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Blutsauger

Hintersinnige Komödie über die Liebe im Kapitalismus - bis 13.12. in der ARD-Mediathek

Veröffentlicht am
15. November 2024
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An einem Dienstag im August 1928 steht ein Mann in Anzug und Zylinder am Strand und schaut aufs Meer; weit hinter ihm steht eine Frau mit feinen Handschuhen. Der Anzugträger ist der in Russland in Ungnade gefallene Schauspieler Ljowuschka (Aleksandre Koberidze), der am Ostseestrand seine Übersiedlung nach Hollywood plant. Die Frau, die ihn beobachtet, ist die reiche deutsche Fabrik-Erbin Octavia Flambow-Jansen (Lilith Stangenberg).

Während ein Karl-Marx-Lesekreis in den Dünen unweit der beiden Figuren den blutsaugenden Charakter der bourgeoisen Octavia längst erkannt hat, lässt sich Ljowuschka, der sich als russischer Baron ausgibt, von Octavia auf ihr Anwesen einladen. Obwohl seine Tarnung als Baron bereits am ersten Abend auffliegt, erweist sich Octavia als äußerst hilfreich. Ljowuschka ahnt noch nicht, dass sie eine im wahrsten Sinne des Wortes blutsaugende Kapitalistin ist.

Die vor Ideen aus allen Nähten platzende Komödie von Julian Radlmaier erkundet mit Hilfe von Klamauk, Anachronismen und Marx-Lesekreisen, ob sich die Liebe ihren Weg durch eine von Kapital und Klasse bestimmte Welt bahnen kann. Der als Diskurskino angelegte Film schwappt vor sprachlichen und filmischen Ideen nur so über und schlägt mühelos eine Brücke in die Gegenwart. - Sehenswert ab 14.


Lesetipp

Über seine Kombination von spielerischem Ansatz, intellektueller Herausforderung und stilsicherem Umgang mit der Filmgeschichte spricht Julian Radlmaier im Interview mit Ulrich Kriest.

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