So schlimm, wie es der Kinotrailer erwarten ließ, wird es dann doch nicht: Eine pathetische Lobhudelei auf den amtierenden Papst versprach der Zusammenschnitt, der jeden jenseits von Benedikt-Fanclubs in die Flucht zu treiben vermochte. Glücklicherweise verfügt der Film aber über einige Facetten mehr als die unkritische Beweihräucherung des aktuellen Pontifex allein. Er präsentiert sich zwar als Dokumentarfilm, folgt aber in weiten Teilen einer klassischen Spielfilm-Dramaturgie und greift dabei großzügig auf inszenierte Passagen und Dialoge zurück. Dabei erzählt er vom zwölfjährigen Francesco, Mitglied des Knabenchors der Sixtinischen Kapelle, der bei den Papstgottesdiensten in Rom auftritt. Der Chor und die angeschlossene Musikschule rotieren um ein klar definiertes Zentrum: den Papst. Auch Francesco bewundert Benedikt XVI. und verfolgt seine Reisen und Auftritte genau. Zuhause bei seinen Geschwistern muss er dafür einigen Spott einstecken, erst recht, seitdem er auserkoren wurde, in einer Privataudienz als Solist für den Papst zu singen.
Dieses Ereignis und die Vorbereitungen darauf bilden die Spannungskurve des Films. Gegen die Bilder vom Alltag des Jungen werden Bilder des Papsts in Afrika und im Heiligen Land geschnitten: Der Film konstruiert eine Parallelität zwischen dem Leben des römischen Jungen und des katholischen Oberhaupts, allerdings ohne den „ungewöhnlichen Einblick in den Alltag von Benedikt XVI“ zu erhaschen oder gar den Papst „von einer bislang unbekannten Seite“ zu zeigen, wie es das Marketing großspurig verspricht. Freilich führen Hartnäckigkeit, gute Kontakte und Diplomatie von Seiten der Filmemacher dazu, dass man Benedikt XVI. kurz vor dem Essen oder im Fernsehsessel sitzend zu sehen bekommt. Nur bietet all dies keinen Erkenntnisgewinn oder gar eine Annäherung an den Menschen Joseph Ratzinger. Die Versuche, mit den naiven Augen des Jungen ins Innere des päpstlichen Lebens vorzudringen, schlagen fehl – dafür sind Benedikt XVI. und sein engster Mitarbeiterstab allzu selbstbestimmte und auch misstrauische Kenner des Medienbetriebs. Francescos Gedanken darüber, ob der Papst Freunde hat oder nach der Messe ebenso wie er selbst so schnell wie möglich nach Hause möchte, sollen eine Privatheit herstellen, die der handwerklich gut gemachte Film lediglich suggeriert. Als freundlicher Super-Star wird Benedikt XVI. inszeniert, eher pflichtschuldig wirkt es da, wenn auch die Kritik an seiner Haltung in Sachen Afrika und AIDS thematisiert wird. Tatsächlich erzählt der Dokumentarfilm einfach vom Alltag eines sympathischen, aufgeweckten Zwölfjährigen, der sich durch besondere Musikalität und Religiosität von den Gleichaltrigen unterscheidet. Auch bietet er einen intimen, durchaus interessanten Einblick in die Strukturen des päpstlichen Knabenchors – und wird damit ungewollt zu einer Art Zeitdokument, haben sich doch nach Angaben des Pressehefts seit den Dreharbeiten Personal und Zustände bei den Pueri Cantores deutlich (und wohl nicht zum Besseren) geändert. Was aber den zweiten Teil seines Titels betrifft, so bleibt „Francesco und der Papst“ weitgehend außen vor – nämlich außerhalb der dicken Mauern des Apostolischen Palastes.