricht. Doch der Traum, auf der Bühne zu stehen, ging nicht auf. Stattdessen begann sein beruflicher Lebensweg als Sprecher für den Bayrischen Rundfunk, wo er den Einstieg in die Medienwelt fand. 1970 dreht er seinen ersten Kurzfilm fürs Fernsehen, woraus die stattliche Zahl von rund 150 Dokumentationen erwuchs, die sich vornehmlich um Künstler und ihre Lebenswege drehten, etwa „Tomi Ungerers Landleben“.


Ein Geschichtenerzähler

Percy Adlon war aber auch den fiktiven Elementen des Geschichtenerzählens zugetan, wie er in dem vielfach preisgekrönten Dokudrama „Der Vormund und sein Dichter“ (1978) über Robert Walser bewies. Den ersten reinen Spielfilm realisierte er drei Jahre später. Der Film über die Haushälterin von Marcel Proust, „Céleste“, mit Eva Mattes in der Titelrolle, war „eine kleine poetische Filmperle“. Mit „Fünf letzte Tage“ (1982) gelang ihm dann ein eindrucksvolles Porträt der Widerstandskämpferin Sophie Scholl. Das Kammerspiel mit Irm Hermann und Lena Stolze war bei den Filmfestspielen in Venedig 1982 ein großes Thema. Die beiden Hauptdarstellerinnen gewannen den Bundesfilmpreis, was allerdings durch Michael Verhoevens Film „Die weiße Rose“, ebenfalls mit Lena Stolze als Sophie Scholl, in der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt wurde.

Irm Hermann (l.), Lena Stolze in "Fünf letzte Tage" (imago/United Archives)
Irm Hermann (l.), Lena Stolze in "Fünf letzte Tage" (© imago/United Archives)

Percy Adlon hatte mit „Fünf letzte Tage“ seinen Platz im Konzert der deutschen Filmemacher gefunden. Sein Name stand für kleine persönliche Geschichten mit literarischem Touch. Als Regisseur bewies er eine sichere Hand für Frauenrollen. Lena Stolze war auch in dem Film „Die Schaukel“ nach dem gleichnamigen München-Roman von Annette Kolb zu sehen. Bei diesem Film besetzte Adlon erstmals auch die Münchner Volksschauspielerin Marianne Sägebrecht in einer kleinen Rolle, die damals noch hinter dem Tresen ihrer Kneipe „Mutti Bräu“ in Schwabing stand. Daraus entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft. 1985 stand Sägebrecht im Zentrum der skurrilen Liebesgeschichte „Zuckerbaby“. Sie spielte eine energische, selbstbewusste Frau mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, die auch die verrücktesten Liebesgeschichten durchhalten kann.


Unterwegs ins „Bagdad Cafe“

Als Adlon dann mit seiner Frau Eleonore Adlon die „Route 66“ in den USA entlangfuhr und an einem Schild nach „Bagdad“ vorbeikam, stellte er sich vor, wie Sägebrecht diese Einöde mit ein paar Bäumen und einer heruntergekommenen Tankstelle beleben würde. So wurde die Idee zu „Out of Rosenheim“ (1987) geboren, der unter dem US-Titel „Bagdad Cafe“ zur Vorlage einer Serie mit Whoopi Goldberg wurde. Marianne Sägebrecht als Jasmin Münchgstettner aus Rosenheim füllte diese glühende Leere mitten in der Wüste derart einnehmend aus, dass sogar Jack Palance als ehemaliger Bühnenmaler Rudy Cox nicht umhinkann, ihr einen Heiratsantrag zu machen.

Der Film gewann 1987 nachgerade Kultstatus und regte Percy Adlon an, seinen Lebensmittelpunkt nach Pacific Palisades in Los Angeles zu verlegen. Dort sei es ein wenig so wie früher am Starnberger See, gestand Adlon, wo er als Kind aufgewachsen ist. Auch von Los Angeles aus konnte er Filme drehen, die allerdings nie mehr die Bekanntheit und die Authentizität von „Out of Rosenheim“ erreichten. Selbst der Versuch, eine Art Fortsetzung des Erfolgsfilms zu drehen, der dann „Rosalie goes Shopping“ (1989) hieß und sogar in den Wettbewerb von Cannes eingeladen wurde, überzeugte Publikum und Kritik nicht mehr.

1996 widmet sich Paul Rudolf Parsival Adlon, wie der Filmemacher bei seiner Geburt getauft wurde, seiner prominenten Familiengeschichte. In dem Dokudrama „In der glanzvollen Welt des Hotels Adlon“, einem in den Worten des Regisseurs „überlangen Werbefilm für das Hotel Adlon“, spielt sein Sohn Felix Adlon den Spross des Gründers Lorenz Adlon, Louis jr., der in den 1920er-Jahren das berühmte Hotel in Berlin übernahm. Percy Adlon ist der uneheliche Sohn von Susanne Adlon, der Tochter dieses Louis Adlon jr.

Für ihn stand auch unter der neuen Leitung des Luxushotels in Berlin stets ein Zimmer bereit. Auch wenn er nicht gerne über seine Familie sprach, unterstützte Percy Adlon als Teil der Erbengemeinschaft den Wiederaufbau des Adlon tatkräftig.


Mit subtilem Humor und skurrilen Einfällen

Sein eigenes Erbe ist das Werk eines fleißigen und vielseitigen, sensiblen und stilsicheren Filmemachers. 2010 dreht er seinen letzten Spielfilm zusammen mit seinem Sohn Felix Adlon. „Mahler auf der Couch“ erzählt von einer Begegnung zwischen Sigmund Freud und Gustav Mahler, der den Seitensprung seiner Frau Alma nicht verwinden kann. Mit 88 Jahren ist Percy Adlon am 10. März in Pacific Palisades, Los Angeles, gestorben.

Eleonore und Percy Adlon (imago/United Archives)
Eleonore und Percy Adlon (© imago/United Archives)


Kommentar verfassen

Kommentieren