Von „Provinz“ möchte er nichts hören. Da redet Hans A. Pospiech schon lieber französisch-vornehm von „Provence“, wenn er von seiner Heimatstadt Neufurth spricht. Pospiech weiß, dass er aneckt, doch irgendeiner muss es schließlich tun, wenn der Rest der Ortsbewohner wegen der Finanzkrise im kollektiven Resignationsschlaf versinkt. Nicht einmal die Flugzeuge, welche die Stadt ständig überfliegen, stören sie groß – das Aufbegehren erschöpft sich hier darin, einem Schneemann ein Schild mit der Aufschrift „Kampf dem Fluglärm“ umzuhängen.
Pospiech hat es noch halbwegs gut getroffen: In seiner Garage lagern reichlich Memorabilien und Aufnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg, die er nach und nach („Pro Explosion fünfzig Euro“) an einen Schweizer Sammler verhökert. Sein Lebenszweck aber ist das Inszenieren eigener Filme, mit denen er den örtlichen Filmclub regelmäßig beglückt, wo man von seinem Talent allerdings weit weniger überzeugt ist. Als seine Bank einen Filmwettbewerb auslobt, wittert Pospiech die Chance auf den Durchbruch. Seine gewagte Idee: Adolf Hitler in einem Film einmal ganz als Privatmann zu zeigen und nicht allein auf den Massenmorden herumzureiten. Seinen Mitbürgern muss er das Vorhaben allerdings erst schmackhaft machen, da diese anfangs doch ein oder zwei Bedenken haben.
Gealtert, aber unverändert grantig präsentiert Gerhard Polt eine gelungene Variation seines Figurenarsenals beschränkter Durchschnittsmenschen. Es ist erst der fünfte Kinofilm des gefeierten Kabarettisten, für den Bühne und Fernsehen immer das natürlichere Betätigungsfeld waren. Doch als Möchtegern-Künstler Pospiech fühlt Polt sich sichtlich wohl in seiner Haut und streut in den Unsinn, den seine Figur für gewöhnlich verzapft, seine gewohnt hintersinnigen Lebensweisheiten ein. In erster Linie allerdings geht es dem Film, für den Polt zusammen mit dem britisch-österreichischen Regisseur Frederick Baker auch das Drehbuch schrieb, um eine gallige Satire auf das deutsche Verhältnis zu Adolf Hitler. Polt und Baker zielen insbesondere auf jüngere Versuche des deutschen Kinos über Hitler ab. Wenn der Amateurfilmer selbstgefällig sein Konzept rechtfertigt, Hitler als Menschen zu zeigen und sich dafür die Historie nach eigenem Belieben zurechtzuzimmern, erinnert das nicht von ungefähr an Bernd Eichingers und Oliver Hirschbiegels Erklärungen zu „Der Untergang“
(fd 36 679). Robert Meyer als Hitler-Darsteller von Pospiechs Gnaden karikiert zudem in einigen Szenen eindeutig Bruno Ganz’ aufdringlich-schwermütige Rolleninterpretation.
Die Inszenierung der Dreharbeiten für den dilettantischen Amateurfilm, bei denen diverse Eitelkeiten aufeinanderprallen, enthält manch amüsante Note. Anders als Polts frühere Werke „Kehraus“
(fd 24 295) und „Man spricht deutsh“
(fd 26 639) verschenkt der Film jedoch ein Großteil seines Potenzials, da er in vielerlei Hinsicht zu beschwichtigend ausfällt. Zwar erscheint die Provinz als Nährboden für die Verharmloser der NS-Verbrechen, zu denen beileibe nicht nur Pospiech zählt, doch kommen in Neufurth vom Nazi-Sympathisanten bis zum indischen Migranten alle so gut miteinander aus, dass es keine Konflikte zu geben scheint, die sich bei einem gemeinsamen Bier nicht aus der Welt schaffen ließen.
Die meisten Figuren bleiben zudem blass; neben Gerhard Polt sticht lediglich Nikolaus Paryla als Pospiechs schärfster Filmclub-Konkurrent hervor. Mit seiner köstlichen Darbietung eines kleinkarierten und intriganten Nervenbündels verschafft er dem Film notwendige Impulse, da die Inszenierung im zweiten Teil immer wieder ins Stocken gerät. Hinzu kommen Lücken in der Handlung und ein ziemlich abruptes Ende, die darauf hindeuten, dass „Und Äktschn!“ ursprünglich als episodischer Sketchfilm gedacht war.
„Als Regisseur braucht man eine Vision, eine Utopie“, lässt Polt seine Figur einmal sagen. Für seinen Film ließe sich ergänzen, dass es auch noch etwas mehr Stringenz bedurft hätte, um der Satire angemessene Schärfe zu verleihen.