Star Trek: Picard
Science-Fiction | USA 2020 | 491 (10 Folgen) Minuten
Regie: Hanelle M. Culpepper
Filmdaten
- Originaltitel
- STAR TREK: PICARD
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2020
- Produktionsfirma
- CBS/Roddenberry Entertainment/Secret Hideout
- Regie
- Hanelle M. Culpepper · Jonathan Frakes · Akiva Goldsman · Maja Vrvilo · Douglas Aarniokoski
- Buch
- Kirsten Beyer · Michael Chabon · Alex Kurtzman
- Kamera
- Philip Lanyon · Darran Tiernan · Crescenzo G.P. Notarile · Jimmy Lindsey
- Musik
- Jeff Russo
- Schnitt
- Andrew Coutts · Steve Haugen · Sarah C. Reeves
- Darsteller
- Patrick Stewart (Jean-Luc Picard) · Santiago Cabrera (Cristobal "Chris" Rios) · Michelle Hurd (Raffi Musiker) · Isa Briones (Dahj/Soji) · Alison Pill (Dr. Agnes Jurati)
- Länge
- 491 (10 Folgen) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f (Ep.1-4,6-10) & ab 16; f (Ep. 5)
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Science-Fiction | Serie
Heimkino
Eine letzte Mission für den ehemaligen Enterprise-Captain Jean-Luc Picard: Zusammen mit dem Roman „Star Trek: Picard – Die letzte und einzige Hoffnung“ erweiterte die Serie das Science-Fiction-Franchise um neue Abenteuer, in denen nicht zuletzt ein Appell an die Gegenwart steckt.
Staffel 1
Hoffnung war sozusagen der WARP-Antrieb, mit dem „Star Trek“ in den 1960er-Jahren durchstartete, um die Popkultur zu erobern. Während in der Realität der Kalte Krieg für Atombomben-Endzeit-Ängste sorgte, entwarf Gene Roddenberry mit seiner 1966 erstmals ausgestrahlten Serie um die Abenteuer des „Raumschiff Enterprise“ eine im 23. Jahrhundert angesiedelte Zukunftsutopie, in der die Menschheit ihre politischen und ethnischen Konflikte überwunden hat. Als Teil einer friedlichen Föderation von Planeten schickt sie Raumschiffe auf Forschungsmissionen in die unbekannten Weiten des Weltraums - voller Neugier auf statt voller Angst vor dem Fremden.
In den jüngsten Fortschreibungen der Science-Fiction-Saga, der Serie „Star Trek: Picard“ und dem Roman „Star Trek: Picard - Die letzte und einzige Hoffnung“, ist diese Utopie einer nicht nur technologisch-wissenschaftlich, sondern auch moralisch gereiften Menschheit ins Wanken geraten. „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass die Sternenflotte einmal für Angst und Intoleranz steht“, stellt die Hauptfigur Jean-Luc Picard (Patrick Stewart), einst Captain der USS Enterprise, nun aber verbitterter Ruheständler, an einer Stelle fest.
Die Integrität der Föderation steht in Frage
Was zu dieser Verdüsterung geführt hat, fasst die Serie in diversen Rückblicken zusammen; der Roman liefert eine vielstimmige Langversion, die sich unschwer als kritische Reflexion über die Gegenwart des 21. Jahrhunderts dechiffrieren lässt. Eine Klimakatastrophe apokalyptischen Ausmaßes (die Sonne im romulanischen Sternenimperium verwandelt sich in eine Supernova) und eine damit einhergehende Flüchtlingskrise erfordern in den 2380er-Jahren die Solidarität der Föderation; doch die zunächst mit großem Engagement in Angriff genommene Rettungsmission unter Picards Leitung gerät immer mehr ins Kreuzfeuer isolationistischer Kritiker, die die Ressourcen des Planetenbundes nicht an eine fremde Macht „verschwendet“ sehen wollen. Als diese Kritiker schließlich politisches Oberwasser gewinnen, weil die Rettungsmission durch einen blutigen Terrorakt der eigens für die Mission kreierten Androiden einen herben Rückschlag erleidet, stellt die Föderation ihr Engagement für die bedrohten Romulaner ein - womit auch Picards Karriere in der Sternenflotte endet.
Aufbruch zu einer neuen Mission
Ein Körnchen Hoffnung verbleibt dennoch, schließlich ist der Mann, der zwischen 1987 und 1994 in der Serie „Star Trek – Das nächste Jahrhundert“ und bis 2002 in mehreren Kinofilmen die humanistischen Ideale der Reihe hochhielt, noch nicht tot! Und so muss man sich in der neuen Serie nicht allzu lange gedulden, bis Picard im Jahr 2399 wieder auf der Brücke eines Raumschiffs steht und mit einem beherzten „Energie!“ dem unfreiwilligen Ruhestand auf seinem französischen Landgut den Rücken kehrt – wenn auch nicht mit der „Enterprise“ oder einem anderen Schiff der Sternenflotte, sondern in einem gecharterten Weltraumkreuzer mit einer bunt zusammengewürfelten Außenseiter-Crew.
Picard kann das, was 14 Jahre zuvor geschah, nicht mehr geraderücken, doch er will wenigstens ein Leben retten: das einer hochentwickelten Androidin in Gestalt einer jungen Frau, die offensichtlich das Produkt illegaler Forschungen ist, da die Entwicklung künstlicher Intelligenz in der Föderation offiziell längst eingestellt wurde. Weil Picard in ihr die „Tochter“ seines einstigen Kollegen und Freundes Commander Data erkennt, setzt er alles daran, um sie vor jenen Killern aufzuspüren, die ihr aus geheimnisvollen Gründen den Garaus machen wollen, und ihr zu helfen, ihren Heimatplaneten zu finden.
Weltraum-Exotik, Abenteuer und ein guter Schuss Nostalgie
Eine Unternehmung, der die Serie reichlich Material für eine opulente Weltraumoper abgewinnt: exotistisch in der Lust an außerirdischen Kulturen (von romulanischen Kriegernonnen bis zu Ex-Borgs auf einem stillgelegten Borg-Kubus), abenteuerlich in der Konfrontation mit immer neuen Gefahren, melodramatisch in den emotionalen Verwicklungen und nicht zuletzt auch nostalgisch, wenn Charaktere ins Spiel kommen, die aus älteren „Star Trek“-Serien bekannt sind, von Hugh alias Third of Five (Jonathan Del Arco) und Annika alias Seven of Nine (Jeri Ryan) über melancholische Erinnerungen an Data (Brent Spiner) bis hin zu einem liebevollen Widersehen mit Picards ehemaliger „Nr. 1“ William Ryker (Jonathan Frakes) und Deanna Troi (Marina Sirtis). Patrick Stewart bildet einmal mehr das Zentrum des ganzen Treibens - vielleicht sogar noch ein Stückchen charismatischer als früher, weil der melancholische Schatten des Scheiterns und die Fragilität des Alters, die die Figur nun umgeben, sie noch interessanter und menschlicher machen.
Der Gegner ist vor allem die Furcht
Aber auch seine neue Crew trägt viel zum Charme und Spannungspotenzial der neuen Serie bei. Etwa Raffi Musiker (Michelle Hurd), die Picard im Roman „Star Trek: Picard - Die letzte und einzige Hoffnung“ bei der Rettungsmission als Nr. 1 zur Seite steht und die man als energische Sternenflotten-Offizierin kennenlernt, bis sie einen so hohen Preis für ihr Engagement zahlt, dass sie in der Serie nun als Schatten ihrer selbst nicht zuletzt auch um ihren verlorenen inneren Frieden kämpft. Oder die Androidin Soji (Isa Briones), um die sich eine Art "Blade Runner"-Drama entfaltet und die in einer gefährlichen Liebesbeziehung mit dem undurchschaubaren Romulaner Narek (großartig: Harry Treadaway) steckt.
Ergänzt durch die auf den ersten Blich nett-harmlos wirkende, aber von einem quälenden inneren Konflikt gebeutelte Wissenschaftlerin Agnes Jurati (Alison Pill), den Raumkreuzer-Captain Chris Rios (Santiago Cabrera), der zusammen mit seinen Hologramm-Doubles lässige Han-Solo-Vibes und etwas „comic relief“ in die Serie einbringt, und einem jungen romulanischen Krieger, der in Picard eine Vaterfigur sieht (Evan Evagora), ergibt sich ein Ensemble, das reichlich Identifikationsangebote und dramaturgische Reibungsflächen bietet.
Sie alle wachsen über sich selbst hinaus, um der mit futuristischem Zauber zelebrierten, aber nicht zuletzt als Appell an die Gegenwart gemeinten Herausforderung zu begegnen: die Angst und die aus ihr geborene Feindseligkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Anderen zu überwinden, um wieder mit Mut, Optimismus und Zutrauen in die Zukunft schauen zu können.
Staffel 2
Die unbetretenen Pfade, das ungelebte Leben: Je älter man wird, umso mehr droht die Reue, und gewichtiger als das, was man getan hat, ist dann oft das, was man unterlassen hat. Man sollte meinen, dass eine Legende wie Jean-Luc Picard (Patrick Stewart), einstiger Captain der Enterprise und Held unzähliger Abenteuer, davon verschont ist. Doch auch in seinem Leben gibt es – darum kreist die neue Staffel von „Star Trek: Picard“ unter anderem – diese unrealisierten Möglichkeiten, und seine neue Mission kreist auch darum, sich ihnen und dem, was ihn von ihrer Verwirklichung abgehalten hat, zu stellen.
Dabei sah es am Ende von Staffel 1 noch nach „Ende gut, alles gut“ aus: Die Bitterkeit über Fehlentscheidungen der Sternenflotte, die ihn zu Beginn der Serie quälte, konnte er damit überwinden, die Weichen für eine bessere Zukunft zu stellen; ein potenziell verheerender Konflikt konnte abgewendet werden, Vernunft und der Wille zum Frieden siegten über Kriegstreiberei. Und dem mit einer tödlichen Erkrankung ringenden Picard selbst wurde mehr Lebenszeit geschenkt. Diese nun damit zu verbringen, sich zufrieden in Chateau Picard zurückzulehnen und die Erzeugnisse des eigenen Weinguts zu genießen, ist dem Sternenflotten-Veteranen freilich nicht vergönnt: Seit Anfang März 2022 läuft bei Amazon Prime die zweite Staffel; seit 5. Mai sind sämtliche zehn neue Folgen verfügbar und wollen mit neuen Herausforderungen und Konflikten gefüllt sein.
Q verändert die Vergangenheit und schafft eine faschistoide Gegenwart
Der Auftakt geht direkt in medias res: Picard wird zu Hilfe gerufen, als im Zuge einer Sternenflotten-Mission, bei der die Mitglieder seiner Crew aus Staffel 1 involviert sind, eine Anomalie im Weltraum entdeckt wird; dann eskalieren die Ereignisse rasant, ein Borg-Angriff scheint das Schiff zu bedrohen. Und plötzlich werden Picard und seine Freunde Cristobal Rios (Santiago Cabrera), Agnes Jurati (Alison Pill), Seven of Nine (Jeri Ryan), Raffi Musiker (Michelle Hurd) und Elnor (Evan Evagora) aus ihrer Wirklichkeit hinausgeschleudert und finden sich in einer parallelen Realität wieder, in der die Föderation eine widerlich totalitäre Gestalt angenommen hat.
Was es damit auf sich hat, verrät Picard der Besuch einer alten Nemesis: Q (John de Lancie) ist wieder da, jene schillernde, machtvolle Trickster-Kreatur, die Picard und seiner Enterprise-Crew in „Star Trek: Das nächste Jahrhundert“ öfters zu schaffen machte und sie vor sinistre Bewährungsproben stellte. Offensichtlich hat das gottgleiche Wesen diesmal am Zeitstrahl herumgespielt, und die einzige Möglichkeit, die Dinge wieder geradezurücken, ist eine Reise zurück ins 21. Jahrhundert: Irgendetwas ist, durch Q angestoßen, dort geschehen, was die Zukunft verändert hat; nun gilt es herauszufinden, was dieses Etwas ist, und wie es wieder zu richten – eine Aufgabe, die der Serie zwischenzeitlich Anklänge eines Heist Movie verpasst. Wobei Picard aber bald merken muss, dass es mit diesem Abenteuer allein nicht getan ist; ihm steht auch ein inneres Abenteuer bevor, eine Auseinandersetzung mit der eigenen Kindheit, einem verdrängten Trauma und dessen Folgen für den Mann, der er geworden ist.
Beziehungs-Netze zwischen Vergangenheit und Zukunft
Die Zeitreise-Thematik liefert der Serie – das kennt man aus früheren Variationen des Themas im „Star Trek“-Kosmos – unter anderem Stoff für ein satirisch angehauchtes Culture-Clash-Szenario, wenn Picard und sein Team es mit einer Menschheit des 21. Jahrhunderts zu tun bekommen, die aus zukünftiger Sicht hoffnungslos rückständig aussieht. Wobei sich die politischen Spitzen, die damit einhergehen, auf einige wenige Episoden beschränken, etwa wenn Cristobal Rios kurz nach dem Zeitsprung zurück ins Los Angeles des Jahres 2024 auf rüde Weise zu spüren bekommt, dass Latinos ohne gültige Papiere dort schnell unter die Räder kommen können. Ansonsten richtet die Serie ihren Fokus vor allem aufs Zwischenmenschliche: Es geht um die komplizierten Netze von Beziehungen, die uns mit der Vergangenheit und der Zukunft verbinden und prägen, wer wir sind.
Für Picard bedeutet das, dass er sich mit zwei weiblichen Familienmitgliedern auseinandersetzen muss: mit seiner früh verstorbenen Mutter, die in langen Erinnerungs-Sequenzen wieder lebendig wird, sowie mit einer Vorfahrin namens Renée Picard, deren Schicksal im Jahr 2024 in Qs Modifikation des Zeitstrahls eine Schlüsselrolle zu spielen scheint. Zudem nutzt die zweite Staffel die Gelegenheit, Picards Crewmitglieder als Charaktere weiterzuentwickeln und schärfer zu konturieren: Seven of Nine und Raffi ringen mit ihren Gefühlen füreinander; Rios kommt einer Frau aus dem 21. Jahrhundert näher, als für einen Zeitreisenden, der dort nur kurz Station macht, ratsam ist; und der faszinierendste und zugleich amüsanteste Handlungsstrang gilt der unscheinbaren Dr. Agnes Jurati: Um die Zeitreise zu bewältigen, braucht die Crew ausgerechnet die Hilfe einer Borg-Königin, und es ist Jurati, die den Fall-out dieses Teufelspakts auf sich nimmt und eine spektakulär toxische Beziehung zur Königin eingeht, die selbstredend eine ganz eigene Agenda verfolgt.
Warmherzige Fortschreibung der Saga
Auch wenn gegen Ende von Staffel 2 die Auflösung von Picards innerer Reise, die so etwas wie eine psychologische Origin-Story der Figur entwirft, arg trivial ausfällt, gelingt den neuen Folgen insgesamt eine warmherzige und zugleich sehr unterhaltsame Fortschreibung der Saga. Ähnlich wie schon in Staffel 1 tragen dazu auch zahlreiche liebevolle Reminiszenzen an die Seriengeschichte bei: Neben Q, einem der Lieblingsschurken des Franchises, spielt auch Picards Vertraute und Ratgeberin Guinan, in „Next Generation“ einst verkörpert von Whoopi Goldberg, jetzt in jugendlicher Form von Ito Aghayere gespielt, eine Schlüssel-Rolle beim Einrenken der Zeit; der frühere Data-Darsteller Brent Spiner darf als Wissenschaftler Adam Soong eine fiese Seite an den Tag legen, und gegen Ende wartet sogar ein augenzwinkerndes Cameo von Wil Wheaton alias Wesley Crusher auf die Fans.
Vor allem aber macht die Serie einmal mehr ihrem Titel alle Ehre und gibt Patrick Stewart reichlich Raum, um die Figur Jean-Luc Picard als charismatisches Bollwerk für Toleranz und Humanismus erstrahlen zu lassen und sie doch zugleich weiter mit feinen menschlichen Rissen zu versehen, die sie noch zugänglicher machen. Es wundert nicht, dass sich da gegen Ende selbst Q zu so etwas wie einer Liebeserklärung an seinen alten Sparringspartner hinreißen lässt.
Staffel 3
Dass Hollywood von einigen seiner alten Helden nicht lassen will, ist ein zweischneidiges Schwert. Es kann eine traurige Angelegenheit sein, wenn man an Bruce Willis denkt, der sich 2022 aufgrund seiner Aphasie vom Schauspielgeschäft zurückzog, nachdem er in den Jahren zuvor bis zum Überdruss in schlechten B-Movies verheizt worden war. Es kann aber auch eine großartige Angelegenheit sein, wie Patrick Stewart beweist, dem die Serienschöpfer von „Star Trek: Picard“ ein rundum gelungenes Comeback beschert haben. Und das vor allem deshalb, weil sie nicht versuchten, seine Figur des Captain Jean-Luc Picard aus „Star Trek: Das nächste Jahrhundert“ („The Next Generation“) einfach nur zu reaktivieren. Stattdessen haben sie Picards fortgeschrittenes Alter, seinen Blick zurück aufs eigene Leben und auf die Entwicklungen um ihn herum zum Thema der Serie gemacht. Das galt für die ersten beiden Staffeln, und das gilt auch für die dritte Staffel, mit der die Saga der Figur nun an ein Ende geführt wird.
„Traue niemandem!“
Am Anfang der neuen Folgen will sich Picard von Erinnerungsstücken an seine Laufbahn als Sternenflotten-Captain trennen. Als seine Partnerin Laris Einwände erhebt, lässt er sie wissen, dass ihm das eigene Vermächtnis nicht wichtig ist; was er will, ist ein neues Abenteuer! Und das klopft kurz darauf in Form eines seltsamen Hilferufs bei ihm an. Dr. Beverly Crusher (Gates McFadden), einst unter seinem Kommando Ärztin auf der Enterprise, ist an den Rändern des Föderationsgebiets in Bedrängnis geraten. Worum es genau geht, wird aus der kryptischen Botschaft nicht ganz deutlich. Nur eines macht Beverly Crusher klar: „Traue niemandem!“
Natürlich lässt Picard den Hilferuf nicht unerhört. Und er beherzigt ihren Rat, indem er niemanden aus der Sternenflotte ins Vertrauen zieht, als er als Admiral a.D. unter falschem Vorwand auf der U.S.S. Titan an Bord geht, um sich eine Passage zu Crushers Standort zu ertricksen. Aber es gibt einige Gefährten, auf die er sich auch in heiklen Angelegenheiten blind verlassen kann. An seiner Seite ist seine ehemalige Nr. 1, William Ryker (Jonathan Frakes). Die Kniegelenke mögen bei beiden nicht mehr ganz so mitmachen wie früher, und die Hand am Faser ist auch nicht mehr so sicher, aber der Geist, der einst die Enterprise beseelte, ist noch immer quicklebendig.
Nicht nur Nostalgie
Wenn die Mission der beiden Fahrt aufnimmt, wird natürlich auch die Nostalgie bedient. Das hat viel mit dem Design zu tun, das an den Look der 1990er-Jahre anschließt, vor allem aber mit dem Ensemble der neuen Staffel. Neben Beverly Crusher, mit der Picard einst eine nie so richtig in Gang gekommene Liebe verband, meldet sich im Lauf der Handlung auch der ganze Rest des „inner circle“ aus Picards Zeit als Enterprise-Captain zurück – der Klingone Worf (Michael Dorn), Ingenieur Geordie LaForge (LeVar Burton) und Deanna Troi (Martina Sirtis); sogar der eigentlich zerstörte Data (Brent Spiner) spielt eine kleine Rolle. Eine schmerzhaft-schöne Folge beschert Picard eine unerwartete Konfrontation mit der Bajoranerin Ro Laren (Michelle Forbes), für die er einst ein Mentor war, bis sie die Sternenflotte verriet; in einer anderen darf einer der kuriosesten Antagonisten aus „The Next Generation“, der eigentlich für ein Sherlock-Holmes-Spiel auf dem Holodeck kreierte, dann außer Rand und Band geratene KI-Professor Moriarty (Daniel Davis), noch einmal mitmischen.
Doch die Serienmacher schaffen es, die Nostalgie nie zum alleinigen Movens zu machen. Einfach nur zum Dahinschmelzen schöne Wiedersehensfreude-Momente – wenn etwa Worf seinen ersten Auftritt in der Serie hat und gleich mit seiner klingonischen Klinge den Tag rettet – werden flüssig in die neue Mission eingebettet. Bei der geht es nicht nur um verwegene Abenteuer, sondern auch darum, was die Erfahrungen der Jahre mit den Protagonist:innen von einst gemacht haben – also um Veränderungen, um das Hinterfragen von Lebensentscheidungen, um Verluste und – last but not least – auch um Reibungen mit der jüngeren Generation. Denn neben den Veteran:innen spielen auch einige ihrer Kinder eine wichtige Rolle.
Große Space Opera
Fans, denen in der vornehmlich auf der Erde des 21. Jahrhunderts und in Picards Erinnerungen spielenden zweiten „Picard“-Staffel der „Space Opera“-Aspekt etwas zu kurz gekommen ist, dürften durch Staffel 3 versöhnt werden. Denn den Freunden stehen Konfrontationen mit erstaunlichen außerirdischen Spezies bevor (ein herrliches visuelles Spektakel: ein bedrohlicher kosmischer Nebel, der sich als hochschwangeres Mutterwesen entpuppt), haarsträubende Verfolgungsjagden durch unbekannte Ecken des Alls, Shoot-outs mit feindlichen Schiffen, die mit noch Fieserem als Photonentorpedos zurückschießen, Scharmützel auf KI-überwachten Raumstationen. Den Aufhänger dazu liefert eine von Amanda Plummer verkörperte Schurkenfigur namens Vadic, deren Motive zunächst undurchschaubar sind, bis Picard & Co. Kontakt zu Raffi Musiker (Michelle Hurd) bekommen – neben Seven of Nine alias Annika Hansen (Jeri Ryan) die einzige Vertreterin von Picards jungen Crewmitgliedern aus den Vorgängerstaffeln, die im Finale noch mitmischt. Sie arbeitet mittlerweile als Agentin für den Geheimdienst der Sternenflotte und ist auf der Spur terroristischer Umtriebe, die mit der mysteriösen Vadic zu tun haben und die Freunde schließlich auf die Spur der Intrige einer höchst gefährlichen Spezies führen, die schon den Kollegen von „Deep Space Nine“ zu schaffen machte.
Schließlich geht es, ein letztes Mal für Picard, um alles oder nichts. Das Fortbestehen der Föderation ist in Gefahr, und die Crew rund um den ehemaligen Captain ist das Einzige, was das just am symbolträchtigen „Frontier Day“ geplante Untergangsdebakel noch verhindern könnte. Der Countdown läuft. Und ja, dann geht es nicht mehr ums Vermächtnis, nur noch um die geballte Erfahrung, die mobilisiert werden muss, um den Jüngeren die Chance auf eine Zukunft zu geben. Die „Next Generation“ muss noch einmal ihr Bestes tun – für die neue nächste Generation.