Komödie | USA 2024 | Minuten

Regie: Paris Barclay

An Bord des luxuriösen Kreuzfahrtschiffs „Odyssey“ übernimmt ein neuer Schiffsarzt die Verantwortung für das Wohlergehen von Passagieren und Crew. In jeder Episode, die je eine Woche an Bord abhandelt, besteigen neue Gäste das Schiff – und damit einhergehend neue, meist skurrile medizinische Fälle. Dabei geht es vor allem aber um eines: die (Liebes-)Beziehung des medizinischen Teams untereinander. Die Serie des Erfolgsproduzenten Ryan Murphy taugt für kurzweiliges Vergnügen vor allem dann, wenn sie sich der Absurdität hingibt und sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Komplexe Handlungsstränge oder Figurenentwicklung gehen derweil über Bord. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
DOCTOR ODYSSEY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Ryan Murphy Television/Scratch Pad/20th Television
Regie
Paris Barclay · Tessa Blake · Bradley Buecker · John J. Gray · Maggie Kiley
Buch
Ryan Murphy · Jon Robin Baitz · Joe Baken
Kamera
Simon Dennis
Musik
Julia Newman
Schnitt
Thomas Mitchell · Franzis Muller · Ken Ramos · Travis Weaver
Darsteller
Joshua Jackson (Dr. Max Bankman) · Don Johnson (Kapitän Robert Massey) · Phillipa Soo (Avery Morgan) · Sean Teale (Tristan Silva) · Marcus Emanuel Mitchell (Erster Offizier Spencer Monroe)
Länge
Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Komödie | Serie
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Eine Comedyserie um einen Mann, der als neuer Schiffsarzt auf einem luxuriösen Kreuzfahrtschiff anfängt und es gemeinsam mit dem medizinischen Team auf See mit allerlei skurrilen Notfällen zu tun bekommt.

Diskussion

Schiff ahoi für Seekranke! Nachdem der Luxusdampfer „Odyssey“ in der letzten Saison vom Kolibakterium heimgesucht wurde, tritt Dr. Max Bankman (Joshua Jackson) den Posten des Schiffsarztes an. Es gilt, das Urlaubsidyll zu bewahren. Von Blutschweiß bis Herzschmerz: An Bord verlangen die ausgefallensten Wehleiden nach Fürsorge. Stets zur Seite steht das Pflegeteam, bestehend aus Avery Morgan (Phillipa Soo) und Tristan Silva (Sean Teale). Nervenaufreibende Fälle stellen längst nicht nur medizinisches Geschick auf die Probe. Auch die Beziehung untereinander wird fiebrig heiß.

Als US-Verwandtschaft von „In aller Freundschaft“ und „Das Traumschiff“ verfolgt die neue Serie von Showrunner Ryan Murphy einen durchaus interessanten erzählerischen Ansatz: Jede Folge umspannt eine Woche auf der „Odyssey“, die je für sich auf ein bestimmtes Motto zugeschnitten ist. Mal plastische Chirurgie, ein andermal Plastikentchen. Dass dabei immer neue Passagiere auftrumpfen, verspricht den Reiz immer neuer Gaststars. So schrubbt die Country/Pop-Legende Shania Twain als erlebnishungrige Witwe in vollem Luxusdress übers Deck, während Amy Sedaris in der Rolle eines Wellness-Gurus rohe Ziegenleber auf den Speiseplan setzt. An Seemannsgarn und nautischen Witzeleien wird ebenfalls nicht gespart: Verfluchte Goldmünzen, Captain-Jack-Sparrow-Kostüme oder ein „König der Welt“-Moment à la „Titanic“, der im Drogenrausch über die Reling geht.

Das Fiebertraumschiff

Im messing-goldenen Rollstuhl geht es die Flure hinab zur Krankenstation, die jegliche Erwartung an eine klinische, geleckte Ästhetik übertrifft: Die Infusionsständer und Pillendöschen, die Spritzen und Operationsbestecke erstrahlen golden – denn wer aus feinen Schalen und Sektflöten trinkt, übergibt sich auch nicht in ordinäre Blech-Nierenschalen. Auf der „Odyssey“ ist man eben gut bestückt: Kältekammern, ein CT-Gerät, ja sogar ein eigenes Blutdepot schippern mit über die Weltmeere.

Dieses Inventar ist bitter nötig, denn allein in der ersten Folge tut sich ein ganzes Spektrum an Reisekrankheiten auf: Eine Garnelenvergiftung, eine Penisruptur, bei deren Behandlung Dr. Max und Tristan nicht um den erwartbaren Schwanzvergleich umhinkommen, und eine Luftröhrenpunktur nach einer Wasserrutschpartie. Für „Doctor Odyssey“ ist schnell ein typisches Krankheitsbild ableitbar: sexuell-anzüglich, oftmals mit einem Augenzwinkern versehen, möglichst schrill und thematisch auf das Wochenthema abgestimmt – also Zombies an Halloween und das „Broken-Heart-Syndrom“ als melodramatisches Fernsehklischee zur Single-Woche.

All diese Gebrechen, seien sie noch so ausgefallen, werden in Sekundenschnelle diagnostiziert und kuriert. Das Gesundheitssystem der „Odyssey“ läuft auf Steroiden. Denn scheinbar gibt es keine Tropenkrankheit, die der Doktor nicht kennt, und kaum etwas, das die Kompetenz des medizinischen Teams überstiege. Sie sind Helden in Weiß, die auch schon mal in Abendgarderobe behandeln.

Operation am offenen Herzen

Doch auch Helden brauchen eine Schwäche: Dr. Max war Patient null der COVID-19-Pandemie in den USA. Das Trauma, dem Tod mit einer noch unbekannten Krankheit ins Auge zu blicken, blitzt immer wieder auf. Die Bewältigung findet er im Credo der „Odyssey“: Arbeiten wie ein Kapitän, Spaß haben wie ein Pirat, so sieht hier die Work-Life-Balance aus. Eine durchaus flache Charakterisierung, die symptomatisch ist für die Serie, die nie wirklich Zeit findet, um ihre Figuren und Handlungsstränge vollends zu entwickeln. Im seichten Gewässer lässt es sich nur planschen. Vivian (Laura Harrier), Köchin und Love Interest von Tristan, wird einige Folgen lang schlicht vergessen, damit dieser weiter nach Avery schmachten kann.

Die Passagiere sind austauschbar. Und sie werden ja tatsächlich mit jeder Folge ausgewechselt. Verdichtete, existenzielle Momente rund um Themen wie Suizid oder kulturelle Identität versinken zwischen den Wellen. Patienten sind Zeitvertreib und Vorwand, um große Fragen anzureißen, die dann auf Max, Avery und Tristan rückgeführt werden. Die Karten des Dreigespanns werden immerzu neu gemischt, doch trotzdem rühren sie sich kaum vom Fleck. Im Wogen des Meeres geht es auch in Beziehungsangelegenheiten auf und ab, hin und her. Und wo die Serie sonst so reißerisch auftürmt, bleibt sie im Buhlen um die Frau letztlich erstaunlich konservativ.

Erotische Verwicklungen sind inklusive, Herzen behandelt der Chefarzt persönlich. Schon der erste Landtag mündet in einem hitzigen Tanzduell. Oder vielmehr: einem Balztanz um die Gunst von Avery. Beim Zuschauen jedenfalls drängt sich die Frage auf, ob man nicht bereits selbst ins Delirium gefallen ist.

Lagerkoller auf hoher See

Jede Folge ist die Variation des Immergleichen: feuchtfröhliches Treiben am Pool, Tanzpartys auf den Decks, Techtelmechtel in den Kabinen, Kapitänsdinner. Und irgendwem passiert irgendwas, was ein Kabinenupgrade auf die Krankenstation mit sich führt. Bei gelegentlichen Landgängen geben sich ausschnitthaft Strände zu erkennen, nie Landschaftspanoramen, sonst aber immer nur wieder das Schiff. Immergleiche Szenen, auf Hochglanz poliert.

Schiffe sind begrenzte Handlungsräume. Und daher sind sie mit einer besonderen Bedeutung aufgeladen: Die Gesellschaft ist geschlossen, aber die Weiten des Meeres schier unendlich. Die Reise gen Horizont ist die Einkehr in sich selbst. Aufbruch und Ankunft. Obgleich die homerische „Odyssee“ namensgebend für Schiff und Serie ist, kommt die Figurenentwicklung nicht in Fahrt. Es läuft immer darauf hinaus, den heldenhaften Status von Max, Avery und Tristan zu bestätigen – und sie irgendwann ins Bett zu kriegen. Dazwischen bietet sich immer Zeit, eine Dosis Humor einzunehmen. Nach allem Übrigen wird im Trüben gefischt.

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