Eine Frau aus Dünkirchen versucht ihr Glück in Paris, wo sie eine Anstellung als Putzfrau bei jenem Finanzjongleur findet, der für den Verlust ihres früheren Arbeitsplatzes mitverantwortlich ist. Sie hält seine luxuriöse Wohnung in Schuss und kümmert sich um den vierjährigen Sohn des Bankers, mit dem er so wenig anzufangen weiß wie mit sich selbst außerhalb der Finanzwelt. Die Arbeiterin und der Manager kommen sich näher, sie lernt, sich in seiner mondänen Welt zu bewegen, letztlich aber sind die Klassenschranken unüberwindbar. Komödie, die das Funktionieren des modernen Kapitalismus aus beiden Perspektiven zu erklären versucht, sich mitunter aber in Klischees verliert und den Kapitalisten am Rande der Karikatur zeichnet. Eine moderne Variante des Aschenputtel-Märchens ohne versöhnliches Ende.
- Ab 14.
Mein Stück vom Kuchen
Komödie | Frankreich 2011 | 109 Minuten
Regie: Cédric Klapisch
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Filmdaten
- Originaltitel
- MA PART DU GÂTEAU
- Produktionsland
- Frankreich
- Produktionsjahr
- 2011
- Produktionsfirma
- Ce Qui Me Meut/Studio Canal/France 2 Cinéma/C.R.R.A.V. Nord Pas de Calais
- Regie
- Cédric Klapisch
- Buch
- Cédric Klapisch
- Kamera
- Christophe Beaucarne
- Musik
- Loïk Dury · Christophe "Disco" Minck
- Schnitt
- Francine Sandberg
- Darsteller
- Karin Viard (France) · Gilles Lellouche (Steve) · Audrey Lamy (Josy) · Jean-Pierre Martins (JP) · Zinedine Soualem (Ahmed)
- Länge
- 109 Minuten
- Kinostart
- 15.09.2011
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
An resoluten Putzfrauen herrscht im französischen Kino kein Mangel. Coline Serreau ließ bereits 1989 in ihrer Sozialkomödie „Milch und Schokolade“ (fd 27 585) zwei Welten aufeinander treffen und verhandelte gleich mehrere gesellschaftliche Schieflagen: Rassismus, die Not allein erziehender Mütter, Perspektivlosigkeit und zwischenmenschliche Ignoranz, die sich hinter wohlhabenden Erfolgsfassaden verbergen kann. Cédric Klapisch variiert mit „Mein Stück vom Kuchen“ die kontrastreiche Konstellation aufs Neue und lässt eine benachteiligte Arbeiterin und einen gewissenlosen Finanzhai aufeinander los. Die großartige Karin Viard spielt eine 42-jährige Mutter von drei Kindern, allein erziehend und nach 20 Jahren Fabrikarbeit in Dünkirchen von einem Tag auf den anderen gekündigt. Ihr verzweifelter Selbstmordversuch scheitert, und France (ein Name, der wohl nicht zufällig gewählt ist) nimmt die Herausforderung an, mit Billigjobs ihre Familie über Wasser zu halten. Sie zieht nach Paris und lässt sich von einem arabischen Putzdienst engagieren. Dass sie bald an einen zynischen, aber millionenschweren Börsenmakler gerät, verbucht sie als Glückssträhne. Zu ihren Aufgaben gehört es, seinen Haushalt zu führen und auch seinen kleinen Sohn zu versorgen, den die Mutter für einen Monat wie ein Paket beim Erzeuger abgeladen hat. Mit der bodenständigen Bediensteten hält die Realität der Straße Einzug ins abgehobene Dasein des Bankers, und fast hat es den Anschein, als könnte es ihr mit ihrer direkten Art gelingen, sein versteinertes Herz – nicht nur für den ungeliebten Nachwuchs – zu erweichen. Auf einer Reise nach London, die France wegen eines Geschäftsessens in der Rolle einer überdrehten Russin absolviert, kommen sich die mitunter an der Grenze zur Karikatur gezeichneten ungleichen Milieus näher, und eine Liebesgeschichte à la „Pretty Woman“ (fd 28 342) kündigt sich an.
Klapisch ist trotz der ordentlich geölten Situationskomik und der mit vielen Volten gewürzten Romanze klug genug, um die Blase rechtzeitig vor dem Absturz ins rosa Happy End platzen zu lassen. Frances neuer Boss und Liebhaber, der über keinerlei soziale Kompetenz verfügt und zum Selbstmitleid neigt, verplappert sich im Bett. Völlig unbekümmert teilt er ihr mit, dass er persönlich mit Wetten auf eine Unternehmenspleite die Abwicklung ihrer Fabrik zu verantworten hat. Ein Geständnis, das sein Gegenüber in revolutionäre Stimmung versetzt. Klapisch mischt die Sozialkritik von Ken Loach mit dem leichtfüßigen Charme einer Molière-Burleske, die treffsicheren Dialoge sind nah am neuen Zeitgeist der französischen Empörten, und die Sympathie des Drehbuchs gilt ausnahmslos dem sich einfallsreich rächenden Aschenputtel. Eine vereinfachende Reflexion und doch eine in ihrer Wirkung gelungene Gratwanderung, erzählt entlang von Parallelmontagen, die den Befindlichkeitskuchen sauber in Weiß und Schwarz aufteilen. Und weil er aus dem Land der Streik-Folklore stammt, gibt es eine klassenkämpferische Gegenüberstellung des neoliberalen Finanzkapitalismus und der auf Solidarität setzenden Arbeiterschaft gleich als Sahnehäubchen dazu. Wohl bekomm’s!
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