Unkraut im Paradies

Drama | Deutschland 2009 | 88 Minuten

Regie: Bartosz Werner

Ein charmanter 20-Jähriger mogelt sich unbeschwert durchs Leben, bis ihm seine Freundin bedeutet, dass sie etwas Abstand brauche. Beleidigt zieht er bei seinem Bruder ein, beißt sich aber an dessen Partnerin die Zähne aus und stolpert darüber von einem Problem ins nächste. Das Coming-of-Age-Drama eines Anti-Helden in der Endlosschleife, das dank der Besetzung nicht zur Charakterstudie eines Widerlings ausartet. Vielmehr porträtiert der Film eine Generation, die taten-, motivations- und verantwortungslos in der Postpubertät hängen bleibt, auch weil sie nach wie vor von den Eltern aufopfernd umsorgt wird. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Distant Dreams/NDR
Regie
Bartosz Werner
Buch
Bartosz Werner
Kamera
Andreas Bergmann
Schnitt
Marc Hofmeister
Darsteller
Remo Schulze (Lukas) · Klara Manzel (Meike) · Charly Hübner (Vater) · Charlotte Crome (Mutter) · Bo Hansen (Marius)
Länge
88 Minuten
Kinostart
22.07.2010
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Diskussion
Lukas ist jung, gut aussehend und paarungswillig. An der Geschlechtskrankheit seiner Freundin Meike ärgert ihn vor allem, dass er seinem Sexbedürfnis nun nicht mehr ungehindert nachkommen kann. Geschlechtskrankheiten sind allerdings nicht gerade ein gängiges Thema im Film, insbesondere im Jugendfilm. Autor/Regisseur Bartosz Werner geht dennoch ganz ernsthaft und ausführlich auf Meikes Infektion ein. Sie ist eine starke Metapher. Mit der Erkrankung seiner Freundin tritt auch Lukas’ zwischenmenschliches Unvermögen offen zu Tage. Während Meike im Krankenhaus liegt, sondiert er neue weibliche Bekanntschaften. Konflikte lächelt Lukas in der Regel entweder charmant weg – das gilt für diejenigen mit Frauen –, oder löst sie handgreiflich. Er hat keinen Führerschein und keinen Job, seine Praktika nehmen meist ein vorzeitiges Ende. Lukas’ Mutter ist jederzeit bereit, seine Wäsche zu waschen – wofür er sich selbstverständlich nicht bedankt. Als Meike ihn schließlich um eine „Pause“ bittet, zieht er beleidigt aus ihrer Wohnung aus, ohne zu bedenken, dass sie ihn praktisch ausgehalten hat. Nun drohen Berufsschulabschluss, Jobsuche, eine eigene Wohnung. Dass „Unkraut im Paradies“ nicht ausschließlich zur Charakterstudie eines Widerlings gerät, ist im Wesentlichen der Besetzung zu verdanken. Remo Schulze stattet Lukas mit jungenhaften Lausbubencharme aus. Einer der wenigen sympathischen Züge, die der Autor seiner Figur zugesteht, ist gleichzeitig deren einzige konsequente Willensäußerung. Lukas hat seit dem Tod seines Großvaters mit dem Rauchen aufgehört. Bartosz erzählt fast ausschließlich aus der Perspektive seiner Hauptfigur. Es gibt nur wenige Szenen, in denen Lukas nicht auftritt, und die sind eine Art Zugeständnis: an die Sichtweise der Frauen, die darin kurz angerissen wird. Als Pole fungieren in diesem Zusammenhang Meike und Lukas’ Schwägerin Anna, die sich als einzige nicht von seinem Charme erweichen lässt und die er deshalb mit harten Bandagen bekämpft. Der in Polen geborene Regisseur ist in Kiel aufgewachsen, wo sein nach „Preußisch Gangstar“ (fd 38 347) zweiter Langfilm auch gedreht wurde. Den ungewöhnlichen Drehort zeigt Bartosz jenseits romantischer Klischees als kleine Stadt zwischen Provinz und Meer, mit Feiern in reetgedeckten Backsteinhäuschen. Deutlich wird die Vorliebe des Regisseurs für realistische Schauplätze: Vom Krankenhausgarten mit Spaziergängern im Bademantel bis zum elterlichen Vorgarten beziehungsweise Hobbykeller nebst Fitnessgerät; Dialekt wird jedoch nur verhalten gesprochen. Dieser Sinn für Realismus geht mit einem verhältnismäßig ruhigen Erzähltempo einher. Es ist ein kleines Wagnis, mit Längen allerdings, in einem Jugendfilm einen Anti-Helden zu zeigen, der keine Entwicklung durchmacht und in einer Wiederholungsschleife gefangen scheint. Die forciert lustige Filmmusik legt nahe, dass es sich um eine Komödie handelt; allerdings wirkt dies trotz witziger Momente eher wie die zielgruppenkonforme Verpackung. Denn der Film ist eher ein Coming-of-Age-Drama, auch wenn die Hauptfigur die Pubertät schon eine ganze Weile hinter sich hat und ihren Weg ins Erwachsenenleben etwas verspätet antritt. Insofern porträtiert „Unkraut im Paradies“ die Generation der um die 20-Jährigen, die taten-, motivations- und verantwortungslos im Ungefähren der Postpubertät hängen bleibt, nach wie vor aufopfernd umsorgt von den eigenen Eltern.
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