50 Jahre Entwicklungshilfe und 600 Milliarden US-Dollar haben den afrikanischen Kontinent nicht vorwärts gebracht, sondern seine allumfassende Stagnation festgeschrieben. Anhand von drei Fallstudien aus Mali, Kenia und Tansania bilanziert der Dokumentarfilm hellsichtig die Gründe für die kontraproduktive Wirkung der Unterstützung aus dem Westen. Zu Wort kommen vor allem afrikanische Intellektuelle und Praktiker. Während viele Hilfsgelder in die Geberländer zurückfließen, verfallen die Nehmerländer in Lethargie. Peter Heller zeichnet intensiv ein desillusioniertes Afrika-Bild, verzichtet aber wohltuend auf holzschnittartige Patentlösungen.
- Ab 14.
Süßes Gift - Hilfe als Geschäft
Dokumentarfilm | Deutschland 2012 | 92 (24 B./sec.)/89 (25 B./sec.) Minuten
Regie: Peter Heller
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2012
- Produktionsfirma
- Lichtfilm/WDR/ARTE
- Regie
- Peter Heller
- Buch
- Peter Heller
- Kamera
- Sulemann Kissoky · Dieter Stürmer
- Musik
- Arpad Bondy
- Schnitt
- Gesa Marten
- Länge
- 92 (24 B.
sec.)
89 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- 08.11.2012
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Obwohl die afrikanischen Staaten von den Kolonialmächten schon vor einem halben Jahrhundert in die politische Unabhängigkeit entlassen wurden, kann in den meisten Ländern von wirklicher Unabhängigkeit bis heute nicht die Rede sein. Ökonomisch hängen sie noch immer am Tropf der westlichen Welt, und das, obwohl der Kontinent seither mit rund 600 Milliarden US-Dollar Entwicklungshilfe gefördert wurde. Nicht trotz, sondern gerade wegen dieser Zahlungen, so die zugespitzte These von „Süßes Gift“, hat in Afrika keine Entwicklung stattgefunden. Das ist eine Sicht, die nicht unbedingt neu, aber deshalb nicht falsch ist. Zumal Peter Heller, der sich im Lauf der Jahre in rund 30 Dokumentationen des Themas Afrika angenommen hat, auf diesem Gebiet als ausgewiesener Experte gelten kann. Neu ist vor allem, dass die Kritik nicht von westlichen, sondern vornehmlich von afrikanischen Intellektuellen formuliert wird. An drei konkreten Beispielen macht Heller deutlich, was in der Vergangenheit falsch gelaufen ist und noch immer falsch läuft. Wobei er einräumt, dass bei den Geberländern oft guter Wille vorhanden war, es aber an der nötigen Kompetenz und Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten und Mentalitäten mangelte. So kamen norwegische Entwicklungshelfer auf die Idee, von der Dürre geplagte Nomaden im Norden Kenias an den nahen Turkana-See umzusiedeln und ihnen das Fischen beizubringen, um dem Hunger der Menschen ein Ende zu setzen. Damit nicht genug, errichteten sie eine Fabrik, in der die Fische für den Export verarbeitet werden sollten. Eine glatte Fehlinvestition: Die Nomaden ließen sich nicht dauerhaft zu Fischern machen, kauften mit dem verdienten Geld sogleich Vieh und zogen damit in ihre angestammten Gebiete zurück. Außerdem war die Fabrik mit ihrem riesigen Energiebedarf gänzlich überdimensioniert. Heute dient sie, halb verfallen, als Lagerhalle für Trockenfisch. In den beiden anderen Beispielen aus Mali und Tansania beleuchtet der Film ähnliche Fehlplanungen. Noch bemerkenswerter als diese Einzelfälle nehmen sich die Einschätzungen der einheimischen Experten über die grundsätzliche Problematik von Entwicklungshilfe aus. Sie beklagen, dass ein großer Teil der Hilfsgelder in Form von Aufträgen oder Lebensmittelkäufen ohnehin wieder in die Ursprungsländer zurückfließe. Sie machen aber auch keinen Hehl daraus, dass die dauerhafte Hilfe ihre Landsleute über die Jahre hinweg lethargisch gemacht habe. Selbst Hilfsprojekten, die dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ folgen, war selten Erfolg beschieden, wenn die Aufbauhelfer ihre Arbeit beendet hatten. Zudem fehlen in vielen Ländern die politischen Rahmenbedingungen für einen dauerhaften Wandel. „Echte Entwicklungshilfe“, so ein Journalist, „müsste zunächst einmal Regierungen stürzen, um wirksam zu sein.“ Trotz einiger kleiner Beispiele, die Anlass zur Hoffnung geben, zeichnet Hellers Dokumentation ein überwiegend düsteres Bild des Kontinents, verzichtet dabei aber wohltuend auf die Präsentation holzschnittartiger Patentlösungen. Heller greift auf viele (teils vor Jahren selbst gedrehte) Archivbilder zurück. So entsteht kein bebildertes Thesenpapier, sondern ein originärer Dokumentarfilm, der deutlich macht, dass die Probleme Afrikas letztlich auch unsere sind. Am Ende sitzt ein Junge in einem Baum und erklärt lächelnd: „Wenn Gott hier alle Tiere tötet, komme ich zu euch.“
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