Regisseure aus Fernost feiern die asiatische Kochkunst gerne im Rahmen einer mehr oder weniger dramatischen Familiengeschichte. Beispiele sind etwa Ang Lee und „Eat Drink Man Woman“, Trần Anh Hùng und „Der Duft der grünen Papaya“ und Eric Khoo versucht es nun mit „Ramen Shop“. Dreh- und Angelpunkt seines Generationenreigens ist die japanische Suppenspezialität Ramen, die ihren kulinarischen Reiz längst global unter Beweis gestellt hat. Das Besondere der Delikatesse ist die mehrstündige Kochdauer der Brühe aus Schweinebauch, Hühnerschenkeln, Gemüse und Gewürzen. Ist der erwünschte Geschmack nach einer kleinen Ewigkeit erreicht, kommen Nudeln, ein gekochtes Ei und Schweinefleisch hinzu.
Ein Koffer voller Erinnerungen
Ob die Suppe geschmacklich ankommt, erkennt Juniorkoch Masato an den Geräuschen, die seine Gäste in dem väterlichen Restaurant verlauten lassen, enthemmtes Schlürfen der Nudeln inklusive. Den Vater kann die tägliche Bestätigung indes kaum über den lange zurückliegenden Tod seiner Frau hinwegtrösten. Er ertränkt seine Trauer in Alkohol und stirbt, wobei er dem Filius einen großen Koffer mit Erinnerungsstücken hinterlässt. Für Masato ist das ein Grund, um nach Singapur zu fahren, wo er mit seinen Eltern die ersten zehn Lebensjahre verbrachte. Die Familie seiner Mutter kam aus China in die boomende Republik, um hier eine Suppenküche zu betreiben, weshalb Masato den Geruch der Rippchensuppe seines Onkels so tief abgespeichert hat wie Marcel Proust einst den Geschmack von Madeleines.
Während Masato in Begleitung einer Food-Bloggerin die Vergangenheit bei Spaziergängen durch die Stadt zu rekonstruieren versucht, in der viele unterschiedliche Küchen um die Gunst der multiethnischen Gourmets wetteifern, erzählen ihm Verwandte von Konflikten, die ihm unbekannt geblieben sind, etwa dass der Mann seiner Großmutter im Zweiten Weltkrieg von Japanern ermordet wurde, weshalb sie es ihrer Tochter nicht verzeihen konnte, dass sie ausgerechnet einen Japaner geheiratet hat.
Ramen und Rippchensuppe
Zunächst nähert sich Masato dem Onkel an, indem er ihm ein Familienrezept entlockt, eine Mischung aus Ramen und Rippchensuppe à la Singapur. Dann spürt er die verbitterte Großmutter auf, die ihn als Halb-Japaner ablehnt, bis er ihr seine Suppenkreation präsentiert, wodurch ihr Widerstand schwindet.
Auf diese Weise verwebt Eric Khoo mühelos Migrantenschicksale mit Kriegstraumata, die Macht der kulinarischen Wonnen mit familiärer Versöhnung. Der abrupte Tonwechsel geht allerdings nicht immer auf, zumal die Zeitgeschichte oft nur angetippt wird, um die Beweggründe der Figuren einfließen zu lassen und dann möglichst schnell wieder die Küche aufzusuchen, wo das Wunder des guten Essens alle Dämonen vertreibt.
Auf die Zutaten kommt es an
Dass diese vorhersehbare Dramaturgie mitunter in die Gefilde einer stockenden Seifenoper abdriftet, verwundert nicht weiter, schafft aber auch einen gewissen Leerlauf. Doch sobald das Kochen wieder in den Vordergrund rückt, von der Suche nach den richtigen Zutaten auf dem Wochenmarkt bis zum gemeinsamen Austausch über eine unerwartete Geschmacksabweichung, kehrt die Aufmerksamkeit zurück. Diese den Genuss feiernden, liebevoll inszenierten Momente entschädigen für die etwas überdeutliche und tränenreiche Familienaufstellung.