Egal ob auf dem Dachboden oder im Keller: Für Kinder sind dunkle Orte innerhalb der heimischen vier Wände immer Prüfstein und Kristallisationspunkt ihrer Ängste und Sehnsüchte. Mit einer Mischung aus Unbehagen und Faszination bahnt sich deshalb auch der kleine Danny aus dem hintersten Keller den Weg zurück in die oberen, mit Leben erfüllten Etagen des väterlichen Hauses, nachdem ihn sein genervter Bruder Walter dorthin verfrachtet hatte. Doch glücklicherweise blitzen zwischen den Balken der Holztreppe keine Monsteraugen hervor, sondern der Schriftzug eines alten Spiels. „Zathura“ steht auf dem verblichenen Karton, der ein metallenes, ziemlich angestaubtes Brettspiel enthält. Ohne sich um die Anleitung zu kümmern, setzt Danny mit dem angerosteten Schlüssel das Spiel in Gang. Ein ratternder mechanischer Würfel gibt den Weg für ein Raumschiff nach Zathura vor. Die ausgeworfene Ereigniskarte mit der Warnung „Meteoritenregen“ hat allerdings zur Folge, dass glühend heißes Gestein durch das Dach des Hauses prasselt. Denn „Zathura“ ist kein Spiel, sondern fantastische Wirklichkeit! Als die beiden Brüder panisch das Haus verlassen wollen, stürzen sie beinahe ins Bodenlose, denn vor der Haustür breitet sich die Unendlichkeit des Weltalls aus. Der Magie des Spiels ist es zu verdanken, dass die zerstrittenen Brüder den beschwerlichen Weg zu dem fernen Planeten zurücklegen müssen. Wenn sie die Erde wiedersehen wollen, ist ein Abbruch ausgeschlossen. So bangen sie mit Unbehagen den weiteren Ereigniskarten entgegen, die ihre Reise immer mehr zum gefährlichen Abenteuer machen.
Es ist erstaunlich, mit welcher Unbekümmertheit Romanautoren manchmal ihre eigenen Ideen variieren. War es in Chris van Allsburgs „Jumanji“ (fd 31 801) noch ein magisches Brettspiel, das die afrikanische Natur ins Haus der Protagonisten beförderte, fliegt in „Zathura“ nun das ganze Haus durch den Weltraum und verwandelt seine Bewohner in Astronauten wider Willen. Gut zehn Jahre ist es her, dass Regisseur Joe Johnston mit aufwändiger Tricktechnik van Allsburgs „Jumanji“ verfilmte. Mit zwiespältigem Ergebnis, zertrampelten die perfekt ins Bild gemorphten Wildtiere doch jede Magie und lieferten nicht mehr als ein lautes Spektakel. Nach dem Kassenschlager „Polarexpress“ (fd 36 790, ebenfalls nach einer Vorlage von van Allsburg) folgt nun die Verfilmung von „Zathura“. Doch auch wenn der Film inhaltlich und konzeptionell mit „Jumanji“ verwandt zu sein scheint, unterscheidet sich das Ergebnis enorm vom Vorgänger. Während sich die „Jumanji“-Produzenten von den technischen Möglichenkeiten blenden ließen und dabei die Geschichte aus den Augen verloren, sind hier die Special Effects nur atemberaubendes Beiwerk einer mitreißenden Abenteuergeschichte. Mit viel Gefühl für glaubwürdige Aktionen erweckt Regisseur Jon Favreau den grotesk anmutenden Stoff zum Leben. Zusammen mit den schnörkellosen Dialogen des Drehbuchautors David Koepp verbürgt der Film einen Realismus, der eine Fantasy-Geschichte erst nachvollziehbar macht. Das wunderschöne, mitunter anachronistische Set-Design, die durchweg guten Darsteller und die trotz allem Sentiment auf die Unterhaltungsaspekte konzentrierte Geschichte verleiht „Zathura“ jene Seele, die man in „Jumanji“ so schmerzlich vermisste. Auch wenn die Prüfungen im Laufe des Filmes immer heftiger werden und defekte Roboter und zorgonische Reptilienmonster den Brüdern arg zusetzen, verlassen auch jüngere Zuschauer die atemlose Achterbahnfahrt inspiriert, um im eigenen Keller nach längst vergessenen Spielen zu suchen.