Komödie | Deutschland 2024 | 88 Minuten

Regie: Marco Petry

Eine Frau will den Mann, in den sie sich vor Kurzem verliebt hat, endlich ihrem Freundeskreis vorstellen und nimmt ihn mit zu einem Spieleabend in der Villa einer Freundin im Grunewald. Soziale Antipathien zwischen der bildungsbürgerlichen Clique und dem in einem Fahrradladen jobbenden „Neuen“, ein biestiger Ex der Frau und allerlei Fettnäpfchen sorgen jedoch für Spannungen, woran auch der beste Kumpel des Mannes nichts ändern kann. Eine weitgehend reizlose Ensemble-Komödie, deren flache Figuren und redundante Witze nur wenig Amüsement verbreiten können. Auch aus den sozialen Gegenständen vermag der Film wenig Humor und Reibungsflächen zu erzeugen. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
W&B Television
Regie
Marco Petry
Buch
Claudius Pläging · Andrej Sorin
Kamera
Marc Achenbach
Musik
Paul Eisenach · Jonas Hofer
Schnitt
Knut Hake
Darsteller
Dennis Mojen (Jan) · Janina Uhse (Pia) · Edin Hasanovic (Alex) · Anna Maria Mühe (Karo) · Taneshia Abt (Sheila)
Länge
88 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie | Thriller
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Ensemble-Komödie um einen Spieleabend mit bildungsbürgerlichen Pärchen, der zunehmend entgleist.

Diskussion

Am Ende von Peinlichkeits-Komödien wie „Der Vorname“, in denen die Gruppendynamik eines Ensembles durch aufbrechende Konflikte, überraschende Offenbarungen etc. erschüttert wird, hat sich immer etwas verschoben: Alles bricht zusammen, aber es entsteht etwas Neues. Der Witz des Ganzen bezieht seine Kraft gerade daraus, dass aus Typen vielschichtige Figuren werden, dass sich überraschende Allianzen bilden und den Charakteren die eigenen, kleinlichen Unfreiheiten ins Bewusstsein dringen. Dass Tiefe also nicht das Gegenteil von Humor ist, zeigen solche Filme: Sie sind ein Stück Aufklärung, je lustiger sie sind.

Hauptsache irgendwas mit Penis

Im Humorkosmos der Netflix-Pärchenkomödie „Spieleabend“ gibt es nichts Ekelhafteres als abgepumpte Muttermilch im Kühlschrank oder den Kuss einer Frau, die sich zwischen zwei Männern noch nicht entschieden hat. Der Gipfel der Lustigkeit hingegen sind rammelnde Hunde und nackte Männer beim Tischtennis, Hauptsache irgendwas mit Penis.

Innerhalb dieser übersichtlichen Koordinaten versuchen die Drehbuchautoren Claudius Pläging und Andrej Sorin sowie Regisseur Marco Petry anderthalb Stunden zu bestreiten. Eigentlich eine kompakte Zeit. „Spieleabend“ leidet jedoch von Anfang an daran, dass alles Flache bis zum Schluss flach bleiben darf.

„Im Grunewald leben doch keine lockeren Leute!“

Das betrifft besonders die beiden Hauptfiguren Jan (Dennis Mojen) und Pia (Janina Uhse). Sie lernen sich im Park kennen, als ihre beiden Hunde umstandslos zur Paarung schreiten. Nicht nur die Tiere lassen sich nur mühsam voneinander trennen. Nach ein paar im Schnelldurchlauf erzählten Wochen, die hauptsächlich im Bett verbracht werden, wünscht sich Pia, dass ihr neuer Freund ihren Freundeskreis kennenlernt: beim traditionellen Spieleabend in der kalt eingerichteten Villa der humorlosen Karrierefrau Karo (Anna Maria Mühe) im Grunewald. Jans Kollege im Fahrradladen, der lebenskluge und herzensgute Tollpatsch Alex (Edin Hasanovic), warnt schon vorher: „Im Grunewald leben doch keine lockeren Leute. Die haben doch schon im Monopoly des Lebens gewonnen.“ 

Diese Formulierung vom gewonnenen Lebens-Monopoly gefällt den Drehbuchschreibern so gut, dass sie gleich mehrmals fällt. Statt durch Timing, Witz oder überraschende Ausstaffierungen der Hauptfiguren das Publikum mitzureißen, meint „Spieleabend“, die Klischees und bemühten Witzchen nur oft genug wiederholen zu müssen, um schenkelklopfende Zustimmung auszulösen. Dass „die Schlauen und Reichen“ doof sind und einen Menschen ohne Abitur als „Loser“ ansehen, das weiß der Film von Anfang an. Er belässt es dabei und tritt es breiter. Und wird immer egaler.

Lahmes Affentheater

Komödiantisch noch am besten, wenngleich etwas schleppend, funktionieren die Missgeschicke von Jans Kumpel Alex: Der eilt seinem Freund zu Hilfe, wird vom Nachbarn der Villenbesitzer für ein Wildschwein gehalten und soll den entflogenen Kakadu namens Helmut Kohl wiederfinden. Der Versuch, wirklich aus dem Rahmen fallende Charaktere zu schaffen, endet bei nicht zu Ende gedachten Verhaltensauffälligkeiten Kurts (Max Bretschneider), einem selbstgefälligen Zahnarzt-Klischee (Stephan Luca) namens Matthias, der als Ex von Pia den „Neuen“ an ihrer Seite sofort auf dem Kieker hat, einem Elfenkönig-Fetisch des Hausherrn (Axel Stein) und der ständig von ihrer Nicht-Trennung redenden Apothekerin (Taneshia Abt).

Das sind für sich genommen völlig komödientaugliche Einfälle, doch der Film macht zu wenig daraus. Ihm fehlen Mut und Rhythmus, um Szene für Szene, Dialog für Dialog alles zum Aberwitz sich hinaufschrauben zu lassen. Die Neben-Charaktere werden zur bloßen Garnierung eines lahmen Männlichkeits-Affentheaters.

Pias Aktionen hingegen beschränken sich auf hilflose Einwürfe samt kleinlauter Entschuldigung am Ende für einen mehrere Wochen zurückliegenden Kuss mit dem Ex. Jans Groll und großzügige Entschuldigungs-Annahme ist das Pendant zu Pias immer gequälter wirkenden Figur: Sie wird weitgehend reduziert aufs passive Erdulden der Gockelei zwischen Ex Matthias und Womöglich-Bald-Ex Jan und erträgt die Antipathien zwischen den beiden sozialen Welten Grunewaldvilla und Fahrradladen, über die wir bis zum Schluss nichts gelernt haben.

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