The Old Guard
Action | USA 2020 | 118 Minuten
Regie: Gina Prince-Bythewood
Filmdaten
- Originaltitel
- THE OLD GUARD
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2020
- Produktionsfirma
- Denver and Delilah/Dune Films/Netflix/Skydance
- Regie
- Gina Prince-Bythewood
- Buch
- Greg Rucka
- Kamera
- Barry Ackroyd
- Musik
- Volker Bertelmann · Dustin O'Halloran
- Schnitt
- Terilyn A. Shropshire
- Darsteller
- Charlize Theron (Andy/Andromache) · Kiki Layne (Nile) · Matthias Schoenaerts (Booker) · Luca Marinelli (Nicky) · Chiwetel Ejiofor (Copley)
- Länge
- 118 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Action | Comicverfilmung | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Basierend auf der gleichnamigen Graphic-Novel-Reihe von Greg Rucka und Leandro Fernandez erzählt der Film von einer Gruppe Unsterblicher, die die Zeiten überdauert haben und in der Gegenwart ins Visier von Menschen geraten, die das Geheimnis ihrer Unsterblichkeit ergründen wollen.
Andy (Charlize Theron) hat ihr Alter längst vergessen. Sie ist so alt, dass sie sich weder an das Jahr noch das Jahrzehnt erinnert, in dem sie geboren wurde. Vor langer Zeit war ihr Name Andromache. Ein Name, aus dem das Leid spricht, das sich über die Millennien an ihre ewige Jugend gehängt hat. Der Name der Frau, die ihren Mann Hektor und ihren Sohn Astyanax sterben sieht und nach dem Fall ihrer Heimat Troja selbst versklavt und verheiratet wird. Kurzum: Archetyp einer Frau, deren Schicksal das Leid ist.
Die nach der Graphic Novel von Greg Rucka und Leandro Fernandez entworfene neue Version der Andromache hat dieses Schicksal nicht eine, sondern hunderte Lebzeiten mitgemacht. Ihren antiken Namen hat sie längst abgelegt, und auch den ewigen Kampf für die Menschheit, die sie seit Jahrtausenden vor sich selbst beschützt, führt sie nur noch widerwillig. Allein ihre Familie, eine Zweckgemeinschaft von Unsterblichen, die die Zeit miteinander verwurzelt hat, ist ihr noch wichtig. Mit ihrem Wiedersehen beginnt der Film. Andy umarmt den zuerst unter Napoleon gestorbenen Booker (Matthias Schoenaerts) und das seit Jahrhunderten untrennbare homosexuelle Paar Joe (Marwan Kenzari) und Nicky (Luca Marinelli). Eine Umarmung, die das gesamte Rätsel der Zweckfamilie in sich trägt: zu verhalten für ein Wiedersehen nach langer Zeit, zu vertraut für ein gewöhnliches Familie- und Freundschaftsverhältnis. Sie zeugt von einem Pathos, das der heutigen Zivilisation, zumindest der westlichen, weitgehend abhandengekommen ist.
Die Reibung zwischen der alten und der neuen Welt
Die Unsterblichen werden nicht mehr, wie in alten Tagen, als Götter verehrt und entfremden sich zunehmend von der durch Kapitalinteressen dominierten Gesellschaft. Die Welt ist entzaubert. Die Erhabenheit der ewig Lebenden scheint keinen Platz mehr zu finden in der Postmoderne. Nile (KiKi Layne) ist die Einzige der Unsterblichen, die in diese „neue“ Welt geboren wurde. Die US-Soldatin wird bei einem Einsatz in Afghanistan scheinbar tödlich verletzt, erwacht aber bald ohne einen Kratzer und ist wenig später – ohne dass sie es selbst versteht – das neueste Mitglied der alten Garde.
Aus ihrer Perspektive blicken wir auf das eigentliche Zentrum des Films – die Reibung zwischen der neuen und der alten Welt. Die Bilder dieses Konflikts sind nicht immer subtil oder gelungen, kommen aber so beharrlich wie vielfältig daher: Mal als ostentativ zur Schau gestellte antike Liebesdichtung, die der Unsterbliche Joe als Antwort auf eine homophobe Bemerkung gibt; mal in der Montage, die auf eine Rodin-Skulptur das Bild eines aseptischen, kunstbefreiten Büros folgen lässt; mal als exotische Panorama-Aufnahme, die mit Autotune-Pop beschallt wird; mal als das Bild einer Jahrtausende alten Kriegerin, die sich mit ihrer Streitaxt in die Produktregal-Schluchten eines Supermarkts verirrt.
Im Visier der Skrupellosen, Reichen und Mächtigen
Klar ist dabei immer eins: Die Gegenwart lässt keine absolute Unsichtbarkeit mehr zu und bringt damit eine permanente Form der Bedrohung für die Unsterblichen mit sich. Jungmilliardär Merrick (Harry Melling) ist der Erste, der mit wenig Skrupel und viel Kapital dem Geheimnis der Unsterblichkeit und damit Andy und ihrer Gruppe nachspürt. Die von ihm veranlasste Entführung von Joe und Nicky stellt den eigentlichen, recht dünnen Plot dar. Für die Unsterblichen ist der potenziell ewig währende Verlust der Freiheit die größtmögliche Bedrohung. Wie grausam das Schicksal derer verläuft, die in Gefangenschaft der Skrupellosen und Mächtigen der Welt fallen, offenbart die Erinnerung: Quynh (Van Veronica Ngo), einst Andys Weggefährtin über viele Epochen, wird im Zuge der Hexenverfolgungen im Mittelalter gefangen genommen und, eingeschlossen in einem stählernen Sarg, ins Meer geworfen. Der ewige Ertrinkungstod sucht die Albträume der Unsterblichen noch Jahrhunderte später heim.
„The Old Guard“ verhandelt viele der existenziellen Fragen in etwas unbeholfenen Dialogen, schafft es aber immer wieder, Bilder zu finden, die das über die Jahrtausende gesammelte Leid einfangen. Bilder, die dem Zuschauer die Frage aufdrängen, wie viele der Tode, die Andy und ihre Gefährten durchlitten haben, Suizide waren. Erinnerungen wie die an den immer wieder erlebten Tod der Gefährtin lasten wie ein Fluch auf den Unsterblichen. Auf der Segensseite steht dagegen oft nur die Fähigkeit, den Kampf für das Gute zumindest körperlich unversehrt zu überstehen.
„The Old Guard“ zeigt das in wenigen, dafür aber solide inszenierten Actionsequenzen, die mit dem über 2000 Jahre geschulten Teamplay und den in der gleichen Zeit erworbenen Einzelfähigkeiten gemeistert werden. Der auf allen Schlachtfeldern der Menschheitsgeschichte geschulte Kampfstil vereint dabei die Effizienz moderner Feuerwaffen mit dem persönlichen Touch antiquierter Nahkampfwaffen. Dabei geht es weniger um das Bezwingen der namenlosen, feindlichen Söldner als um den eigenen Tod und die darauf unweigerlich folgende Rückkehr ins Leben. Nicht die Zerstörung der fremden Körper, sondern die Regeneration des eigenen ist der eigentliche Schauwert des Kampfes. Offene Wunden, die sich schließen; Knochen, die sich von selbst richten und unter Schmerz aus dem Körper gepresste Geschosse erinnern immer wieder daran, dass allein der Tod ein Anrecht auf eine Ewigkeit in Frieden gibt.