Das Leben als Puzzle aus kleinen Einzelteilen, die partout nicht alle zusammenpassen wollen: So setzt der Vorspann um, wie der Protagonist Xavier die Welt sieht – ein Chaos von Eindrücken und Erfahrungen, und er als mäßig erfolgreicher 40-jähriger Schriftsteller mittendrin. In der famosen Komödie „L’Auberge Espagnole“ (fd 36 212) hatte der französische Regisseur Cédric Klapisch Xavier im Jahr 2002 als leicht naiven Studenten eingeführt und in der international zusammengesetzten WG erste Kontakte mit den Lebens-, Arbeits- und Liebesherausforderungen einer globalisierten Welt erleben lassen. 2005 folgte die Fortsetzung „Wiedersehen in St. Petersburg“ (fd 37 318), die den Protagonisten auch Jahre nach dem Studium immer noch ziellos dahin treibend präsentierte, bevor er im Zuge einer Wiederbegegnung mit den alten WG-Kumpanen seinen Traum vom Schriftstellerdasein neu erweckte und mit seiner früheren Mitbewohnerin Wendy scheinbar auch die Frau fürs Leben fand. Die ersten beiden Filme ließen sich als nicht sehr tiefschürfende, aber beschwingte Zeitgeist-Porträts einer globalisierten Generation verstehen: beruflich und privat flexibel, mehrsprachig, international vernetzt. Der dritte Teil „Beziehungsweise New York“ zeigt nun die Kehrseite dieses Weltbürgertums: Xaviers WG hat sich in alle Winde zerstreut, und nach zehn Jahren und zwei gemeinsamen Kindern ist auch die Beziehung zu Wendy an ein Ende gelangt. Mit seinen vagen Künstlerambitionen hat Xavier immer noch keinen rechten Lebensplan, anders als seine Altersgenossen: Wendy hat sich damit arrangiert, dass sie für seichte, aber erfolgreiche Fernsehformate schreibt, und ergreift auch in ihrem Privatleben die Alternative, als sie mit den Kindern zu ihrem neuen Freund nach New York zieht. Xaviers beste Freundin Isabelle arbeitet an der Wall Street und will mit ihrer Partnerin ein Kind bekommen, mit Xavier als Samenspender. Selbst die neurotische Martine, mit der Xavier jahrelang eine nicht sonderlich gute Beziehung führte, hat sich als alleinerziehende Mutter und toughe Geschäftsfrau selbst verwirklicht. Neben all diesen Powerfrauen wirkt der Protagonist in seiner permanenten Überforderung mehr denn je wie ein moderner Wiedergänger von Truffauts Antoine Doinel. Nach dem ersten Schock über die Scheidung folgt Xavier seiner Frau und den Kindern nach New York. Dort muss er aber feststellen, dass er als freier Schriftsteller schlechte Karten im Kampf um das Sorgerecht hat. Um nach Ablauf seines Visums nicht ausreisen zu müssen, bleibt ihm nur eine Heirat mit einer Amerikanerin, die zu einer Scheinehe bereit ist. Das allerdings befreit Xavier nicht vom Druck, denn die vorgetäuschte Beziehung fordert sehr viel Aufmerksamkeit, um die Einwanderungsbehörde erfolgreich hinters Licht zu führen. Obwohl die Stimmung nicht mehr so heiter ist wie in den ersten beiden Filmen, versieht Klapisch die Inszenierung mit spielerischen Elementen: Zeitraffer- und Zeitlupenaufnahmen, animierte Linien, die auf Stadtplänen Wege nachzeichnen, und surreale Momente, die illustrieren, dass Xavier gelernt hat, seine Ticks zu akzeptieren. In „L’Auberge Espagnole“ hatte er noch einen Arzt aufgesucht, als ihm wiederholt Erasmus von Rotterdam erschienen war, inzwischen aber weiß er es zu schätzen, wenn er sich mit Philosophen wie Hegel über das Leben austauschen kann. In der Wiederholung erprobter Stilmittel zeigen sich jedoch auch Ermüdungserscheinungen. Die einstige Frische stellt sich nur noch selten ein und weicht einer Melodramatik, die ähnlich forciert wirkt wie Xaviers leicht penetranter Hang zum Selbstmitleid. Auch der episodenhafte Charakter ist weniger überzeugend und beinhaltet unnötige Nebenplots, durch die vor allem die zweite Hälfte des Films recht zerfahren ist. Dennoch ist die Fortsetzung ein weiterer unterhaltsamer Teil des Weltbürger-Zyklus, insbesondere für Kenner der Vorgängerfilme, mit einem Wiedersehen mit Romain Duris, Audrey Tautou, Cécile de France und Kelly Reilly. Bis auf Andrey Tautou wurden alle erst durch „L’Auberge Espagnole“ bekannt und schlüpfen nun als gereifte Darsteller erneut in ihre alten Rollen – mit ziemlich unwiderstehlichem Effekt. Eine weitere Fortsetzung scheint deshalb eine attraktive Idee, auch wenn Cedric Klapisch das wie schon nach den ersten Teilen bislang ausschließt.