Nach dem Tod seiner Frau hat Hal sein verspätetes Coming-Out als homosexueller Mann. Er ist bereits 75 Jahre alt, und es bleibt ihm nicht viel Zeit, um sein neues Leben entdecken zu können. Sein Sohn Oliver berichtet dem Zuschauer von dem Lebenswandel seines Vaters nach dessen Tod. Oliver selbst ist ein Künstler, sensibel, nachdenklich und von einer Melancholie geprägt, die manches Mal erdrückend auf ihn wirkt – eine Rolle, die Ewan McGregor mit fast beiläufiger Professionalität spielt. Auf einer Kostümparty lernt Oliver die junge Schauspielerin Anna kennen und verliebt sich in sie.
Im Bemühen um eine eigene Filmsprache ist Regisseur Mike Mills’ autobiografisch gefärbter Film anekdotenhaft wie ein Skizzenbuch. Ständig wechselt er zwischen den Zeitebenen, montiert das neue Leben des Vaters und den Beginn der Beziehung des Sohns parallel und durchsetzt seine Erzählung mit kleinen Ideen, Nebengedanken, deren Qualität schwankt. Schöne Einfälle, wie der bildhafte Vergleich der Sonne und Sterne mit denen von 2003 und 1955, um die Lebenssituation des Vaters erklärbar zu machen, wechseln mit Ideen, die überstrapaziert werden, etwa die Phase des Kennenlernens von Anna und Oliver. Sie spielt auf der Kostümparty eine stumme Figur und will aus dieser Rolle auch nicht in ihrem Hotelzimmer schlüpfen, in das sie von Oliver begleitet wird. Anna ist lebensfroh und spontan, doch die zahlreichen Merkmale des Verschrobenen, wie die Affinität zu Hotelzimmern, die ihr das Gefühl von Freiheit geben sollen, entlassen sie nie aus dem Korsett einer erdachten, nicht ganz glaubwürdigen Frauenfigur. Vieles an ihr erinnert an Emmanuelle Seigners Figur in Roman Polanskis „Bitter Moon“ (1992), wie die merkwürdige Unnahbarkeit, die rasch von ungestümer Gier nach Leben gefolgt wird. Es hilft gewiss, dass Mélanie Laurent so hinreißend ihre Rolle verkörpert – wohl auch deswegen funktioniert die Sinnlichkeit der Beziehung zwischen dem entrückten Künstler und der versponnenen Schauspielerin trotz deren Künstlichkeit. Und das besser als die parallel erzählte Vater-Sohn-Beziehung, denn die Homosexualität des Vaters wird aus der Distanz eines Sohns dargestellt, der seinen Vater liebt und unterstützt, ihn letztlich aber nicht versteht. Dabei spielt Christopher Plummer Hal mit großer Präzision: eine Figur, die eine jungenhafte Begeisterung für jede neue Entdeckung in ihrem neuen Lebensraum entwickelt und selbst den Krebs, der sie verzehrt, ignoriert, um am Leben festzuhalten. Fast zu kurz kommt dabei die Mutter, die immer wieder als Erinnerung auftaucht.
Gänzlich deplatziert ist die Untertitelung von Olivers Hund, der hiermit „seine“ Gedanken ausdrückt. In diesen Szenen überschreitet der Film die feine Grenze der Originalität des Independent-Kinos zum Quatsch in prätentiöser Manier. Was komisch wirken sollte, irritiert, und gerade hier büßt der Film einiges von der geschaffenen Emotionalität ein. So ist „Beginners“ zerrissen, fragmentarisch: ein Film, der mit einer Vielzahl spielerischer Konstruktionen eine stringente Erzählung zu ersetzen versucht und dabei teilweise scheitert. Zugleich aber ist es ein Film, der wegen seines melancholischen Untertons die Freuden des Lebens und das versponnene Element einer frisch entfachten Liebe reizvoll betont und überhöht. Es war bestimmt das Kalkül des Regisseurs, seinen Film so mäandern zu lassen wie die Figuren in seiner Geschichte – und auch wenn dieses Experiment nicht gänzlich geglückt ist, so ist „Beginners“ dich von teils erstaunlicher emotionaler Originalität.