Mit dem
französischen Theoretiker Jean Louis Schefer (7.12.1938-7.6.2022) verstarb jüngst
einer der radikalsten französischen Kino-Denker. Sein Werk hat im
deutschsprachigen Raum kaum Spuren hinterlassen, nur die frühe Schrift „Der
gewöhnliche Mensch des Kinos“ erschien mit 33-jähriger Verspätung 2013 im
Verlag Wilhelm Fink auf Deutsch. Darin erscheint das Kino als Subjekt, das sich
den Menschen vorstellt, nicht umgekehrt.
Ein Kunsthistoriker musste kommen, um die
Botschaft zu verkünden, dass der Film keine Kunst ist, sondern für die
Gesellschaft, die ihn hervorgebracht hat, eine weitaus mächtigere mediengeschichtliche
Erfahrung bereithält: ein experimentelles Dasein. 1980 erschien in der Reihe
der „Cahiers du Cinéma“ bei Gallimard ein Buch von Jean Louis Schefer, das er
selbst „klein“ nannte, aber eine der ganz großen Theorien des Films wurde, „L’homme ordinaire du cinéma“, „Der gewöhnliche Mensch des Kinos“.
Den Begriff „Theorie“ hätte Schefer allerdings
abgelehnt, weil es sich hier weder um eine begriffliche Systematik noch um
Gegenstände des Wissens handelt. Der Text ist vielmehr ein Strom der Reflexi